Bundesregierung gibt nicht nach Banklizenz für Rettungsschirm bleibt Tabu

Stand: 21.10.2011 12:23 Uhr

Der ungelöste Streit über einen Kredithebel für den Euro-Rettungsschirm EFSF hat den EU-Gipfel am Sonntag zum Vorbereitungstreffen degradiert. Erst ein zweiter Gipfel am Mittwoch kann endgültig entscheiden. Deutschland will dabei der französischen Forderung nach einer Banklizenz für den EFSF nicht nachgeben.

Die Bundesregierung will im Streit um einen Kredithebel für den Euro-Rettungsschirm EFSF den französischen Forderungen auf keinen Fall nachgeben. Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler lehnen den Wunsch Frankreichs strikt ab, den EFSF mit einer Banklizenz auszustatten. Dadurch könnte der Rettungsschirm Staatsanleihen hoch verschuldeter Euro-Staaten aufkaufen und diese dann als Sicherheit bei der Europäischen Zentralbank (EZB) hinterlegen, um von dort im Gegenzug frisches Geld zu leihen. Mit diesen Krediten könnte der EFSF dann weitere Staatsanleihen aufkaufen.

"Wir wollen auf gar keinen Fall, dass es eine Banklizenz für die EFSF selber geben soll", sagte Rösler im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Ähnlich äußerten sich Schäuble und Merkel am Morgen bei Sitzungen der Koalitionsfraktionen. "Eine Banklizenz für den EFSF wird es nicht geben", sagte der Finanzminister laut Angaben von Teilnehmern. Auch die Kanzlerin habe deutlich gemacht, "dass sie davon nichts hält", sagte FDP-Fraktionsgeschäftsführer Jörg van Essen. Die Kanzlerin wurde mit den Worten zitiert: "Uns ist der Weg nun einmal verschlossen, dass die EZB die Liquiditätsprobleme löst."

Streit über Variante der Hebelwirkung

Deutschland präferiert eine Hebelwirkung des EFSF, bei der private Käufer von Staatsanleihen dadurch angelockt werden sollen, dass der Rettungsschirm die Ausfallrisiken teilweise absichert. In jedem Fall soll die Obergrenze der deutschen Haftung für den Euro-Rettungsschirm bei 211 Milliarden Euro festgeschrieben bleiben - das betonte die Bundesregierung in den vergangenen Tagen immer wieder.

Merkel wies vor den Fraktionen die Darstellung zurück, dass endgültige Entscheidungen zum Rettungsschirm auf dem für Sonntag geplanten EU-Gipfel durch den Streit zwischen Deutschland und Frankreich verhindert worden seien. Dass fertige Entwürfe der Leitlinien für die EFSF-Neugestaltung nicht rechtzeitig vorlägen, begründete sie Teilnehmern zufolge damit, dass die Dinge "technisch schwer auszugestalten" seien. In der Bekämpfung der Euro-Krise gehe Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Daher müsse an den Richtlinien zum EFSF noch gearbeitet werden.

Merkel benötigt parlamentarische Zustimmung

Bevor Merkel der Einführung eines Kredithebels für den Rettungsschirm auf EU-Ebene zustimmen kann, benötigt sie zuvor die parlamentarische Rückendeckung. Weil der Entwurf der EFSF-Leitlinien noch nicht fertig ist, kann das notwendige Votum der Bundestagsabgeordneten nicht mehr vor dem Gipfel am Sonntag eingeholt werden. Deshalb ist für kommende Woche ein weiterer Gipfel geplant. Dieser soll am Mittwoch stattfinden. Am Mittwochvormittag will Merkel ihre Regierungserklärung im Bundestag nachholen, die ursprünglich für heute vorgesehen war und die sie kurzfristig abgesagt hatte.

Keine Abstimmung im Bundestag

Im Streit über die Frage, ob der Bundestag als Ganzes oder lediglich der Haushaltsausschuss des Parlaments der Einführung eines Kredithebels beim EFSF zustimmen müsste, setzte sich die Koalition gegen den Widerstand der Opposition durch. Mit ihrer Mehrheit lehnten Union und FDP einen von SPD, Grünen und Linkspartei unterstützten Antrag ab, wonach das Plenum des Bundestags über die Neuregelung des EFSF entscheiden sollte.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sprach anschließend von einem "Tiefpunkt der politischen Kultur". Er hatte argumentiert, über ein solch wichtiges Instrument für den EFSF dürfe "nicht hinter den verschlossenen Türen" des Haushaltsausschusses entschieden werden. Er betonte zugleich, dass er einen solchen Hebel für nötig halte. Es müsse aber öffentlich darüber diskutiert werden, wie dieser ausgestaltet werde. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann kritisierte, es solle ein Verlustrisiko beschlossen werden, ohne die Öffentlichkeit ausreichend einzubinden. Der vorläufigen Fassung der EFSF-Leitlinien - ohne eine Festlegung auf einen möglichen Kredithebel - stimmte der Haushaltsausschuss des Bundestags am Nachmittag zu.