Einschnitte bei Karstadt - Stellenabbau bei Quelle "Diese Operation wird Schmerzen bereiten"

Stand: 13.08.2009 17:04 Uhr

Beim insolventen Arcandor-Konzern fällt im Versandgeschäft in den nächsten Monaten gut ein Drittel der Arbeitsplätze weg: 3700 Stellen werden gestrichen, kündigte der vorläufige Insolvenzverwalter Görg an. Auch bei Karstadt stünden drastische Einschnitte bevor. Die Zerschlagung von Arcandor rückt näher.

Beim Versandunternehmen Primondo mit seinem Flaggschiff Quelle sollen bis Januar 2010 rund 3700 der 10.500 Stellen gestrichen werden. Dies teilte der vorläufige Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg mit.

Die defizitären 109 Quelle Technik-Center sollen in Kürze geschlossen werden. Die Zahl der Quelle-Shops werde von 1450 auf rund 1000 reduziert. Das Versandgeschäft solle aber fortgeführt werden. Das Unternehmen habe realistische Möglichkeiten, sich durch eine Sanierung im Insolvenzverfahren als europäischer Marktführer im Homeshopping aufzustellen, erklärte Görg.

Die Einschnitte bei Quelle seien unvermeidlich. "Wir werden das Geschäft drastisch eindampfen müssen." Die Finanzierung sei über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens im September hinaus nicht gesichert. Es wäre ein großer Erfolg, wenn es gelänge, zwei Drittel der Arbeitsplätze zu erhalten, sagte Görg. Der Nürnberger Verdi-Sekretär Johann Rösch sagte, unter den Quelle-Mitarbeitern herrsche tiefe Ohnmacht.Bei Karstadt stehen Filialen zur Disposition

Auch bei Karstadt stehen laut Görg schmerzhafte Einschnitte an. Bis zu 19 Warenhäuser müssten geschlossen werden. Das letzte Wort sei aber noch nicht gesprochen, sagte er. Für die Sanierung von Karstadt strebt Görg ein Insolvenzplanverfahren an. "Diese Operation wird Schmerzen bereiten", erklärte er. Ziel sei es, so viele Warenhäuser wie möglich zu erhalten. Einschnitte beim Personal seien aber unumgänglich.

Investor gesucht

"Ich halte alle Teile des Arcandor-Konzerns für überlebensfähig", unterstrich Görg. Er bestätigte aber, dass es knapp drei Wochen vor Eröffnung des offiziellen Insolvenzverfahrens kaum noch Chancen auf einen Investor für den Gesamtkonzern gebe. "Wir konzentrieren uns also in den nächsten Wochen darauf, die Neuordnung der Primondo-Gruppe und von Karstadt zu konzipieren und umzusetzen, die einzelnen Handelssegmente neu zu ordnen und Investoren zu finden", sagte Görg.

Arcandor-Konzern

Arcandor gliedert seine Geschäfte in die Bereiche Karstadt, Primondo und Thomas Cook.

Er strebt an, Primondo als Ganzes zu erhalten. Dazu gehören neben Quelle mehrere Spezialversender, Servicegesellschaften und Auslandsgesellschaften. Er sei verhalten optimistisch, einen Investor zu finden. Es gebe bereits sieben bis acht Interessensbekundungen. "Quelle hat eine langfristige Überlebenschance, wenn sich ein ordentlicher Investor findet", sagte Görg. Bei Karstadt sei die Suche nach Investoren noch nicht so weit.

Anfang Juni hatte der Konzern Insolvenzantrag gestellt und dies mit drohender Zahlungsunfähigkeit begründet. Insgesamt arbeiten bei Arcandor mehr als 40.000 Menschen.

Reiseveranstalter Thomas Cook kippt Ziel für 2010

Und auch der eigentliche gesunde Unternehmensteil Thomas Cook muss nun Rückschläge einstecken. Der Reiseveranstalter verabschiedete sich von seinen mittelfristigen Zielen. Im Geschäftsjahr 2010 ein operatives Ergebnis von 480 Millionen britischen Pfund (rund 558 Mio. Euro) zu erwirtschaften, erscheine angesichts der gegenwärtigen Marktbedingungen unrealistisch, teilte die Arcandor-Tochter in London mit. Bis Ende Juni belasteten das Unternehmen Integrationskosten für die Fusion mit dem britischen Anbieter MyTravel und andere Übernahmen. Aber auch die Schweinegrippe und damit verbundene Stornierungen von Reisen hinterließen Spuren in der Bilanz.

Thomas Cook ist von der Arcandor-Insolvenz nicht unmittelbar betroffen. 44 Prozent der Aktienanteile sind jedoch von Arcandor an Banken verpfändet, darunter die BayernLB.

Offene Stromrechnung in Höhe von einer Million Euro

Der Essener Energiekonzern RWE ist laut eigenen Aussagen direkt von der Insolvenz des Arcandor-Konzerns betroffen. RWE sitze auf einer Stromrechnung von rund einer Million Euro, sagte Finanzchef Rolf Pohlig. Wie viel davon noch zu holen sei, sei unklar. Der Konzern werde aber weiterhin mit Strom versorgt. Der Insolvenzverwalter habe zugesagt, dass die künftigen Rechnungen beglichen würden.