Hintergrund

Wie die Autohersteller den Umweltschutz proben Mit Vollgas in die emissionsarme Zukunft

Stand: 26.11.2008 16:03 Uhr

"Weg vom Öl"- das haben die Autohersteller zwar schon länger in ihre Navigationsgeräte eingegeben. Doch noch sind zu wenig überzeugende Modelle auf dem Markt. Die Bundesregierung will die Entwicklung von Elektroautos fördern. Ist das der Weg in die automobile Zukunft?

Von Heike Janßen für tagesschau.de

Mehr Elektroautos auf den Straßen - das ist das erklärte Ziel der Bundesregierung: Bis 2020 sollen etwa eine Million batteriebetriebene Fahrzeuge das Straßenbild ergänzen. Auch Brennstoffzellen und Wasserstoffantrieb sollen gefördert und erprobt werden. Das haben Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee und Umweltminister Sigmar Gabriel bei der "Nationalen Strategiekonferenz Elektromobilität" angekündigt.

Die bisherige Antriebsquelle Öl versiegt in absehbarer Zukunft, das ist Konsens bei den Experten. Und klimaschädlich ist Ölverbrennung ohnehin. Noch ist keine umfassende Lösung des Problems in Sicht. Die Fahrzeughersteller haben verschiedene Routen eingeschlagen.

Mehr Effizienz bei Verbrennungsmotoren

Bei Diesel- und Benzinmotoren sollen neue Techniken Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß verringern.  Dazu gehören effizientere Einspritztechniken, Abgasnachbehandlung und reibungsärmere Getriebe, eine bessere Aerodynamik und eine neue Motorengeneration. 

Hybridfahrzeuge sind eine Weiterentwicklung konventioneller Technik. Sie haben einen Benzin- und einen Elektromotor. Beim Fahren wird der optimale Betriebsmodus automatisch ausgewählt. Der Elektromotor wird durch den Ottomotor oder über die Bewegungsenergie des Autos aufgeladen, also durch Schub oder Bremsen. Die deutsche Automobilindustrie hatte die Entwickung von Hybridmotoren zunächst verschlafen, aber jetzt auch eine Reihe von Modellen entwickelt.

Suche nach dem Wunder der Technik

Bei den reinen Elektromotoren ist die Alltagstauglichkeit noch nicht in Sicht. Durch den Beschluss der Bundesregierung könnten die Hersteller aber neuen Antrieb bekommen. Fast alle arbeiten an der Entwicklung neuer Modelle. Beim Elektromotor wird die Energie in Batterien gespeichert und beim Fahren dem Motor zur Verfügung gestellt. Das Fahrzeug muss regelmäßig zum Aufladen an ein Stromnetz angeschlossen werden, die Ladezeit kann bis zu 10 Stunden dauern.

Ein Elektroauto erzeugt zwar keine Abgase. Für die Ökobilanz ist aber auch entscheidend, wie der Strom erzeugt wurde. Bei der derzeitigen Stromerzeugung ist sie nicht unbedingt besser als die eines Autos mit einem modernen Verbrennungsmotor. Karl Otto Schallaböck ist stellvertretender Forschungsleiter der Gruppe "Zukünftige Energie- und Mobilitätsstrukturen" am Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt und Energie. Er glaubt, dass Elektroautos in absehbarer Zukunft keinen erheblichen Anteil an der PKW-Flotte erlangen werden. Bei dem derzeitigen Entwicklungsstand hätten sie eine zu geringe Reichweite. Sie seien allenfalls als Stadtautos denkbar. Langsstreckentaugliche Batterien seien nach heutigem Entwicklungsstand zu groß und zu schwer.

Wasserstoff statt Benzin

Eine weitere Antriebsart der Zukunft könnte die Brennstoffzelle sein. In einer Brennstoffzelle wird durch eine Reaktion zwischen Wasserstoff und Sauerstoff Strom erzeugt, der dann einen Elektromotor antreibt. Die Motoren arbeiten emissionsfrei, denn der Wasserstoff wird in Wasser verwandelt. Allerdings muss der Wasserstoff aus regenerativen Quellen stammen, damit die Technik umweltfreundlich ist. Wasserstoff ist nicht leicht zu gewinnen: Er kommt in der Natur nur in gebundener Form vor und muss unter Energieeinsatz aus Wasser, Biomasse, Erdöl oder Erdgas gewonnen werden.

Auch hier arbeiten die Automobilhersteller an marktreifen Modellen.Es gibt noch keine serienmäßigen Fahrzeugtypen. Experten glauben, dass das „Zeitalter des Wasserstoffs" erst in frühestens 20 Jahren beginnt.

Gasautos haben weniger Emissionen

Erdgas- und Flüssigggasautos gibt es schon serienmäßig auf dem Markt. Manche Modelle können auch nachträglich umgerüstet werden.

Der Hauptbestandteil von Erdgas ist Methan. Reichweite und Verbrauch von Erdgasautos sind abhängig vom Methananteil. Flüssiggas oder Autogas ist ein Gemisch aus Propan und Butan und entsteht als Nebenprodukt der Erdölförderung. Flüssiggas enthält im Vergleich zu Erdgas weniger Energie, die Autos haben einen höheren Verbrauch.

Finanziell lohnt sich derzeit der Umstieg auf ein Gasauto: Gastreibstoff wird bis 2018 steuerlich gefördert und ist daher deutlich billiger als Benzin. Der ADAC setzt Erdgasfahrzeuge bei der Straßenwacht ein und hat bis zu zwei Drittel geringere Kraftstoffkosten als zuvor. 

