Diskussion um neue Benzinsorte E10 offenbar ein Problem für alle Autos

Stand: 06.03.2011 16:52 Uhr

Schon jetzt ist klar, dass drei bis vier Millionen Autos in Deutschland den neuen Kraftstoff E10 nicht vertragen. Nun befürchten Experten, das neue Benzin könnte ein Problem für alle Automotoren sein. Wirtschaftsminister Brüderle forderte im Bericht aus Berlin die Industrie auf, ihrer Informationspflicht nachzukommen.

Der heftig umstrittene neue Kraftstoff E10 könnte ein Problem für alle Automotoren sein. Bislang stand nur fest, dass drei bis vier Millionen Autos in Deutschland den Sprit nicht vertragen.

Dass der Kraftstoff problematisch für viel mehr Automotoren sein könnte, befürchtet der Leiter der Mechanikentwicklung bei BMW, Thomas Brüner. Durch den hohen Ethanolanteil von zehn Prozent im Benzin nehme die Wassermenge im Motor zu, sagte Brüner der "Welt am Sonntag".

Mehrkosten durch häufigere Ölwechsel

Das Wasser kondensiere aus den Verbrennungsgasen und gelange ins Öl, das dadurch verdünnt werde und schneller altere, so Brüner. Das bedeute wiederum kürzere Ölwechselintervalle zulasten des Kunden. Diese müssten die häufigeren Ölwechsel nämlich bezahlen. Für einen Sechszylinder bedeutet dies zum Beispiel laut der Zeitung jedesmal Kosten von gut 200 Euro.

Ob es so weit kommt oder der in Deutschland verkaufte E10-Sprit gut genug ist, wissen die Autobauer Brüner zufolge noch nicht. BMW will nun gemeinsam mit dem Konkurrenten Daimler entsprechende Tests durchführen. Experten raten Autofahrern, künftig häufiger den Öl-Peilstab zu ziehen. Werde ein höherer Pegel als bei der vorigen Kontrolle angezeigt, bestehe Verdacht auf Verdünnung des Schmiermittels.

Brüderle: "Bin irritiert"

Auf die Äußerungen Brüners reagierte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle im Bericht aus Berlin irritiert. Offenbar seien viele Informationen nicht weitergegeben worden. Brüderle forderte die Industrie auf, ihrer Informationspflicht nachzukommen: "Es ist Aufgabe der Mineralölwirtschaft, ihre Kunden über das zu informieren, was sie verkaufen. Die Fahrzeughersteller müssen klare Auskunft darüber geben, ob E10 für die Motoren geeignet sind, die sie verkaufen."

Brüderle schloss nicht aus, dass das Kraftfahrtbundesamt die Halter anschreibt, deren Autos durch E10 beschädigt werden könnten. Am Dienstag will Brüderle diese Maßnahme und das weitere Vorgehen auf dem "Benzin-Gipfel" erörtern. Teilnehmen werden Umweltminister Norbert Röttgen, Verbraucherministerin Ilse Aigner, Verkehrsminister Peter Ramsauer sowie Automobilverbände, die Autoclubs ADAC und AvD, Verbände der Mineralölwirtschaft, die Bioethanol-Branche, der Bauernverband und die Verbraucherzentralen.

Röttgen: "Weniger Abhängigkeit vom Öl"

Bundesumweltminister Röttgen verteidigte den neuen Kraftstoff erneut. "Die Einführung von Biokraftstoffen dient dazu, unsere Abhängigkeit vom Öl zu reduzieren. Darüber gibt es einen Konsens über die Parteigrenzen hinweg", sagte er der "Bild am Sonntag". Er widersprach der Behauptung, der mit biologisch gewonnenem Ethanol versetze Sprit würde zwangsweise eingeführt: "Die Politik verpflichtet die Industrie lediglich zur Einhaltung einer bestimmten Biokraftstoffquote, die zwar gestiegen, aber nicht neu ist und bislang immer so gut wie erfüllt werden konnte."

Brüderle sagte dazu im Bericht aus Berlin, der Ansatz, die Quote über die Einführung von E10 zu erfüllen, sei im Prinzip richtig. Er sei aber nicht richtig vorbereitet und umgesetzt worden: "Die EU macht die Vorgabe, dass 5,75 Prozent Biokraftstoffe den Kraftstoffen insgesamt beigemischt werden müssen. In Deutschland haben wir einen etwas höheren Ansatz von 6,25 Prozent. Rein theoretisch könnte man auch reine Biokraftstoffe anbieten und damit versuchen, die Quote zu erfüllen. Die wären aber sehr teuer und müssten massiv subventioniert werden."

E10 wird seit Beginn des Jahres in Deutschland eingeführt. Damit soll der Ausstoß des Klimagases CO2 reduziert werden - trotz der Mahnung von Umweltverbänden, die glauben, dass die Klimabilanz von E10 sogar negativ ist. Viele verunsicherte Autofahrer tanken nun Super Plus, obwohl dieser Kraftstoff teurer ist. Wirtschaftsminister Brüderle betonte, E10 werde nur ein Erfolg, wenn die Verbraucher davon überzeugt seien, dass dies für ihr Fahrzeug der richtige Treibstoff sei.