Ein ukrainischer Landwirt zeigt Getreide.
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Krieg gegen die Ukraine und die Folgen ++ 13 Getreide-Frachter an einem Tag ++

Stand: 04.09.2022 23:09 Uhr

Nach Angaben der Ukraine haben 13 Getreide-Schiffe die Häfen des Landes verlassen - der bislang größte Getreide-Konvoi. Ministerpräsident Schmyhal bekräftigt im tagesthemen-Interview das Ziel, die Krim zurückzuerobern. Alle Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen.

04.09.2022 • 23:09 Uhr

Ende des Liveblogs

Für heute beenden wir den Liveblog zum Krieg gegen die Ukraine. Wir danken herzlich für Ihr Interesse und sind morgen wieder mit einem neuen Liveblog für Sie da.

Die ukrainischen Streitkräfte haben nach Angaben aus Kiew im Gebiet Cherson die Ortschaft Wyssokopillja von der russischen Besatzung befreit. Der Vizechef des Präsidentenbüros, Kyrylo Tymoschenko, veröffentlichte dazu im Nachrichtendienst Telegram ein Foto von der gehissten Flagge. Allerdings gab es schon im Juni Berichte über die Rückeroberung dieser Ortschaft im nördlichen Teil der Region.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte bei einer Militärsitzung, die ukrainischen Flaggen kehrten zunehmend an jene Orte zurück, wo sie hingehörten. "Und es gibt keinen Platz für die Besatzer in unseren Land", sagte Selenskyj nach Angaben der Präsidialverwaltung in Kiew. Details nannte er nicht. Medienberichten zufolge hatten ukrainische Truppen außerdem die Ortschaft Oserne im Gebiet Donezk zurückerobert. Von unabhängiger Seite waren diese Angaben nicht überprüfbar.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Nach ukrainischen Angaben haben am Sonntag 13 Frachter mit Getreide die Häfen des Landes verlassen, die größte Zahl an einem Tag seit dem Inkrafttreten eines von den UN und der Türkei vermittelten Abkommens. An Bord seien 282.500 Tonnen Agrarprodukte, die an acht Staaten geliefert werden sollten, teilt das Ministerium für Infrastruktur mit. Den Angaben zufolge sind seit dem Abschluss des Abkommens im Juli 86 Schiffe mit zwei Millionen Tonnen Güter aus der Landwirtschaft in 19 Staaten aufgebrochen. Die Ukraine ist einer der wichtigsten Getreidelieferanten der Welt.

Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal hat das Ziel bekräftigt, auch die Krim von Russland zurückzuerobern. In der ukrainischen Gesellschaft herrsche die Meinung vor, "dass wir die Ukraine befreien sollen in den Grenzen, die im Jahr 1991 international anerkannt waren", sagte er im Interview mit den tagesthemen. Armee und Gesellschaft seien darauf eingestellt - nach "all den Gräueltaten", die die russische Armee in der Ukraine begangen habe. "Alle haben gesehen, was in den besetzten Gebieten geschieht, alle haben Mariupol gesehen." Russland hatte die zur Ukraine gehörende Schwarzmeer-Halbinsel Krim 2014 annektiert.

Denys Schmyhal, ukrainischer Ministerpräsident, zur Lage in der Ukraine und dem Gespräch mit Bundespräsident Steinmeier

tagesthemen 23:20 Uhr

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich in einem emotionalen Gastbeitrag vom scheidenden britischen Premier Boris Johnson verabschiedet. "Bei jedem Treffen und jeder Unterhaltung hat Boris eine sehr gute Frage gestellt: Was noch? Was braucht ihr noch?", schrieb Selenskyj in einem Beitrag in der britischen Zeitung "Mail on Sunday". Eine direkte und verlässliche Unterstützung wie diese sei nicht selbstverständlich und längst nicht alle Politiker bereit dazu.

Wir haben sogar scherzhaft angefangen, ihn "Boris Johnsoniuk" zu nennen, was wie ein ukrainischer Nachname klingt, wenn man die letzte Silbe betont - inspiriert von seinem Instagram-Account @borisjohnsonuk.

