
Autonomes Fahren Gemeinsam gegen Google
Stand: 28.02.2019 18:41 Uhr
Kooperationen wie die zwischen BMW und Daimler beim autonomen Fahren sind für die deutsche Automobilbranche eine Überlebensfrage, sagen Experten - auch weil Tech-Giganten wie Google weit voraus sind.
Von Caroline Wenzel, SWR
Eine Woche nach der Fusion ihrer Carsharing-Dienste haben BMW und Daimler einen gemeinsamen Schritt in die Zukunft angekündigt. Sie wollen ihre Kräfte auch beim automatisierten Fahren bündeln. Dazu unterzeichneten Unternehmensvertreter eine entsprechende Absichtserklärung. Fahrassistenzsysteme und die Technik für automatisiertes Fahren auf Autobahnen und automatisiertes Parken wollen die Konkurrenten in einem ersten Schritt zusammen entwickeln. Beide streben eine "langfristige und strategische Kooperation" an, teilten sie mit.
Aus Konkurrenten werden Partner
Durch die Zusammenführung der Kompetenzen "erhöhen wir die Innovationskraft und beschleunigen die Verbreitung dieser Technologie", sagte BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich. Daimler-Forschungschef Ola Källenius erklärte: "Statt individueller Insellösungen geht es uns um ein zuverlässiges Gesamtsystem, das unseren Kunden einen spürbaren Nutzen bringt."
BMW testet das automatisierte Fahren weltweit mit 70 Fahrzeugen, unter anderem in München, und arbeitet mit Intel, Mobileye, Fiat Chrysler, Continental und Magna zusammen. Daimler will dieses Jahr zusammen mit dem Zulieferer Bosch im Silicon Valley in den USA selbstfahrende Fahrzeuge ohne Lenkrad und Gaspedal in Städten auf die Straße bringen.
Die beiden Hersteller wollen zusammen zunächst die Technik für Autos entwickeln, die auf der Autobahn selbstständig fahren können, aber noch Gaspedal und Lenkrad haben und von einem Fahrer gesteuert werden können.
Kooperationen sind in der Automobilbranche längst Alltagsgeschäft. BMW arbeitet beispielsweise mit Toyota an der Entwicklung des Brennstoffzellen-Autos, Daimler liefert Motoren an Aston Martin und an Renault-Nissan. Auch Daimler und BMW arbeiten bereits zusammen - bei der Entwicklung von Ladestationen für Elektroautos.
Autonomes Fahren: Daimler und BMW kooperieren bei der Entwicklung
tagesthemen 22:15 Uhr, 28.02.2019, Cecilia Knodt, SWR
Ein umkämpfter Markt
Die Mobilitätsbranche ist ein heiß umkämpfter Markt. Führend ist momentan die Google-Tochter Waymo, die Ende des vergangenen Jahres in Arizona den ersten kommerziellen Robotertaxi-Dienst der Welt gestartet hat und der Konkurrenz damit einen großen Schritt voraus ist.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bezeichnete die angekündigte Zusammenarbeit von Daimler und BMW als eine außerordentlich wichtige Entscheidung:
"Wir müssen industriepolitisch unsere Kräfte bündeln. Wo immer das auf Initiative der betroffenen Unternehmen geschieht, ist das viel besser, als wenn der Staat darauf dringen und drängen muss, weil durch die Bündelung der Kräfte Deutschland die Chance hat, in dieser wichtigen Schlüsseltechnologie dauerhaft vorne mit dabei zu sein."
Kartellrechtliche Probleme sieht Altmaier bei der angekündigten Zusammenarbeit der beiden Autokonzerne nicht.
Auch der Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer meint, Kooperationen seien für die deutsche Autoindustrie eine Überlebensfrage. Die Zusammenarbeit von BMW und Daimler sei dabei nur ein erster Schritt. Denn der Softwarekonzern Google sei beim autonomen Fahren um Lichtjahre voraus. Google beherrsche schon das komplett computergesteuerte Fahren ohne Lenkrad, Pedale und menschliche Fahrer.
Weitere Schritte in die Zukunft geplant
Daimler und BMW kündigten an, "die nächste Technologiestufe bereits vor 2025 in der Breite verfügbar zu machen." Dann werde es zwar noch ein Lenkrad im Wagen geben, der Fahrer müsse allerdings nicht mehr so aufmerksam sein.
Bis die "Freude am Fahren" tatsächlich durch die "Freude am Mitfahren" abgelöst wird, bis Autos völlig autonom unterwegs sind, dürfte es aber noch ein langer Weg sein.
Laut einer Prognos-Studie aus dem Jahr 2018 im Auftrag des Automobilklubs ADAC könnten es ab 2030 auf den Straßen Pkw mit Citypilot geben, die sowohl auf der Autobahn als auch in der Stadt selbstständig fahren können. Erst nach 2040 würden voraussichtlich in größerer Zahl Autos angeboten, die völlig autonom fahren.
Wenn es eines Tages so weit ist, könnte sich Daimler-Chef Dieter Zetsche möglicherweise darüber ärgern, dass der frühere Mercedes-Slogan "Die Zukunft des Automobils" abgeschafft wurde.
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