Biotech-Aktie bricht ein Alzheimer-Rückschlag trifft MorphoSys hart

Stand: 14.11.2022 15:46 Uhr

Das deutsche Biotech-Unternehmen MorphoSys und sein Partner, der Schweizer Pharmariese Roche, haben einen herben Rückschlag in der Forschung erlitten. Ein potenzielles Medikament zur Behandlung von Alzheimer hat sich als nicht wirksam erwiesen.

Das Biotech-Unternehmen MorphoSys aus dem Münchener Vorort Planegg und der Schweizer Pharmakonzern Roche haben einen Rückschlag bei der Forschung an einem Alzheimer-Medikament zu verkraften. Der Antikörper Gantenerumab konnte in zwei großangelegten klinischen Studien der entscheidenden Phase III zwar die Verschlechterung der Leistungsfähigkeit in Bereichen wie Gedächtnis, Orientierungsvermögen, Problemlösungsfähigkeit, Hobbys sowie Körperpflege verlangsamen. Diese Ergebnisse seien aber statistisch nicht signifikant gewesen, hieß es. Auch konnten die für Alzheimer typischen Eiweißablagerungen, die sogenannte Plaques, im Gehirn nicht so stark wie erhofft reduziert werden.

MorphoSys-Konzernchef Jean-Paul Kress zeigte sich von den Ergebnissen "enttäuscht". Roche ist bei dem Wirkstoffkandidaten Lizenzpartner von MorphoSys, der den Antikörper ursprünglich entwickelt hat.

Lange Reihe von Rückschlägen

Ein Rückschlag wie jetzt von MorphoSys und Roche ist in der Medikamentenforschung und speziell im Bereich Alzheimer alles andere als ungewöhnlich. In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten scheiterte eine dreistellige Zahl von potenziellen Medikamenten, bevor sie eine Zulassung der Behörden erhalten konnten. Auch 116 Jahre nach der Entdeckung durch den deutschen Psychiater und Neuropathologen Alois Alzheimer fehlt es an einer wirklich durchschlagenden Therapie gegen die tückische Krankheit, die häufig zu spät diagnostiziert wird.

Wie der derzeitige Stand bei der Alzheimer-Medikation ist, zeigt das Beispiel des US-Pharmaherstellers Biogen und seines japanischen Partners Eisaij. Die beiden Konzerne hatten im September für ihren Wirkstoffkandidaten Lecanemab von einer Verlangsamung des kognitiven Verfalls bei den behandelten Patienten um 27 Prozent berichtet - von einer vollständigen Genesung war dabei allerdings nicht die Rede. Trotzdem könnte der Wirkstoff bereits Anfang kommenden Jahres in den USA zugelassen werden.

Millionen von Patienten - Billionen an Kosten

Laut den Berechnungen der Organisation Alzheimer's Disease International könnten bis 2050 weltweit 139 Millionen Menschen an Alzheimer erkranken. Bereits heute sind etwa 55 Millionen von der Krankheit betroffen. Zudem könnten sich die weltweiten Krankheitskosten bis 2030 auf rund zwei Billionen US-Dollar verdoppeln. Somit würde eine erfolgreiche Behandlung nicht nur viel menschliches Leid bei den Patienten und den Angehörigen vermeiden, sondern es würden auch riesige Summen im Gesundheitswesen eingespart.

Entsprechend hoffnungsvoll waren die Erwartungen an Roche und MorphoSys. Die im Jahr 2000 geschlossene, weltweite Kooperationsvereinbarung mit Roche sieht vor, dass die Schweizer vollständig für die klinische Entwicklung und die etwaige Vermarktung von Gantenerumab verantwortlich sind. Experten hatten den Wirkstoffkandidaten bei einer erfolgreichen Zulassung einen maximalen jährlichen Umsatz von bis zu zehn Milliarden US-Dollar jährlich zugetraut. MorphoSys hätte nach den bisherigen Angaben einen Anspruch auf gestaffelte Tantiemen zwischen 5,5 und 7,0 Prozent der Nettoumsätze sowie weitere erfolgsabhängige Zahlungen beim Erreichen von sogenannten Meilensteinen in der Forschung gehabt. Im vergangenen Jahr hatte MorphoSys knapp 180 Millionen Euro umgesetzt.

Nach der Mitteilung brach die MorphoSys-Aktie im elektronischen Handelssystem XETRA der Frankfurter Börse um bis zu knapp ein Drittel auf 14.05 Euro ein. Das war der tiefste Stand seit zwölf Jahren. Mit einem Minus von rund Prozent traf es die Roche-Aktie deutlich weniger stark. Der Schweizer Konzern ist allerdings mit einem Jahresumsatz von umgerechnet rund 60 Milliarden Euro erheblich breiter aufgestellt.