Er wisse, dass Johnson wegen "interner Herausforderungen" keine leichte Zeit gehabt habe. Er hoffe jedoch, dass dessen "Vermächtnis im Kampf gegen die russische Barbarei" bewahrt werde. Die Ukraine werde die Unterstützung ihres engen Verbündeten Großbritanniens weiterhin brauchen. Johnson scheidet nach etlichen Skandalen und enormem Druck aus den eigenen Reihen aus dem Amt. Als wahrscheinliche Siegerin der parteiinternen Abstimmung über seine Nachfolge gilt Außenministerin Liz Truss. Das Ergebnis sollte am Montag verkündet werden.

In Litauen sind die ersten deutschen Soldaten für die NATO-Brigade zum verstärkten Schutz des NATO-Partners eingetroffen. Mit einem Schiff wurden rund 100 Truppen der Panzergrenadierbrigade 41 und knapp 40 Militärfahrzeuge über die Ostsee in das baltische Land verlegt. Nach der Ankunft am Hafen der Stadt Klaipeda machte sich das Truppenkontingent auf den Weg zum litauischen Militärstützpunkt Rukla. 

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat die NATO einen verstärkten Schutz an der Ostflanke beschlossen. Deutschland soll  dabei eine Kampftruppen-Brigade mit 3000 bis 5000 Soldaten für  Litauen führen. Das deutsche Konzept sieht vor, Waffen, Munition und einen Führungsstab vor Ort zu stationieren. Der größte Teil der Soldaten wird in Deutschland bereitgehalten. Litauen grenzt an die russische Ostsee-Exklave Kaliningrad sowie an Russlands Verbündeten Belarus

CDU-Chef Friedrich Merz hat sich klar gegen Überlegungen ausgesprochen, die auf Eis liegende Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 zu öffnen. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine und mit Russlands Präsident Wladimir Putin könne dies nicht geschehen, sagte Merz in der ARD. Er warb stattdessen dafür, die drei noch im Betrieb befindlichen Atomkraftwerke in Deutschland über das Jahresende hinaus laufen zu lassen. Als möglichen Zeitraum nannte er "drei, vier, fünf Jahre".

Nach ukrainischen Angaben ist der bisher größte Konvoi von Getreideschiffen gestartet. Demnach seien 13 Schiffe in See gestochen, die rund 282.500 Tonnen landwirtschaftliche Produkte an Bord hätten. Die für acht Länder bestimmte Fracht soll demnach in den Schwarzmeerhäfen Odessa, Chornomorsk und Pivdennyi geladen worden sein.

Die Häfen waren durch die russische Invasion bis zu einem Abkommen vom 22. Juli, das von den Vereinten Nationen und der Türkei vermittelt wurde, vollständig blockiert worden. 86 Schiffe sind seitdem im Rahmen des Abkommens von ukrainischen Häfen aus in See gestochen und haben etwa zwei Millionen Tonnen landwirtschaftliche Produkte in 19 Länder transportiert, teilte das ukrainische Infrastrukturministerium in einer Erklärung auf Facebook mit.

Auch die finnische Regierung plant nach eigener Aussage, dem Energiesektor Liquiditätsgarantien in Höhe von bis zu 10 Milliarden Euro anzubieten, um eine nordische Finanzkrise zu verhindern. "Das hat alle Zutaten für ein 'Lehman Brothers' der Energiebranche", sagte Finnlands Wirtschaftsminister Mika Lintila unter Anspielung auf die Weltfinanzkrise von 2007, die mit der Pleite der US-Bank Lehman Brothers eskaliert war. Zuvor hatte bereits Schweden angekündigt, dem Energiesektor rund 23 Milliarden Euro an Liquiditätsgarantien geben zu wollen.

Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal hat bei seinem Besuch in Berlin um weitere Lieferungen von schweren Waffen für sein Land gebeten. Bei einem Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier unterstrich Schmyhal nach Angaben seines Büros, wie wichtig es für sein Land sei, dass die Waffenlieferungen "verstärkt" würden.

