Drängen auf Soforthilfen US-Autobosse wollen 34 Milliarden Dollar vom Staat

Stand: 03.12.2008 02:32 Uhr

Vor dem Hintergrund dramatischer Absatzeinbrüche haben die angeschlagenen US-Autobauer in einem zweiten Anlauf erneut um Milliardenhilfen gebeten. Die Chefs von Ford, Chrysler und der Opel-Mutter General Motors (GM) reisten mit neuen Reformplänen nach Washington und ersuchten den Kongress um neue Kredite von insgesamt 34 Milliarden Dollar. Bislang war von 25 Milliarden die Rede gewesen.

Nach Aussagen von GM und Chrysler droht beiden Unternehmen bis Ende des Jahres die Zahlungsunfähigkeit, wenn der Staat ihnen nicht sofort helfen sollte. Am Donnerstag und Freitag wollen der US-Senat und das Repräsentantenhaus über die gestern vorgelegten Zukunftskonzepte der drei Konzerne beraten und entscheiden.

Von Ralph Sina, WDR-Hörfunkstudio Washington

Nicht im düsengetriebenen Firmenjet, sondern im hybridangetriebenen Firmenwagen legten die Chefs von Ford und General Motors diesmal die 800 Kilometer von Detroit nach Washington D.C. zurück. Demonstrative Sparsamkeit hatten sich die beiden  Bosse verordnet. Und auch der Chrysler-Chef wählte mit einem Linienflieger zumindest ein politisch korrektes Transportmittel. Seine beiden Auto fahrenden Kollegen von Ford und Chrysler hatten dafür neun Stunden Zeit, die Top-News im Autoradio mitzuverfolgen. Unangefochten auf Platz ein: die US-Autokrise.  

Opel-Mutter General Motors, ohnehin bereits erheblich geschwächt, verkaufte im November sage und schreibe 41 Prozent weniger Pkw als im Vorjahr und ist damit der Megaverlierer am US-Markt. Auch bei Ford und Chrysler werden die Halden der unverkauften Neuwagen immer höher: "Dieser Umsatzeinbruch kommt trotz gigantischer Rabattaktionen", meldet der Nachrichtensender CNN.

Aktienpaket auf dem Beifahrersitz

In der Tat: Mittlerweile bieten verzweifelte Auto-Händler potentiellen Kunden bereits 50 Dollar Belohnung, wenn die sich zu einer Probefahrt durchringen. Und ein GM-Händler nahe Washington legt jedem Käufer sogar einhundert General Motors Aktien gratis auf den Beifahrersitz. Ein Geschenk von allerdings zweifelhaftem Wert. Doch trotz aller phantasievollen Rabatte: Die Autos bleiben bei den Händlern stehen, mittlerweile sogar die Hybridmodelle der japanischen Konkurrenz. Die Krise sei nicht hausgemacht, sondern global sagt der demokratische Senator Carl Levin. "Jedes autoproduzierende Land unterstützt in dieser Situation seine Autoindustrie, wir sollten das gefälligst auch tun", fordert er. 

Doch der Senator ist parteiisch, er vertritt nämlich den Autostaat Michigan. Seine Kollegen im Kongress aber - ganz gleich ob Republikaner oder Demokraten - wollen noch in dieser Woche genau prüfen, ob die jetzt von General Motors, Ford und Chrysler dem Kongress präsentierten Pläne tatsächlich mehr sind als geschickte Kosmetik.

Benzinsparende Kompaktwagen als letzte Hoffnung

Am dramatischsten sieht die Situation für Chrysler aus. Der Konzern hat keinen europäischen High-Tech-Verbündeten, der ihm mit benzinsparenden Kompaktwagen aus der Absatzkrise helfen könnte. "Chrysler fehlt ganz einfach die technologische Schützenhilfe aus Europa", bringt es Auto-Experte Mark Phelan von der Detroit Free Press auf den Punkt.

Ford Amerika und General Motors sind da vor allem Dank der deutschen Ford- und Opelingenieure in einer besseren Überlebensposition. Kompaktwagen wie Fiesta und Focus, Astra und Vectra sollen den beiden Detroiter Dinosauriern beim Überlebenskampf helfen. Gleichzeitig wird die Produktpalette massiv gestrafft. Ford denkt über den Verkauf von Volvo nach, GM ist angeblich bereit, sich von Saab zu trennen. Gleichzeitig müssen Lohnkosten und Sozialabgaben massiv gesenkt werden - Amerikas Automobilarbeitergewerkschaft hat sich immerhin für heute zu einem Krisentreffen bereit erklärt. 

Gute Chancen für Hilfe aus Washington

Genau das seien die Signale, die man in der Hauptstadt Washington hören will, meint Autoexperte Felon. Die Chancen, dass General Motors, Ford und Chrysler noch vor dem Weihnachtsfest das vorläufig rettende Geld erhalten, stehen gut. Zumal sich auch die millionenschweren Autobosse plötzlich ganz bescheiden geben. Und mit einmal bereit sind, für ein symbolisches Jahresgehalt von einem Dollar zu arbeiten. Natürlich nur, wenn die Steuermilliarden an die Firma fließen.