
Zukunftssfähigkeit Deutschlands 19 Regionen droht die Abwärtsspirale
Stand: 08.08.2019 12:38 Uhr
Jede fünfte deutsche Region ist laut einer Studie schlecht für die Zukunft aufgestellt. Forscher sehen "akuten Handlungsbedarf". Die wirtschaftlichen Schlusslichter liegen in Westdeutschland, das Hauptproblem der Ostländer liegt woanders.
Deutsche Metropolregionen wie München oder Hamburg boomen. Doch zahlreiche Regionen der Bundesrepublik drohen abgehängt zu werden. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Deutschlands Regionen im Vergleich" (PDF) des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Die Wissenschaftler sehen in 19 von insgesamt 96 Gebieten einen "akuten Handlungsbedarf". "Die betroffenen Länder sollten Schuldenerlasse für die Kommunen in Betracht ziehen, damit diese wieder handlungsfähig werden", sagte IW-Direktor Michael Hüther.
Zu den insgesamt 19 Gebieten gehören sowohl ländlich geprägte und dünn besiedelte Regionen als auch dicht besiedelte, urbane Industriereviere. Darunter sind elf in den ostdeutschen Bundesländern, vier Regionen in Nordrhein-Westfalen entlang der Ruhr sowie Bremerhaven, das Saarland, Schleswig-Holstein Ost und die Westpfalz.
Wirtschaftliche Schlusslichter im Westen
Mit Blick auf die Wirtschaft liegen die Schlusslichter demnach in Westdeutschland: Besonders düster sieht es in Duisburg-Essen, Emscher-Lippe und Bremerhaven aus.
In Ostdeutschland sehen die Studienautoren vor allem bei der Demografie "eindeutigen Handlungsbedarf". Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg, Lausitz-Spreewald, Oberlausitz-Niederschlesien sowie Ost- und Südthüringen weisen ein hohes Durchschnittsalter der Bevölkerung auf, das in den vergangenen Jahren auch noch überproportional gestiegen sei, schreiben die Autoren.
Infrastruktur-Probleme gibt es der Studie zufolge hingegen deutschlandweit: Die drei westdeutschen Regionen Emscher-Lippe, Trier und Westpfalz plagen demnach besonders hohe Verschuldungsquoten und haben dementsprechend nur eingeschränkten Gestaltungsspielraum. In den ostdeutschen Regionen Altmark, Magdeburg und Halle/Saale ist die digitale Infrastruktur noch wenig entwickelt. Eine bei allen untersuchten Indikatoren gefährdete Region gibt es in Deutschland aber der Studie zufolge nicht.
Institut der deutschen Wirtschaft stellt Studie zur Zukunft der Regionen vor
tagesschau 14:00 Uhr, 08.08.2019, Ole Hilgert, RBB
Forderung nach besseren Bildungsangeboten
"Eine kluge Regionalpolitik sollte den Kommunen die Möglichkeit geben, sich selbst zu helfen", erklärte Studienmitautor Jens Südekum von der Universität Düsseldorf. "Aber auch der Bund und die Länder sind in der Verantwortung." Er warnte vor gesellschaftlichen Spannungen. Marode Schulen und Straßen erzeugten bei der Bevölkerung das "Gefühl einer Geringschätzung". Da in Deutschland die Umzugsbereitschaft gering sei, wirke sich dies auf die Lebenszufriedenheit aus.
Weitere Stellschrauben sehen die Wissenschaftler darin, bürgerschaftliches Engagement besser zu fördern und Bildungsangebote zu verbessern. Zudem müssten Schiene und auch das Breitbandinternet ausgebaut werden. Die Regionalpolitik müsse jetzt dringend gegensteuern, sonst würden die gesellschaftlichen Spannungen zunehmen und es könne zu "gefährlichen Abwärtsspiralen" kommen, warnten die Forscher.
Michael Voigtländer, Institut der deutschen Wirtschaft, zu den regionalen Unterschieden
tagesschau24 16:00 Uhr, 08.08.2019
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