Die Ukraine hoffe, dass Deutschland insbesondere bei der Luftabwehr gegen die russischen Angreifer eine "führende Rolle" einnehmen werde. Die von Deutschland gelieferten Panzerhaubitzen des Typs 2000 sowie die Raketenwerfer Mars II hätten sich "auf dem Schlachtfeld bewährt", sagte Schmygal den Angaben zufolge bei dem Treffen mit dem Bundespräsidenten in Schloss Bellevue. "Wir hoffen, dass die Lieferungen schwerer Waffen ausgebaut werden können", fügte er demnach hinzu. Auf Twitter wiederholte Schmyhal die Aussagen.

Der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew hat Deutschland "hybride Kriegsführung" gegen Russland vorgeworfen und den russischen Gas-Lieferstopp mit Berlins "unfreundlichem" Verhalten im Ukraine-Konflikt begründet. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe Russland vorgeworfen, kein verlässlicher Energielieferant mehr zu sein, schrieb Medwedew im Onlinedienst Telegram. Tatsächlich aber sei es Deutschland, das "ein unfreundliches Land" sei, Sanktionen "gegen die gesamte russische Wirtschaft" verhängt habe und "tödliche Waffen" an die Ukraine liefere. "Mit anderen Worten, Deutschland hat Russland einen hybriden Krieg erklärt. Deutschland verhält sich wie ein Feind Russlands", verkündete der Ex-Präsident und heutige stellvertretende Vorsitzende des russischen Nationalen Sicherheitsrats.

Das Erdölkartell Opec+ wird bei seinem Treffen am Montag einem Zeitungsbericht zufolge die Fördermenge wahrscheinlich konstant halten. Russland lehne eine Förderkürzung zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab, berichtet das "Wall Street Journal" und beruft sich auf mit dem Vorgang vertraute Personen. Zur Opec+ gehören neben den Staaten der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) auch andere Produzenten wie Russland. Spekulationen auf einen Beschluss Opec+ zu einer weiteren Förderdrosselung hatten zuletzt die Ölpreise getrieben.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigt sich entspannt angesichts Erwartungen einer Protestwelle im Herbst. Er nehme die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst und verstehe auch kritische Frage zur Ukraine- oder Energiepolitik der Regierung, sagt er im ZDF-Sommerinterview. Die Regierung versuche ihre Position zu erklären und Bedingungen zu schaffen, damit niemand übermäßig belastet werde. "Ich bin sicher, dass Deutschland auch als Demokratie durch diese Zeit kommt." Die Bundesrepublik sei nicht nur wirtschaftlich stark, sondern auch ein Sozialstaat.

Nach dem Stopp der Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 hat der Kreml der EU die Schuld dafür gegeben. "Wenn die Europäer eine absolut absurde Entscheidung treffen, wonach sie sich weigern, ihre Anlagen zu warten, oder besser gesagt, Anlagen, die Gazprom gehören, dann ist das nicht die Schuld von Gazprom, sondern die Schuld der Politiker, die Entscheidungen über Sanktionen getroffen haben", sagte Sprecher Dmitri Peskow in der im Staatsfernsehen ausgestrahlten Sendung "Moskau. Kreml. Putin.", wie die Nachrichtenagentur Interfax meldete.

Nach Peskows Angaben sind die Europäer vertraglich zur Wartung der Anlage des russischen Energieriesens Gazprom verpflichtet. Politiker sorgten nun dafür, "dass ihre Bürger Schlaganfälle erleiden, wenn sie ihre Stromrechnungen sehen", meinte Peskow mit Blick auf die rasant gestiegenen Energiepreise.

Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal hat bei einem Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Berlin für die deutsche Hilfe gedankt. Bei dem Treffen mit dem Bundespräsidenten sei es um die militärische Lage in der Ukraine, um die Verschärfung der Sanktionen gegen Russland und um weitere Waffenlieferungen an die Ukraine gegangen, erklärte Schmyhal im Kurzbotschaftendienst Twitter. Er habe sich "für die Solidarität mit den Ukrainern und die Unterstützung bedankt", schrieb Schmyhal - und fügte hinzu: "Wir werden gewinnen."

