Aufstockung des Euro-Rettungsfonds "Überflüssig wie ein Kropf"

Stand: 05.08.2011 17:54 Uhr

Mehr Geld für den Rettungsfonds? Zumindest überprüfen wollen das EU-Kommissionspräsident Barroso und Währungskommissar Rehn. Doch aus Berlin kommt dazu weiterhin ein klares Nein, zumindest von den Regierungsparteien. Die Debatte sei überflüssig. Und auch die Kritik an Barroso wird lauter.

Die Antwort der Bundesregierung auf Forderungen aus Brüssel nach einer Überprüfung - und eventuell auch Aufstockung - des Euro-Rettungsfonds ist eindeutig: Nein. Bereits gestern hatte das Finanzministerium auf einen Brief Barrosos reagiert. Dieser trage nicht gerade zur Beruhigung der Märkte bei und stelle Fragen, die bereits beim Gipfel am 21. Juli beantwortet worden seien. Heute kritisierte auch Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) den Vorstoß : Er sehe "gar keine Notwendigkeit für eine erneute Diskussion". Die von Barroso ausgelöste Debatte komme zur Unzeit. "Es ist gerade einmal zwei Wochen her, da wurden weitreichende und gute Beschlüsse gefasst", sagte der Wirtschaftsminister der Nachrichtenagentur dpa. Entscheidend sei, dass verschuldete Länder wie Griechenland ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhten - dann würden "sich auch die Märkte wieder beruhigen".

"Die von Barroso angestoßene Debatte ist überflüssig wie ein Kropf", sagte der CDU-Haushaltsexperte Norbert Barthle der Nachrichtenagentur Reuters. Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone hätten schließlich erst vor zwei Wochen eine Ausweitung des Volumens eindeutig ausgeschlossen. Auch der stellvertretende Unions-Fraktionschef Michael Meister sprach sich gegen eine Aufstockung aus. Stattdessen sollten Spanien und Italien notwendige Reformen schnell umzusetzen, sagte er der Zeitung "Die Welt".

Die Opposition drängt die Bundesregierung dagegen zu weiteren Schritten. Eine konzertierte Aktion der sieben großen Industriestaaten und Russlands (G8) müsse für eine Beruhigung der hochnervösen Finanzmärkte sorgen, sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin und der finanzpolitische Sprecher Gerhard Schick unterstützten Barroso und forderten weitere Maßnahmen: "Dazu zählen eine Ausweitung des Rettungsschirms und endlich auch die dringend notwendige Einführung von Eurobonds." SPD-Haushaltsexperte Cartsen Schneider forderte Kanzelerin Angela Merkel via "Spiegel Online" auf, ihren Urlaub abzubrechen.

Finanzexperte fordert Barroso-Rücktritt

Der Finanzexperte Wolfgang Gerke griff Barroso in der ARD scharf an. "Ich fordere den Rücktritt von Herrn Barroso. Wir brauchen an der Spitze der Kommission jemanden, der neutral ist." Barroso habe mit seinem Vorstoß als Portugiese agiert, der möglichst viel Geld in den Rettungstopf bringen wolle, aus dem Portugal geholfen wird.

Beim Brüsseler Gipfel vor zwei Wochen war mit einem zweiten Milliarden-Notpaket der 17 Euro-Länder und des Internationalen Währungsfonds (IWF) eine Staatspleite Griechenlands abgewendet worden. Zudem wurden weitere Kompetenzen für den EFSF beschlossen. Dennoch entzogen Anleger nun auch Italien und Spanien das Vertrauen. Die Zinsen für Staatsanleihen beider Länder stiegen auf Rekordwerte.