China-Reise der Kanzlerin Wen drängt Europäer zu Bekämpfung der Schuldenkrise

Stand: 02.02.2012 12:58 Uhr

Chinas Regierungschef Wen hat die Europäer zu einer schnellen Bekämpfung der Schuldenkrise aufgerufen. Nach einem Treffen mit Kanzlerin Merkel in Peking sagte Wen, China erwäge zwar, sich an den europäischen Rettungsschirmen zu beteiligen. Die Hauptaufgabe liege aber bei den Europäern.

China will nach Worten von Regierungschef Wen Jiabao ein stärkeres Engagement zur Stabilisierung der Euro-Schuldenkrise prüfen. Sein Land erwäge eine Beteiligung an den Rettungsschirmen EFSF und ESM, sagte Wen nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Peking. Wie das konkret aussehen könne, werde noch untersucht.

Es sei sehr wichtig, die Schuldenkrise zu lösen, sagte Wen. China unterstütze die Bemühungen Europas, um den Euro zu stabilisieren. Dabei müsse Europa die Schulden zurückfahren und Strukturreformen umsetzen. Die Hauptaufgabe liege bei den europäischen Ländern, betonte Wen. Dazu müsse die Europäische Union zunächst ein geschlossenes Bild abgeben.

Auch Merkel sagte, China sehe zunächst Europa selbst in der Pflicht. Die Kanzlerin war zuvor von Wen mit militärischen Ehren empfangen worden.

Zum Auftakt ihrer China-Reise hatte Merkel um Vertrauen in die Europäische Union geworben. Der Euro habe Europa stärker gemacht, sagte Merkel in einer Rede zur Finanz- und Währungspolitik vor der Akademie für Sozialwissenschaften in Peking. Zudem hob die Kanzlerin hervor, dass die Europäische Union in den vergangenen zwei Jahren große Fortschritte gemacht habe.

Deutsch-chinesische Wirtschaft

Am Freitag reist die deutsche Regierungschefin in den Süden Chinas nach Kanton weiter, das eines der wichtigsten Wirtschaftszentren des Landes ist. Fast 500 deutsche Unternehmen sind dort ansässig. Merkel will eines davon besichtigen, mit deutschen und chinesischen Wirtschaftsvertretern sprechen und am deutsch-chinesischen Wirtschaftsforum teilnehmen. Die Kanzlerin wird auf ihrer Reise von einer hochrangigen deutschen Wirtschaftsdelegation begleitet.

Gedämpfte Erwartungen

Chinesische Experten dämpften Erwartungen, dass China in großem Stil europäische Staatsanleihen kaufen könnte. Der Rest der Euro-Zone müsse erst zu Reformen des gegenwärtigen Finanzsystems bereit sein, zitierte die Zeitung "Global Times" den Forscher Shen Jiru vom Institut für Weltwirtschaft und Politik in der Akademie der Sozialwissenschaften.

Aus seinen Außenhandelsüberschüssen hat China mit insgesamt 3,18 Billionen US-Dollar (umgerechnet 2,4 Billionen Euro) die größten Devisenreserven der Welt angesammelt. Die genaue Zusammensetzung ist unklar, doch schätzen Experten, dass etwa ein Viertel davon in Euro gehalten werden.

Investitionen auf der Agenda

Die Kanzlerin will in China auch um mehr Investitionen in Deutschland werben. Chinesische Experten äußerten ihre Hoffnung, dass Deutschland im Gegenzug auch seine Beschränkungen für hochtechnologische Exporte nach China aufhebt.

Es wird erwartet, dass sich die Bundeskanzlerin auch zu Menschenrechtsthemen äußern wird. "In meinen Gesprächen spielen Menschenrechte stets eine Rolle", sagte Merkel der Zeitung "Die Welt" vor ihrer Abreise. "Ich werde in China über meine Überzeugungen und Werte so sprechen wie in Deutschland", sagte Merkel, die in Peking "in der gebotenen Höflichkeit und Klarheit" für die Achtung der unveräußerlichen Menschenrechte und für Rechtsstaatlichkeit eintreten will.