Steinmeier habe bei dem einstündigen Treffen zugesichert, dass Deutschland "weiter zuverlässig solidarisch an der Seite der Ukraine stehen" werde, erklärte die Sprecherin des Bundespräsidenten auf Twitter. Die beiden Politiker hätten sich auch über "Hilfe beim Wiederaufbau der Ukraine" ausgetauscht.

Weitere Gesprächspartner Schmyhals bei seinem Berlin-Besuch sind Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD). Schulze sagte der Ukraine vor dem Treffen Hilfen in Höhe von 200 Millionen Euro für die Versorgung von Binnenflüchtlingen zu.  "Der Großteil unserer neuen Hilfen, 200 Millionen Euro, soll in ein Programm der ukrainischen Regierung zur Unterstützung von Binnenvertriebenen fließen", sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Das Geld solle dabei helfen, dass sich die Vertriebenen innerhalb der Ukraine "weiterhin mit dem Nötigsten selbst versorgen können". Auch dafür bedankte sich Schmyhal via Twitter.

Trotz schwerster Spannungen mit dem Westen rechnet der Kreml damit, dass sich Beziehungen irgendwann wieder normalisieren werden. "Jede Konfrontation endet mit einer Entspannung, und jede Krisensituation endet am Verhandlungstisch", sagte Sprecher Dmitri Peskow in der im Staatsfernsehen ausgestrahlten Sendung "Moskau. Kreml. Putin.", wie die Nachrichtenagentur Interfax meldete. "Das wird auch diesmal der Fall sein."

Wahrscheinlich sei, dass es nicht so schnell geschehen werde, aber es werde passieren. Mit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar hat der Westen beispiellose Sanktionen gegen Moskau verhängt. Schon vorher waren die Beziehungen stark belastet.

Der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat auf dem Ökumene-Gipfel in Karlsruhe dazu aufgerufen, weiter für ein Ende des Ukraine-Krieges zu beten. Die Kirchen würden nicht aufhören, für einen "gerechten Frieden zu beten, der militärische Aggression nicht belohnt", sagte der bayerische Landesbischof in einem ökumenischen Gottesdienst in der katholischen Kirche St. Stephan im Rahmen der 11. Vollversammlung des Weltkirchenrates, an der Bedford-Strohm als EKD-Delegierter teilnimmt.

Ein Krieg bringe niemals Gewinner hervor, "sondern nur Verlierer", fügte Bedford-Strohm hinzu. Alle spürten das "schreckliche Dilemma zwischen der moralischen Fragwürdigkeit der Teilnahme an der Sünde des Krieges auf der einen Seite und der Notwendigkeit eines wirksamen Widerstands gegen einen Aggressor, der die Mindeststandards des Völkerrechts und der humanitären Regeln brutal missachtet, auf der anderen Seite".

Die Ukraine rechnet nach den Worten des ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal damit, kommende Woche fünf Milliarden Euro von der EU zu erhalten. Damit solle die Wirtschaft und die Armee unterstützt werden. Außerdem diene das Geld der Vorbereitung auf den kommenden Winter, teilt er auf Telegram mit.

04.09.2022 • 13:16 Uhr

Dauer der IAEA-Mission noch unklar

Die Dauer des Aufenthaltes von internationalen Atomexperten in dem von Russland besetzten Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine ist noch nicht restlos geklärt. "Was die Mission angeht, so wird sie vorläufig bis zum 5. September funktionieren. Das heißt, morgen arbeiten sie noch", sagte Wladimir Rogow, einer der russischen Besatzer, dem Radiosender der russischen Zeitung "Komsomolskaja Prawda", wie er am Sonntag bei Telegram schrieb. "Und am 6. ziehen sie ab. Das ist noch vorläufig. Sie können ihren Aufenthalt verlängern", sagte der Vertreter, ohne Details zu nennen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die Inspekteure der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA sind seit Donnerstag in dem AKW, um es nach Angriffen auf Schäden hin zu untersuchen. IAEA-Chef Rafael Grossi sprach zuletzt von einer "dauerhaften Mission". Auch in einer IAEA-Mitteilung vom Samstagabend war von "kontinuierlichen Arbeiten" die Rede.