Allerdings ist Gas eine begrenzte Ressource und setzt ebenfalls Treibhausgase frei. Die CO2-Emissionen sind aber niedriger als bei Benzin- und Dieselfahrzeugen. Ein weiterer Nachteil ist das noch nicht flächendeckend ausgebaute Tankstellennetz.  

Aufessen oder verfahren?

Biokraftstoffe werden hauptsächlich als Beimischung zum regulären Kraftstoff genutzt. Derzeit kann dem Diesel ein Anteil von rund fünf Prozent Biodiesel beigemischt werden, ohne dass dies den Motoren schadet. Parallel wird auch reines Ethanol oder reiner Biodiesel verkauft, die noch steuerbegünstigt sind. Wegen steigender Rohstoffpreise für Weizen, Raps oder Mais war der Absatz aber zuletzt eingebrochen. Biodiesel ist auch in die Kritik geraten, weil die Pflanzen auch Nahrungs- und Futtermittel sind. Durch die höhere Nachfrage stiegen die Nahrungsmittelpreise, was besonders Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern traf.

Für die Herstellung von Biodiesel werden Rapsöl, Palmöl, Sojaöl, Sonnenblumenöl oder auch Algen genutzt. Forscher suchen ständig nach neuen Quellen: Gerade haben Wissenschaftler im Regenwald von Patagonien einen Pilz entdeckt, die ihrer Meinung nach die beste bisher entdeckte Quelle für Biokraftstoff werden könnte.

Die CO2-Bilanz von Biodiesel ist schwer zu berechnen, da sie von seinem Anteil am Gemisch abhängt. Das Umweltbundesamt schätzt, dass pro Einheit Biodiesel ein bis zu 65% geringeren CO2-Ausstoß entsteht als bei konventionellem Dieselkraftstoff. Der Dieselruß wird um die Hälfte reduziert.  

Pflanzenöl wird aus Ölpflanzen und Früchten hergestellt. In Deutschland besetzen Pflanzenölfahrzeuge eher eine Nische. Pflanzenöl ist einfacher herzustellen als Biodiesel und hat eine gute CO2-Bilanz.

Bioethanol wird durch Destillation nach alkoholischer Gärung aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen. In Deutschland kommen dafür Weizen, Roggen und Zuckerrüben in Frage. Der Kraftstoff kann nur in Rein-Ethanolmotoren oder in Flexible Fuel Vehicles (FFV) genutzt werden. Für Bioethanol sind alle Arten von Biomasse einsetzbar: Holz, schnell wachsende Pflanzen, Stroh oder sogar Laub. Bei der biochemischen Herstellung entstehen fast keine zusätzlichen Treibhausgase.

Die Schadstoffbilanz beim Fahren hängt aber von den verwendeten Rohstoffen ab und kann sogar im Vergleich zu herkömmlichen Kraftstoffen negativ sein. Beim Einsatz von Zuckerrohr ist aber zum Beispiel die Bilanz mit 85% geringerer Emission sehr positiv. Bioethanol hat aber weniger Energiegehalt als Ottokraftstoff, das bedeutet bis zu einem Drittel mehr Verbrauch.

Zukunftsmusik Designerkraftstoffe

Synthetische Kraftstoffe oder Designerkraftstoffe (GTL/BTL) könnten eine Technologie der Zukunft sein. Die Kraftstoffe werden aus Erdgas oder Biomasse hergestellt. Ein Vorteil: Sie können chemisch an alle Dieselmotoren angepasst und Diesel beigemischt werden. Die sächsische Firma Choren baut gerade eine Fabrik zur industriellen Herstellung von flüssigen, bio-sythetischen Kraftstoffen. Die Forscher im ADAC-Technikzentrum in Landsberg glauben, dass diese Form der Kraftstoffherstellung mittel-bis langfristig eine erhebliche Bedeutung gewinnen wird. Sie halten dabei eine Minderung der CO2-Emissionen um bis zu 90% für realistisch. Da auch Abfälle von Nahrungspflanzen geeignet sind, steht die Methode nicht unbedingt in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion.

Realistisch ist ein Mix aus allem

Was ist der optimale Weg in eine möglichst schadstofffreie Zukunft? Mobilitätsexperte Schallaböck setzt auf Reduktion des Treibstoffverbrauchs der PKW, zunächst durch Weiterentwicklung der Fahrzeuge mit Otto- und Dieselmotoren. Hybridkonzepte und alternative Kraftstoffe können einbezogen werden. Antriebskonzepte, die nicht auf Verbrennung beruhen, wie Elektromotoren, werden zunächst eine quantitativ kleine Rolle spielen. Schallaböck appelliert an Herstellen und Verbraucher, sich auf andere Fahrzeuge einzustellen. Momentan liegt der Flottendurchschnittsverbrauch bei 8 Litern. Dabei gibt es neben den 3-Liter Autos selbst noch in der gehobenen Mittelklasse Wagen mit einem Verbrauch von wenig über 5 Litern. Der Stand der Technik gibt sogar einen Verbrauch von einem bis eineinhalb Litern her. Dann könnten auch alternative Kraftstoffe eine höhere Bedeutung erlangen, die nicht in großen Mengen produziert werden können, wie der Biosprit. "Wenn wir beim Auto die Nicht-Mobilitätselemente weglassen würden, also weg vom Statussymbol gingen, dann könnten wir zwei Drittel des Sprits sparen." Momentan machen die Autoproduzenten einen Großteil ihrer Gewinne mit aufwändigen Modellen, übrigens ein Markt hauptsächlich von Männern für Männer- ein Markt in dem es um Status, Show und Macht geht, so Schallaböck.