Einigung in Brüssel Die EU-Bankenaufsicht kommt 2013

Stand: 19.10.2012 04:46 Uhr

Der Streit zwischen Deutschland und Frankreich beim EU-Gipfel in Brüssel ist in der Nacht mit einem Kompromiss vorerst beigelegt worden: Die Eurozone bekommt eine Bankenaufsicht - aber nicht sofort. Über den Zeitpunkt gab es bis zuletzt Ärger zwischen Kanzlerin Merkel und Frankreichs Staatschef Hollande.

Nicht zum 1. Januar, aber im Laufe des nächsten Jahres soll die europäische Bankenaufsicht an den Start gehen. Allerdings soll der Rechtsrahmen dafür schon zum Jahresende stehen: So lautet der grobe Zeitplan, auf den sich die EU-Staats- und Regierungschefs in der Nacht zu Freitag in Brüssel geeinigt haben.

Die Regelung soll die Konfrontation beenden, in die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande gesteuert waren. Hollande hatte die "Einrichtung" der Aufsicht "bis Jahresende" verlangt, Merkel wollte sich auf keinen Zeitplan festlegen, weil Kernfragen noch ungeklärt seien.

"Keine Sache von ein oder zwei Monaten"

Nach dem Verhandlungsmarathon stellte die Kanzlerin noch einmal heraus, dass im nächsten Jahr einige Zeit vergehen dürfte, ehe die Aufsicht ihre Arbeit aufnehmen kann. "Unser Ziel ist eine Bankenaufsicht, die ihren Namen auch verdient, denn wir wollen ja etwas besser machen als das was wir heute schon haben", sagte sie am frühen Morgen. "Das ist keine Sache von ein oder zwei Monaten, das dauert länger."

Hollande sprach erneut von einem Start ab 1. Januar 2013. Ab dann werde die federführende Europäische Zentralbank (EZB) mit dem Aufbau der Aufsicht beginnen - allerdings werde sie von da an noch einige Wochen oder Monate brauchen, bis die effektive Arbeit beginne, stellte er klar.

Voraussetzung für die direkte Bankenhilfe

Die "Südländer" wie Italien und Spanien hatten als Starttermin der neuen Aufsicht Anfang 2013 verlangt. Die Bankenaufsicht ist Voraussetzung dafür, dass marode Banken in Krisenstaaten direkte Hilfe aus dem Euro-Rettungsschirm ESM bekommen können - ein Reizthema für Merkel, schließlich wären Hilfsanträge beim ESM zur Bankenrettung vor der Bundestagswahl im Herbst 2013 höchst unpopulär. Hollandes angedeuteten Vorwurf, dass sie aus innenpolitischem Kalkül auf Zeit spiele, wies die Kanzlerin entschieden zurück. Auch sie wolle "sehr schnell und gründlich arbeiten".

Harte Verhandlungen zwischen Merkel und Hollande

Deutschland und Frankreich hatten sich in Brüssel ein Duell von ungewöhnlicher Härte geliefert - nicht nur um den Zeitplan für die Bankenaufsicht. Auch den deutschen Vorstoß nach raschen Änderungen des EU-Vertrags zur Stärkung der Eurozone hatte Frankreichs Staatspräsident abgelehnt. Hollande hatte bereits zuvor seine alte Forderung nach einer gemeinsamen Schuldenpolitik bekräftigt. Dies lehnt Deutschland kategorisch ab, weil es die Schuldenaufnahme verteuern würde.

Den deutschen Ruf nach einer schärferen Kontrolle nationaler Haushalte durch einen mächtigen EU-Oberaufseher schmetterte wiederum Hollande ab. Die Eurozone habe bereits genügend Prozeduren, "ein ganzes Arsenal", sagte Hollande am Freitagmorgen. Es sei nicht notwendig, dieses Instrumentarium zu erweitern - Vertragsänderungen stünden deshalb vorerst nicht an.

Damit begegnete Hollande Vorstößen vonseiten der Bundesregierung, die sich für einen aufgewerteten EU-Währungskommissar stark gemacht hatte, der den nationalen Regierungen bei ihrer Haushaltsplanung auf die Finger schauen und unsolide Budgetentwürfe zurückweisen kann - ohne Einspruchsrecht von dritter Seite. Dafür wollte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine Änderung der europäischen Verträge initiieren.

Lob für Griechenland

Die Staats- und Regierungschefs der Eurozone lobten in Brüssel die griechische Regierung für "gute Fortschritte" bei den Reformen im Kampf gegen die Schuldenkrise. Athen sei damit vorangekommen, "das Anpassungsprogramm zurück auf die Spur zu setzen", erklärten die 17 Länder der Währungsunion in der Nacht zum Freitag. Das hoch verschuldete Griechenland will von den internationalen Geldgebern die Auszahlung einer weiteren Hilfstranche von 31,5 Milliarden Euro erreichen. Bisher hatte Athen aber die Bedingungen für die Hilfe nicht erfüllt.

Die Bundeskanzlerin wird sich heute zu einem kurzen Vier-Augen-Gespräch mit dem griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras treffen. Das Treffen werde Freitagmorgen kurz vor Beginn der Beratungen stattfinden, hieß es aus diplomatischen Kreisen. Merkel war Anfang Oktober in die griechische Hauptstadt Athen gereist.