Das Atomkraftwerk Saporischschja speist weiterhin Strom über eine Reserveleitung in das Netz ein. Das teilte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) mit. Ein Beamter der von Russland eingesetzten Verwaltung in Saporischschja sagte einem Radiosender, die Situation um das Kernkraftwerk sei bisher ruhig gewesen. Es habe weder Beschuss noch Einfälle gegeben.

Silke Diettrich, NDR, zzt. Kiew, 04.09.2022 12:05 Uhr

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine für die schwierige Lage auch in Deutschland verantwortlich gemacht. "Unser Land steht vor einer schweren Zeit", sagte Scholz in Berlin bei der Vorstellung des dritten Entlastungspakets der Bundesregierung zur Abfederung steigender Preise für die Bürger. Der Krieg habe Folgen auch für Engpässe bei der Energieversorgung: "Putins Russland ist vertragsbrüchig geworden", es erfülle seine Lieferverträge schon lange nicht mehr.

Russland ist kein zuverlässiger Energielieferant mehr.

Scholz äußerte sich zugleich zuversichtlich, dass man die schwierige Zeit überstehen werde. Ihm sei bewusst, dass sich sehr viele Bürger große Sorgen um ihre Zukunft und hohe Preise machten. Das treibe auch die Bundesregierung und die Koalition um. Am schlimmsten seien Tod und Zerstörung, die Putin zu verantworten habe, sagte der Kanzler. Er betonte die Unterstützung der Bundesregierung für die Ukraine.

Das dritte Entlastungspaket der Ampel-Koalition soll ein Gesamtvolumen von mehr als 65 Milliarden Euro haben. Das geht aus dem Beschlusspapier des Koalitionsausschusses von SPD, Grünen und FDP hervor, das in Berlin veröffentlicht wurde. Damit ist das Entlastungspaket umfangreicher als die ersten beiden Entlastungspakete der Bundesregierung.

Bei einer Pressekonferenz sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) außerdem: Die bisher zum 1. Januar 2023 geplante Erhöhung des CO2-Preises um fünf Euro pro Tonne wird um ein Jahr auf den 1. Januar 2024 verschoben. Nun sei nicht die Zeit für CO2-Preise, erklärte der Kanzler. Zudem sollen sogenannte Übergewinne etwa bei Energiekonzernen besteuert werden. Man werde diese nun "Zufallsgewinne" genannten Profite entweder auf europäischer Ebene oder aber auf nationaler Ebene abschöpfen, sagt Scholz. Die bestehenden Hilfsprogramme für Unternehmen werden laut Scholz bis zum 31. Dezember 2022 verlängert.

Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal ist in Berlin von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfangen worden. Später empfängt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Gast mit militärischen Ehren im Kanzleramt.

Denys Schmyhal und Frank-Walter Steinmeier

Denys Schmyhal und Frank-Walter Steinmeier

Beim Gespräch zwischen Scholz und Schmyhal soll es nach Angaben der Bundesregierung vor allem um den russischen Angriffskrieg in der Ukraine sowie Fragen des Wiederaufbaus gehen. Der Wiederaufbau dürfte auch Thema bei einem Treffen Schmyhals mit Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sein.

Tobias Dammers, WDR, zzt. Kiew, zu Schmyhalls Besuch in Berlin

tagesschau24 09:00 Uhr

Nach Einschätzung britischer Geheimdienste dürfte die mangelnde Moral russischer Truppen in der Ukraine auch an einer schlechten Bezahlung liegen. Neben hohen Opferzahlen und einer zunehmenden Kampfmüdigkeit gehöre die Besoldung zu den größten Missständen, hieß es in einem Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums.

Üblicherweise bestehe der Lohn russischer Soldaten aus einem Grundgehalt, das nach einem komplexen System um verschiedene Zuschüsse und Bonuszahlungen aufgestockt wird. Bei der Auszahlung dieser Boni gebe es in der Ukraine mit hoher Wahrscheinlichkeit signifikante Probleme, hieß es von den Briten. Das liege mutmaßlich an einer ineffizienten Bürokratie des Militärs und dem unklaren rechtlichen Status der "Militäroperation". Zu einem gewissen Grad sei auch die Korruption unter den Kommandeuren Teil des Problems.

