Magdalena Andersson
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Krieg gegen die Ukraine und die Folgen ++ Schweden stützt Energiefirmen mit Milliarden ++

Stand: 03.09.2022 23:06 Uhr

Schweden will Energiefirmen im nordischen und baltischen Raum, die durch den Gaslieferstopp durch Nord Stream 1 unter Druck geraten, mit Milliarden Euro stützen. Die Ukraine meldet mehrere russische Raketenangriffe. Die Entwicklungen vom Samstag zum Nachlesen.

03.09.2022 • 23:06 Uhr

Ende des Liveblogs

Für heute beenden wir den Liveblog zum Krieg gegen die Ukraine. Wir danken herzlich für Ihr Interesse.

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat angesichts des russischen Gaslieferstopps durch Nord Stream 1 zu noch mehr Einigkeit in Europa aufgerufen. "Russland will das normale Leben jedes Europäers zerstören - in allen Ländern unseres Kontinents", sagte Selenskyj. Es gehe darum, die Staaten in Europa zu schwächen und einzuschüchtern.

Russland verwende dazu neben Panzern und Raketen auch Energie als Waffe. In diesem Winter bereite Russland den "entscheidenden Schlag" im Energiesektor vor. Dagegen helfe nur ein noch größerer Zusammenhalt, sagte Selenskyj. Die Europäer müssten ihre Gegenmaßnahmen besser koordinieren und einander mehr Hilfe leisten. Zudem müsse der Druck auf Russland erhöht werden, um die Öl- und Gaseinnahmen des Landes zu begrenzen.

Durch russische Angriffe und fahrlässigen Umgang mit Munition sind in der Ukraine mehrere Kinder getötet und verletzt worden. "In Selenodolsk haben die Russen einen neunjährigen Jungen getötet", teilte der Militärgouverneur der zentralukrainischen Region Dnipropetrowsk, Walentyn Resnitschenko, auf seinem Telegram-Kanal mit. Insgesamt seien durch die Raketenangriffe etwa zehn Personen verletzt worden, die meisten davon schwer. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben ist nicht möglich.

Raketenangriffe gab es auch in der Region Mykolajiw im Süden der Ukraine. Dort soll ein achtjähriges Kind durch die Einschläge getötet worden sein, zwei weitere Kinder und vier Erwachsene wurden verletzt.

Im Norden der Ukraine, im Gebiet Tschernihiw meldeten die Behörden zwar auch zahlreiche russische Artillerieeinschläge, bei denen mehrere Gebäude beschädigt wurden. Hier aber war allem Anschein nach Fahrlässigkeit an der Verletzung mehrerer Kinder schuld: Bei einer Waffenausstellung in der Gebietshauptstadt Tschernihiw löste sich ein Schuss aus einem Granatwerfer. Bei dem Vorfall wurden fünf Menschen, darunter vier Kinder im Alter zwischen zwei und zwölf Jahren, verletzt.

Die verbliebene Hauptverbindung des russisch besetzten AKW Saporischschja ist erneut unterbrochen worden. Das Kraftwerk liefere aber weiterhin Strom über eine Reserveleitung, teilte die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) mit. Einer der beiden aktiven Reaktoren sei am Nachmittag vom Netz getrennt worden, der andere laufe aber normal weiter und produziere auch die Energie für die Sicherheitssysteme des Kraftwerks.

Zuvor hatte die vom Kreml eingesetzte Stadtverwaltung von Enerhodar erklärt, dass das AKW keinen Strom mehr in die nicht besetzten Gebiete liefere.

In der tschechischen Hauptstadt Prag demonstrieren Zehntausende gegen steigende Energiepreise sowie gegen die Europäische Union und die NATO. Die Polizei schätzt die Zahl der Teilnehmer auf rund 70.000. Zu der Kundgebung aufgerufen haben rechtsextreme Parteien wie auch die Kommunistische Partei.

Der Anstieg der Preise vor allem von Strom und Gas werde im Herbst die Wirtschaft zerstören, erklärt einer der Organisatoren. Ministerpräsident Petr Fiala, der mit einer Mitte-Rechts-Koalition regiert, kritisiert, die Demonstration sei von pro-russischen Kräften mitverantwortet und schade den Interessen des Landes.

Nach dem Betriebsstopp der Gaspipeline Nord Stream 1 will Schweden mit milliardenschweren Staatshilfen für seine Energiebranche eine Finanzkrise abwenden. Ministerpräsidentin Magdalena Andersson kündigt an, die Regierung werde Energieunternehmen Liquiditätsgarantien im Wert von mehreren hundert Milliarden Kronen anbieten. Das entspricht Dutzenden Milliarden Euro.

