Ballonfahren

Wetterthema Höhenrausch

Stand: 28.04.2023 12:47 Uhr

Ballonfahrer riskierten im Dienst der Wissenschaft Leib und Leben

Von Tim Staeger, ARD-Wetterkompetenzzentrum

Schon Ikarus erlag in der griechischen Mythologie dem Höhenrausch und bezahlte seinen Übermut mit dem Leben, nachdem die Sonnenhitze das Wachs schmolz, mit dem die Federn an seinem Fluggestänge befestigt waren. Doch erst im Jahr 1783 gelang es nachweislich erstmals Menschen in einem Heißluftballon in den Himmel aufzusteigen. Das war der Startschuss für eine ganze Reihe abenteuerlicher Höhenflüge.

Diese 25 Minuten andauernde Pionierfahrt wurde von Jean-François Pilâtre de Rozier und François d‘Arlandes am 21. November 1783 in Paris unternommen, nachdem die Brüder Montgolfier zuvor erfolgreich einen Hammel, eine Ente und einen Hahn in die Lüfte geschickt hatten. Beim zweiten bemannten Aufstieg im selben Jahr wurde bereits eine Höhe von 3 km erreicht.

Im Jahr 1862 stiegen der Meteorologe James Glaisher und sein Pilot Henry Tracey Coxwell sogar bis in 9 km Höhe auf. Sie hatten wissenschaftliche Geräte an Bord und wollten die eigene Belastungsgrenze erkunden, was ihnen auch gelang. Denn in der sauerstoffarmen Luft fielen sie in Ohnmacht und verdankten ihr Leben nur dem Umstand, dass der steuerlose Ballon wieder in dichtere Luft absank.

Den offiziellen Höhenrekord im offenen Korb halten jedoch die deutschen Meteorologen Arthur Berson und Reinhard Süring, die im Jahr 1901 bis auf 10.800 Meter aufstiegen und trotz Sauerstoffatmung ebenfalls in Ohnmacht fielen. Ihre Messungen führten zur Entdeckung der Stratosphäre, die in unseren Breiten in etwa 10 km Höhe beginnt. Infolge der Absorption harter UV-B-Strahlung durch das stratosphärische Ozon wird in dieser Schicht so viel Energie aufgenommen, dass die Temperatur mit zunehmender Höhe wieder ansteigt, nachdem sie in der Troposphäre bereits bis auf etwa minus 55 Grad abgesunken war. Die Temperaturumkehr führt zu einer sehr stabilen Schichtung, senkrechte Durchmischung findet hier kaum noch statt, was der Stratosphäre (griechisch: Schichthülle) ihren Namen verlieh.

Doch damit war das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Um jedoch noch höher aufzusteigen bedurfte es einer geschlossenen Kabine. Mit einem derartigen Ballon wagten sich erstmals der Schweizer Physiker Auguste Piccard und sein belgischer Kollege Max Cosyns im Jahr 1932 bis in eine Höhe von 16.940 Meter. Piccards Sohn Jaques schlug dann eine andere Richtung ein als sein Vater und erlag dem Rausch der Tiefe: er erreichte 1960 auf dem Grund des Marianengrabens den mit 10.916 Meter tiefsten Punkt der Weltmeere. Dessen Sohn Bétrand wiederum gelang 1999 die erste erfolgreiche Weltumrundung im Ballon.

Höhenrekorde der Ballonfahrt

Den Weltrekord in einer geschlossenen Kabine beträgt sage und schreibe 41.419 Meter und wurde am 14. Oktober 2014 von Alan Eustace im Zuge seines Stratosphären-Sprungs aufgestellt. Die größte Höhe die jemals von einem unbemannten Ballon erreicht wurde beträgt 51,8 km. Da der Umgebungsdruck und damit der Auftrieb in dieser Höhe nur noch etwa ein Tausendstel des Bodenwertes beträgt hatte dieser Ballon ein Volumen von 1,35 Millionen Kubikmetern, was einer Kugel mit etwa 140 Metern Durchmesser entspricht.

In diesen Höhen beginnt bereits die Mesosphäre, in der sich kaum noch Sonnenenergie aufnehmendes Ozon befindet, und somit die Temperatur wieder abzusinken beginnt. Will man noch höher hinaus und das Tor zum Weltraum in etwa 100 km Höhe durchstoßen, kann die Höhensucht nur noch mit Hilfe von Raketen befriedigt werden.