EU verschärft Finanzmarktaufsicht Ein starkes Trio gegen künftige Krisen

Stand: 22.09.2010 14:28 Uhr

Die Finanzaufsicht in Europa soll mit drei neuen EU-Behörden schlagkräftiger bei der Abwehr künftiger Finanzkrisen werden. Das Europäische Parlament stimmte in Straßburg der Reform der Aufsicht zu, mit der erstmals bisher ausschließlich nationale Befugnisse auf die europäische Ebene verlagert werden.

Zwei Jahre nach Ausbruch der Weltfinanzkrise verschärft die Europäische Union die Kontrolle über die Finanzmärkte. Das Europaparlament gab grünes Licht für die Einrichtung von drei neuen EU-Behörden, die Banken, Wertpapierhandel sowie Versicherungen und betriebliche Rentensysteme überwachen sollen. Oberste Kontrollbehörde wird die neue Börsenaufsicht ESMA mit Sitz in Paris. Die Behörde für die Aufsicht der Banken (EBA) soll ihren Sitz in London haben, die für Versicherungen und Rentensysteme (EIOPA) in Frankfurt am Main.

Weitgehende Rechte für die Neuen

Die neuen Einrichtungen sollen ihre Arbeit am 1. Januar 2011 aufnehmen. Für nationale Finanzfragen bleiben zwar Behörden wie die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zuständig; in Krisenfällen oder bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten ist der Spruch der EU-Aufseher aber bindend. So können sie in bestimmten Ausnahmefällen den beaufsichtigten Unternehmen direkt Anweisungen erteilen, um Krisen zu bekämpfen. Auch wenn eine nationale Behörde gegen europäische Aufsichtsstandards verstößt oder die Vertreter der Mitgliedstaaten in den speziellen Aufsichtskollegien für grenzüberschreitend tätige Banken und Versicherungen sich nicht einigen können, hat die EU-Aufsicht das letzte Wort. Kein Sagen haben die EU-Behörden, wenn die "Haushaltspflichten" eines Mitgliedstaates betroffen sind. Das heißt: Die EU-Aufseher können nicht anordnen, dass ein Land eine Bank mit Steuermitteln rettet.

Beratendes Gremium bei der EZB

Zusätzlich soll bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt ein Frühwarnsystem zur Vermeidung neuer Finanzkrisen eingerichtet werden. Das "Komitee für Systemrisiken" (ESRB) bekommt keine Exekutivrechte, sondern soll Alarm schlagen, wenn es die Stabilität des Finanzmarktes bedroht sieht, etwa durch eine Immobilienblase. Das Gremium besteht aus Notenbankchefs und Experten. ESRB-Chef ist bis Ende 2015 der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) vor. Derzeit ist dies der Franzose Jean-Claude Trichet.

Lehren aus der Finanzkrise

Die EU will mit diesem Schritt eine Schwäche beheben, die mit der Finanzkrise zu Tage getreten war. Denn die nationalen Finanzkontrolleure der 27 Mitgliedstaaten hatten trotz schon bestehender Koordinationsgremien keinen Überblick über die Risiken bei europaweit tätigen Banken und arbeiteten manchmal sogar gegeneinander. "Wir haben aus der Krise gelernt", sagte der für den Finanzmarkt zuständige EU-Kommissar Michel Barnier in Straßburg. Ab dem kommenden Jahr werde die EU ein Finanzaufsichtssystem haben, das die Vorbeugung von Systemrisiken grenzüberschreitend verbessern werde.

Das Parlament und die Mitgliedstaaten hatten monatelang hart um die Reform gerungen. Die EU-Länder - vor allem Großbritannien und Deutschland - wehrten sich zunächst gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Rechte der europäischen Behörden. Die Verhandlungsführer des Parlaments, unter ihnen der deutsche Grünen-Abgeordnete Sven Giegold, verhinderten jedoch, dass die neuen Gremien zahnlose Tiger werden.