
Anlagestrategie Funktioniert "Buy and Hold"?
Wissenschaftliche Studien untermauern es, viele Investoren-Legenden praktizieren es: Eine Aktie kaufen und sie dann jahre- oder jahrzehntelang behalten. Ganz so einfach ist die Sache mit der scheinbar "ewigen" Haltedauer aber doch nicht.
Der amerikanische Vermögensverwalter Robert Kirby kann als einer der "Entdecker" der "Buy- and-hold"-Strategie gelten. Einer seiner Kunden kaufte in den 50er Jahren solide US-Aktien im Wert von jeweils 5.000 Dollar und ließ sie anschließend mehrere Dekaden ruhen. Der Amerikaner verkaufte nie, bewahrte immer die Ruhe, auch wenn manche Titel abschmierten oder von anderen Firmen übernommen wurden und als Eigenmarke verschwanden.
Wie sehr sich diese Strategie auszahlen kann, hat die Gattin des Kunden später erfahren: Als sie nach seinem Tod Robert Kirby ihr Depot zeigte, konnten beide kaum glauben, wie steinreich sie plötzlich geworden war. Zwar hatten sich einzelne Aktien quasi in Luft aufgelöst. Andere Posten waren dafür auf 100.000 Dollar hochgeschnellt. Und eine Position war gar auf mehr als 800.000 Dollar explodiert. Der verstorbene Gatte hatte dabei stets die Kaufempfehlungen Kirbys befolgt, seine Hinweise zum Verkauf der Aktien aber einfach ignoriert.
Stur halten, fett kassieren
Auch Investoren-Legenden wie Warren Buffett scheinen die These vom Halten und nicht mehr verkaufen zu untermauern. Der Milliardär hält nicht umsonst seit vielen Jahrzehnten Papiere von Coca-Cola, Procter & Gamble oder der US-Bank Wells Fargo stur, kassiert hohe Dividenden und freut sich über Kurssteigerungen der Aktien und seiner Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway.
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Eine ganze Reihe von Studien belegen zudem, dass "Market Timing", also der Ein- und Ausstieg aus Aktien oder Indexfonds nach bestimmten Kriterien, die schlichte Strategie des Kaufens und Liegenlassens kaum schlagen kann. Das untermauerte jüngst etwa eine Studie der US-Fondsgesellschaft Fidelity, die sich den Buy-and-Hold-Ansatz im Bezug auf europäische Aktien in den vergangenen 20 Jahren angesehen hat. Wie die US-Fondsgröße Vanguard untersuchte, ist buy and hold wohl sogar bei der Auswahl von Fondsprodukten überlegen. So war es in den vergangenen 15 Jahren erfolgreicher, in "alle" verfügbaren Fonds zu investieren als in die jeweils Besten der verschiedenen Fondskategorien.
Geringere Kosten, bessere Nerven
Für Privatanleger hat die "passive" Strategie noch eine Reihe weiterer Vorteile: Häufiges Umschichten von Aktien- oder Fondsportfolios belastet durch Transaktionsgebühren für Käufe und Verkäufe. Die Kosten dafür schmälern die Rendite des Depots auf lange Sicht durchaus nennenswert.
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Um eine wie auch immer geartete "Timing-Strategie" als Privatanleger umzusetzen, muss man eine solche Strategie zunächst einmal formulieren oder übernehmen - mit dem entsprechenden Aufwand. Wer etwa auf fundamentale Kriterien wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis achtet, muss diese regelmäßig bei allen seinen Depotwerten überprüfen.
Neben den "Betreuungsaufwand" kommt beim Betreiben einer "aktiven" Handelsstrategie naturgemäß die zeitliche und nervliche Belastung. Nur wenige Privatanleger sind in der Praxis in der Lage, deren Vorgaben auch wirklich eins zu eins umzusetzen. Zeitliche Einschränkungen, vor allem aber Emotionen wie die Angst vor Verlusten hindern sie in vielen Fällen daran.
Auch "Hold" hat Grenzen!
So klar die Vorteile der Buy-and-Hold-Strategie damit auch sind: Ein paar "Spielregeln" sollte der private Anleger dennoch nicht außer Acht lassen: Auch Star-Investoren wie Warren Buffett trennen sich von Unternehmen, und zwar auch nach jahrzehntelangen Engagements. Nämlich dann, wenn eine Firma nicht mehr die Zukunftsperspektiven oder Gewinnerwartungen hat, das Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert, kurz kein Wachstum auf lange Sicht mehr verspricht. Der momentane Aktienkurs "seiner" Unternehmen spielt dabei für den "Value-Investor" Buffett eher eine untergeordnete Rolle. Eine solche Überprüfung sollte auch ein buy-and-hold-Anleger in regelmäßigen Abständen vornehmen.
Nicht zuletzt sollte beim langfristigen Halten insbesondere von Einzelwerten der eigene Anlagehorizont eine wichtige Rolle spielen. Wer in absehbarer Zeit den Ruhestand oder eine größere Anschaffung plant, der sollte gerade bei Einzelwerten auch vor dem "Kasse machen" nicht zurückschrecken. An der Börse gibt es auch immer zwischenzeitliche Verluste - selbst wenn der Trend langfristig aufwärts zeigt.
AB