Vize-Premier Li in Spanien und Deutschland Chinas neue Rolle als Krisenhelfer Europas

Stand: 05.01.2011 05:49 Uhr

Seit Monaten stützt China schwächelnde Euro-Länder - im eigenen Interesse. Für diese Strategie steht auch der wahrscheinliche künftige Premier Li, der diese Woche in Europa zu Gast ist. Er will um Vertrauen werben und die Europäer zu Zugeständnissen bewegen.

Von Astrid Freyeisen, ARD-Hörfunkstudio Schanghai

Seinen ersten großen Auftritt als wahrscheinlicher neuer Regierungschef hatte der chinesische Vizepremier Li Keqiang vor einem Jahr beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Was er damals sagte, ist auch in dieser Woche die Botschaft seiner Reise nach Spanien, Deutschland und Großbritannien. "Der Binnenmarkt spielt eine große Rolle für die Entwicklung in China. Er hat uns gestützt, als in der Finanzkrise der Welthandel schrumpfte", sagte er. "Gleichzeitig ist die Basis der wirtschaftlichen Entwicklung in China, dass wir offen sind." China habe bereits Waren im Wert von einer Billion US-Dollar gekauft und sei zum zweitgrößten Importeur und zur größten neuen Marktwirtschaft der Welt geworden.

China hilft angeschlagenen Euro-Staaten

Die Volksrepublik als Retter finanzschwacher Euro-Länder - seit Sommer 2010 wird diese Schlagzeile immer normaler. Zuerst versprachen die Chinesen Hilfe für die Griechen, dann für die Portugiesen und nun offenbar für die Spanier.

In einem Gastbeitrag für die Zeitung "El Pais" schrieb Li: "China ist langfristig ein verantwortungsbewusster Investor, sowohl auf dem europäischen als auch dem spanischen Finanzmarkt. China hat Vertrauen. Es hat spanische Staatsanleihen erworben und wird noch mehr davon kaufen. China bietet Spanien enorme Möglichkeiten: Wenn von hundert Chinesen nur wenige nach Spanien reisen, bleibt dort kein Hotelzimmer leer. Der größte Kunde für dortige Versicherungen, Banken, Transport- und Telekommunikationsfirmen wird künftig China sein."

Treffen mit Zapatero und Merkel geplant

Li wird 2012 wahrscheinlich neuer Ministerpräsident und damit verantwortlich für die Wirtschaftspolitik seines Landes. Er studierte Wirtschaft, machte seinen Doktor in Jura und gilt als Kandidat der kommunistischen Jugendliga, der Machtbasis von Staatspräsident Hu Jintao. Schon jetzt trifft der 55-jährige Li etliche hochrangige europäische Repräsentanten: in Spanien Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero und König Juan Carlos. In Deutschland kommt Li nach chinesischen Angaben mit Bundespräsident Christian Wulff, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Guido Westerwelle zusammen.

Werden sie Li als Vertreter einer neuen Politik kennenlernen? Der Hongkonger Politologe Joseph Cheng ist skeptisch. "Weil eben die Kommunistische Partei keine echten politischen Reformen, sondern ihr Machtmonopol erhalten will, ist wenig zu erwarten von der neuen Generation", sagt er. "Denn Reformen würden zu vielen Kontroversen innerhalb der Partei führen - das ist unerwünscht." Die Partei habe das Ziel, ein soziales Netz für die ganze Bevölkerung einzurichten, um die Unzufriedenheit einzudämmen, die die Kluft zwischen arm und reich hervorrufe. "Deshalb wird sie versuchen, gut zu verwalten - eben weil es keine Demokratie gibt", sagt Cheng.

Chinas Investitionen in Europa umstritten

Dass China immer mehr in Europa investiert, ist nicht unumstritten. "Kein Land hat es gern, wenn sein Schicksal an anderen hängt", sagt Zhang Haibing vom Schanghaier Institut für auswärtige Beziehungen. "Wenn also die chinesische Regierung Euro-Bonds kauft, fragt sich die chinesische Öffentlichkeit, warum sie das gut finden soll: Warum wird das Geld nicht in den unterentwickelten Regionen von China investiert?" 

Zur Europareise Lis hat Xu Xianping von der mächtigen Reform- und Planungskommission Erwartungen formuliert: Die EU solle Einschränkungen für High-Tech-Exporte nach China abbauen. Zudem sollten die Europäer China endlich den Status einer Marktwirtschaft zubilligen - was Anti-Dumping-Verfahren erschweren würde. Im Gegenzug werde die Volksrepublik ihr Klima für Investitionen verbessern und auch beim Dauer-Ärgernis Raubkopien besseren Schutz bieten.