"Russlands Energiekrieg hat ernsthafte Konsequenzen für Europa und schwedische Haushalte und Unternehmen", sagte Schwedens Regierungschefin Magdalena Andersson. Dies gelte "insbesondere in Südschweden, das von den Strompreisen in Deutschland abhängig ist, die wiederum sehr abhängig von Gas sind". 

"Wenn wir nicht bald handeln, könnte dies zu ernsthaften Störungen in den nordischen Ländern und im Baltikum führen", mahnte Andersson. "Im schlimmsten Fall würden wir in eine Finanzkrise stürzen." Der schwedische Finanzminister Mikael Damberg sagte bei der Pressekonferenz, Schwedens Maßnahmen würden "die finanzielle Stabilität nicht nur von Schweden, sondern von der gesamten nordischen Region sichern".

Die ukrainische First Lady Olena Selenska hat angesichts der Debatte über steigende Verbraucherpreise in Europa an die menschlichen Kosten des Krieges in ihrem Land erinnert. "Während ihr anfangt, die Pfennige auf eurem Konto oder in eurer Tasche zu zählen, tun wir das gleiche und zählen unsere Opfer", sagte die Frau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem BBC-Interview, das am Sonntag in voller Länge ausgestrahlt werden soll.

Die Geschichten der Menschen, die vor dem Krieg fliehen oder sogar ihr Leben verlieren, und ihre Gesichter müssten in aller Welt bekannt werden, sagte die 44-Jährige.

Nicht die Zahl der gefallenen Bomben oder die ausgegebenen Summen, sondern menschliche Geschichten - und davon gibt es Tausende.

Nachdem das russisch besetzte Atomkraftwerk Saporischschja am frühen Samstagmorgen erneut vom Netz genommen wurde, gibt es derzeit wohl keine Stromlieferungen mehr in ukrainisches Gebiet. Wegen technischer Schwierigkeiten sei die Stromversorgung der von der Ukraine kontrollierten Gebiete ausgesetzt worden, erklärte die Stadtverwaltung auf Telegram. Ob noch Strom in russisch besetzte Gebiete floss, war unklar.

Tobias Dammers, WDR, zzt. Kiew, mit Informationen zur Lage am AKW-Saporischschja

tagesschau24 16:00 Uhr

"Die Dneprowskaja-Stromleitung ist getroffen worden. Das Kernkraftwerk hat auf Eigenversorgung umgeschaltet", schrieb Wladimir Rogow, ein Mitglied der vom Kreml eingesetzten Regionalverwaltung, auf Telegram. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.

Die EU ist laut Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni für einen möglichen vollständigen russischen Gas-Lieferstopp gut gerüstet. "Wir sind gut darauf vorbereitet, Russlands extremer Nutzung von Gas als Waffe standzuhalten", sagte der EU-Kommissar am Samstag am Rande eines Wirtschaftsforums in der italienischen Stadt Cernobbio am Comer See. Er verwies auf die verstärkte Speicherung von Erdgas in der Europäischen Union sowie Maßnahmen zum Einsparen von Energie.

Wir haben keine Angst vor den Entscheidungen Putins.

Die EU verlange "von den Russen, die Verträge einzuhalten, aber wenn sie das nicht tun, sind wir bereit zu reagieren". Der russische Gasriese Gazprom hat die Gaslieferungen nach Deutschland durch die Pipeline Nord Stream 1 auf unbestimmte Zeit unterbrochen. Gentinloni betonte, die Gasspeicher in der EU seien "dank einer Diversifizierung" der Lieferungen derzeit zu rund 80 Prozent gefüllt. In Deutschland liegt der Füllstand bei mehr als 84 Prozent.

Das ukrainische Militär setzt nach russischen Angaben seine Gegenoffensive im Süden des Landes fort, allerdings mit hohen Verlusten. Das "Regime" aus Kiew führe seine erfolglosen Versuche fort, sich im Raum zwischen Mykolajiw und Krywyj Rih festzusetzen, berichtete das Verteidigungsministerium am Samstag in Moskau.