Auch an der Bereitstellung geeigneter Uniformen, Waffen und weiterer Versorgung hakt es nach Einschätzung der Geheimdienste. Auch dies trage sicherlich zu der brüchigen Moral in den Truppen bei. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar veröffentlicht die britische Regierung regelmäßig Geheimdienstinformationen zu dessen Verlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.

Die ukrainische Armee hat im Krieg gegen die russische Armee einen Angriff auf einen "feindlichen Kommandoposten" gemeldet. Ein genauer Ort wurde am Sonntag von der Armee in Kiew zunächst nicht genannt. Bei dem Angriff seien militärische Ausrüstung getroffen und ein mobiles Radarsystem zerstört worden. Zudem seien russische Angriffe etwa bei der Stadt Bachmut im Donbass und der nahegelegenen Siedlung Pokrowske abgewehrt worden. Die Angaben ließen sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen.

Die ukrainische Armee registrierte zudem mehr als 24 Luftangriffe des "Feindes" innerhalb von 24 Stunden. Dabei seien militärische und zivile Objekte getroffen worden, hieß es in dem Bericht. Details wurden keine genannt. Weil es Russland an hochpräzisen Waffen fehle, setze die russische Armee "häufiger veraltete Raketensysteme vom Typ S-300" ein. Mehr als 500 dieser Raketen seien bereits auf das Staatsgebiet der Ukraine abgefeuert worden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnt mit Blick auf die ausbleibenden Gaslieferungen über die Ostseepipeline Nord Stream 1, Russland plane Maßnahmen gegen Europa. "Russland bereitet eine massive Energie-Attacke gegen alle Europäer im Winter vor", erklärt er in seiner regelmäßigen nächtlichen Ansprache.

Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal kommt heute nach Berlin. Er wird zunächst von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfangen. Später empfängt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Gast mit militärischen Ehren im Kanzleramt. Eine zunächst für den Nachmittag angesetzte Pressekonferenz von Scholz und Schmyhal wurde am Samstag vom Bundeskanzleramt mit Verweis auf Termingründe abgesagt.

Beim Gespräch zwischen Scholz und Schmyhal soll es nach Angaben der Bundesregierung vor allem um den russischen Angriffskrieg in der Ukraine sowie Fragen des Wiederaufbaus gehen. Der Wiederaufbau dürfte auch Thema bei einem Treffen Schmyhals mit Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sein.

Entwicklungsministerin Svenja Schulze hat der Ukraine neue Hilfen im Umfang von 200 Millionen Euro zugesagt. "Ich werde mit Ministerpräsident Schmyhal darüber sprechen, wie wir die ukrainische Regierung bei der Versorgung der vertriebenen Menschen weiter unterstützen können. Dabei geht es um Wohnraum, Wärme, Kleidung und Medizin", sagte die Ministerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Der Großteil dieser neuen Hilfen sollen demnach in ein Programm der ukrainischen Regierung zur Unterstützung von Binnenvertriebenen fließen. "Das Geld soll dabei helfen, dass sich die Vertriebenen in der Ukraine weiterhin mit dem Nötigsten selbst versorgen können", erklärte Schulze.

Trotz des Stopps der Erdgaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 haben die deutschen Gasspeicher früher als angepeilt einen Füllstand von 85 Prozent erreicht. Dies geht aus Daten der europäischen Gas-Infrastruktur-Unternehmen hervor. Die Bundesregierung hat diesen Füllstand ab Oktober vorgesehen, gefolgt von 95 Prozent ab Anfang November.

Das Zwischenziel von 75 Prozent war Mitte August erreicht worden und damit ebenfalls früher als die Vorgabe vom 1. September. Die Speicherfüllung gilt als ein entscheidendes Element dafür, dass Deutschland ohne Gas-Abschaltungen durch den Winter kommt.

Schweden will Energiefirmen im nordischen und baltischen Raum, die durch den Gaslieferstopp durch Nord Stream 1 unter Druck geraten, mit Milliarden Euro stützen. Die Ukraine meldet mehrere russische Raketenangriffe.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten am 04. September 2022 tagesschau24 ab 09:00 Uhr und die tagesschau ab 10:00 Uhr.