Staatsdiener bislang nicht zentral registriert Griechenland zählt seine Beamten

Stand: 23.07.2010 08:55 Uhr

Was machen eigentlich die ganzen Leute hier? Das dürfte sich im Stillen der eine oder andere Behördenchef in Griechenland in den vergangenen Jahren gefragt haben. Schluss damit, hat sich jetzt die Regierung vorgenommen. Seit einigen Tagen läuft eine der größten Zählaktionen aller Zeiten. Das Finanzministerium in Athen registriert online alle Staatsbediensteten und will so herausfinden, wer wo in Ämtern und Behörden was arbeitet. Heute endet die Frist zum Ausfüllen des Formulars.

Von Steffen Wurzel, ARD-Hörfunkstudio Athen

Die Sekretärin Julia Politi sitzt am Computer und macht das, was in den vergangenen Tagen hunderttausende griechische Staatsangestellte gemacht haben: ein Online-Formular ausfüllen. Wie viele genau mitgemacht haben - 700.000, eine Million oder noch mehr - das weiß noch keiner so genau. Aber genau das ist der Grund, warum der griechische Staat den ganzen Aufwand betreibt.

"Hier muss man den Nachnamen, den Vornamen und die Steuernummer eingeben, um die genaue Identität festzustellen. Das müssen wir dann elektronisch abschicken", erläutert Politi das Formular vor ihr. Die zweite Seite betrifft die persönlichen Details. "Diese Fragen hier beziehen sich auf das Arbeitsverhältnis mit dem Staat, also wo Du genau arbeitest und welchen Rang oder welche Position Du hast", erklärt sie weiter.

Unbefristete Arbeitsplätze wie Geschenke verteilt

Es ist kaum zu glauben, aber bisher ist völlig unklar, wie viele der gut elf Millionen Griechen vom Staat bezahlt werden. Verwaltungsjobs in Ämtern und Behörden wurden in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in Griechenland oft freizügig vergeben, auffällig oft nach Wahlen. Unbefristete Arbeitsplätze wurden über Beziehungen teilweise wie Geschenke verteilt.

Vom Lehrer bis zum Ministerialdirektor, von der Richterin bis zur Sekretärin - sie alle mussten sich in den vergangenen Tagen auf einer extra eingerichteten Webseite registrieren. Heute ist die letzte Gelegenheit dafür. Griechische Staatsangestellte, die die Frist verstreichen lassen, riskieren, dass sie bald kein Geld mehr bekommen.

"Ich dachte immer, der Staat wisse, wer für ihn arbeitet!"

Eine Bürgerin kann es nicht fassen: "Es ist mir völlig unbegreiflich, dass sie das erst jetzt machen! Einfach unglaublich. Das hätten sie schon längst tun sollen!", sagt sie. "Ich dachte immer, der Staat wisse, wer für ihn arbeitet!"

Während diese Athenerin die Staatsangestellten-Zählaktion befürwortet, gibt es auch Kritik. Die kommt zum Teil von Datenschützern, aber vor allem von Seiten der Staatsangestellten selbst. Viele dürften sich insgeheim davor fürchten, dass nun rauskommt, dass sie auf dem Lohnzettel gleich mehrerer Behörden stehen, obwohl sie nur für eine arbeiten.

"Politik der Idiotie"

Der einflussreiche Gewerkschaftsverband ADEDY, in dem die griechischen Staatsangestellen organisiert sind, betont, dass man grundsätzlich für mehr Transparenz im System sei. ADEDY-Generalsekretär Elias Eliopoulos spricht im Zusammenhang mit der Zählaktion aber trotzdem von einer "Politik der Idiotie".

Eliopoulos' Kritik bezieht sich weniger auf die Zählaktion an sich, als vielmehr auf das generelle Misstrauen großer Teile der griechischen Bevölkerung gegenüber der Beamtenschaft. "Angeblich gibt es landesweit bis zu anderthalb Millionen Staatsangestellte. Es wird aber rauskommen, dass es weniger sind als 700.000", sagt Eliopoulos. Und zwar Polizisten und Armee eingerechnet. "Also weniger als die Hälfte von dem, was behauptet wird."

Wie viele Angestellte der griechische Staat tatsächlich hat, wird im Finanzministerium in den kommenden Wochen ausgerechnet. Die Griechen warten mit Spannung auf das Ergebnis. Spätestens am 1. November soll die Zahl feststehen. Ab diesem Datum sollen alle Staatsangestellten zentral von einer Behörde Geld bekommen. Damit will die Regierung Millionen sparen.