Dabei habe die Ukraine 23 Panzer und 27 Kampffahrzeuge verloren. Zudem sollen mehr als 230 Soldaten getötet worden sein. In Krankenhäusern fehlten Betten und Blutkonserven. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Die Ukraine selbst gibt keine genaueren Auskünfte zu der am Montag gestarteten Offensive.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

03.09.2022 • 13:40 Uhr

Siemens: Keine Anfrage von Gazprom

Gazprom teilte mit, Siemens sei bereit, Reparaturen an der Nord Stream 1-Pipeline durchzuführen - sei aber nicht verfügbar, um die Arbeiten durchzuführen. Siemens meldete dagegen, es habe keine Anfrage von Gazprom gegeben, Arbeiten an der Pipeline durchzuführen.

Die Bundesnetzagentur erklärt, die von Gazprom gemeldeten Mängel seien nach ihrer Einschätzung kein Grund für die Einstellung des Betriebes der Verdichterstation für die Pipeline Nord Stream 1.

Die Versorgungslage sei angespannt und eine weitere Verschlechterung der Situation könne nicht ausgeschlossen werden, heißt es in dem Lagebericht der Behörde. "Die Gasversorgung in Deutschland ist im Moment aber stabil. Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist derzeit weiter gewährleistet."

Drei Tage Wartungsarbeiten waren ursprünglich an der Pipeline angekündigt gewesen. Danach sollte wieder Gas durch Nord Stream 1 fließen. Doch es kam anders: Am Freitagabend teilte Gazprom überraschend mit, dass der Gasdurchfluss vorerst gestoppt bleibe. Nach Angaben auf der Webseite der Nord Stream AG floss in der Nacht dann auch tatsächlich kein Gas durch die Pipeline. Der Grund für den Stopp sei ein Ölaustritt in der Kompressorstation Portowaja, teilte Gazprom mit. Bis dieser gestoppt sei, könne kein Gas mehr fließen.

Ukrainische Streitkräfte sollen nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums am Freitagabend versucht haben, das Kernkraftwerk Saporischschja bei einem Angriff auf die Anlage zu erobern. Das Ministerium sagte, eine ukrainische Seestreitmacht von mehr als 250 Soldaten habe versucht, an der Küste eines Sees in der Nähe des Kernkraftwerks Saporischschja in der Südukraine zu landen. Russland sagte, seine Streitkräfte hätten den Angriff mit Militärhubschraubern und Kampfjets vereitelt.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Das russisch besetzte Atomkraftwerk Saporischschja ist am frühen Samstagmorgen erneut vom Netz genommen worden. Die von Russland eingesetzte Verwaltung teilte mit, durch anhaltenden Beschuss sei eine wichtige Stromleitung zerstört worden. Auf dem Gelände seien mehrere Geschosse eingeschlagen.

Derzeit hält sich ein Team der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA im Kraftwerk auf, um die Sicherheit der Anlage zu prüfen. "Die Dneprowskaja-Stromleitung ist getroffen worden. Das Kernkraftwerk hat auf Eigenversorgung umgeschalte", schrieb Wladimir Rogow, ein Mitglied der vom Kreml eingesetzten Regionalverwaltung, auf Telegramm. Seine Angaben konnten nicht umgehend überprüft werden.

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Rafael Grossi, teilte Freitagabend nach seiner Rückkehr aus Saporischschja mit, die Anlage des größten europäischen AKWs sei durch die Kämpfe mehrmals beschädigt worden.

Vier der sechs IAEA-Spezialisten kehren aus der Ukraine zurück - zwei bleiben im Kernkraftwerk Saporischschja

tagesschau 12:50 Uhr

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bietet sein Land als Vermittler im Streit über das AKW Saporischschja an. Das teilt das Präsidialbüro in Ankara nach einem Telefonat Erdogans mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin mit. Bei Staatsoberhäupter hätten zudem ihre Entschlossenheit betont, dass die Arbeiten an dem im türkischen Akkuya geplanten Atomkraftwerk fortgesetzt werden sollten.

In zwölf der sechzehn deutschen Bundesländer können derzeit keine neuen Geflüchteten weiterverteilt werden. Das RedaktionsNetzwerk Deutschland berichtete unter Berufung auf das Bundesinnenministerium, Hintergrund seien die hohen Zahlen an Geflüchteten aus der Ukraine und von Asylbewerbern aus anderen Staaten. Es sei auch ein Anstieg auf der Balkanroute zu beobachten.

Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte dem RND: "Vor dem Hintergrund der hohen Zugangszahlen haben derzeit zwölf Länder eine Sperre im Erstverteilungssystem aktiviert." Temporäre Sperren für die Neuaufnahme von Geflüchteten seien der Sprecherin zufolge indes "nicht ungewöhnlich". Zudem sei eine Verteilung weiter möglich, da große Bundesländer noch Menschen aufnehmen könnten. Der Bund helfe durch die Bereitstellung von 318 Bundesliegenschaften und prüfe weitere Unterstützungsmaßnahmen, erklärte die Sprecherin dem Medienbericht zufolge.

EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni fordert Russland auf, seine Energieabkommen einzuhalten. "Aber selbst wenn der Einsatz von Energielieferungen als Waffe fortgesetzt wird, ist die EU eingestellt, darauf zu reagieren", sagt er auf der Wirtschaftskonferenz Ambrosetti Forum in Italien. Als Beleg verweist er auf hohe Gasspeicherbestände und die Pläne zur Energieeinsparung im Winter.

Die Ukraine forciert bei ihrer Gegenoffensive in der Region Cherson im Süden des Landes britischen Geheimdiensten zufolge derzeit einen breiten Vormarsch auf drei Achsen westlich des Flusses Dnipro. Diese Offensive habe zwar nur begrenzt unmittelbare Ziele, habe die Russen aber mutmaßlich taktisch überrascht, hieß es in einem Kurzbericht des Verteidigungsministeriums in London. Damit würden logistische Mängel und Schwächen in der Führung der russischen Offensive entlarvt. Russische Kommandeure müssten sich nun entscheiden, auf welche Region sie sich im Blick auf Nachschub und Reservetruppen konzentrieren wollten.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar veröffentlicht die britische Regierung regelmäßig Geheimdienstinformationen zu dessen Verlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine hat der polnische Grenzschutz mehr als sechs Millionen Einreisen aus dem Nachbarland registriert. Am Freitag kamen 22.200 Menschen, wie die Behörde mitteilte. In die umgekehrte Richtung überquerten 25.700 Menschen die Grenze. Damit setzte sich ein Trend der vergangenen Wochen fort: Inzwischen gibt es im Tagesdurchschnitt mehr Rückkehrer als Ausreisende. Polen und die Ukraine verbindet eine mehr als 500 Kilometer lange Grenze. Dies ist zugleich eine der Ostgrenzen der Europäischen Union.

Insgesamt sind seit Kriegsbeginn am 24. Februar 4,2 Millionen von Polen aus in die Ukraine eingereist. Dabei handelte es sich nach Angaben der Behörden zum Großteil um ukrainische Staatsbürger. Es gibt keine offiziellen Angaben, wie viele Kriegsflüchtlinge in Polen geblieben und wie viele in andere EU-Staaten weitergereist sind. Die Ukraine hatte vor dem russischen Einmarsch mehr als 44 Millionen Einwohner.

Gazprom will nach dem Ausbleiben von Gaslieferungen über die Ostseepipeline Nord Stream 1 mehr Erdgas über eine durch die Ukraine führende Pipeline nach Europa pumpen. Am Samstag sollten 42,7 Millionen Kubikmeter Erdgas durch die Pipeline fließen, kündigte der russische Gasriese an.

Am Freitag waren an der Einfüllstelle Sudscha 41,3 Millionen Kubikmeter Gas registriert worden, die durch die ukrainische Pipeline geliefert wurden. Allerdings reichen die zusätzlichen Mengen nicht aus, um den Ausfall des Gases auszugleichen, das über Nord Stream 1 gepumpt werden sollte.

Freitagabend hatte Gazprom überraschend mitgeteilt, die für Samstag geplante Wiederaufnahme der Gaslieferungen über Nord Stream 1 wegen eines Öllecks bis auf weiteres auszusetzen.

Gaspipelines

Die Jamal-Pipeline ist eine von drei Hauptleitungen, die auch Deutschland mit Erdgas aus Russland versorgen. Die mehr als 4000 Kilometer lange Pipeline verläuft von den Jamal-Gasfeldern in Sibirien durch Russland, Belarus und Polen bis zum Oderbruch in Brandenburg. Für die deutsche Gasversorgung hat sie allerdings eine geringere Bedeutung als die Pipelines Nord Stream 1 und Transgas.

Seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine vor mehr als einem halben Jahr sind nach Angaben aus Kiew mindestens 380 Kinder getötet worden. Das teilte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft im Nachrichtenkanal Telegram mit. Zudem seien mindestens 737 Kinder in den vergangenen sechs Monaten verletzt worden. Die Staatsanwaltschaft verwies darauf, dass es sich um vorläufige Zahlen handle. Es sei schwierig, Daten in von Russland besetzten oder umkämpften Gebieten zu erfassen.

Im Gebiet Donezk im Osten habe es mit 388 Opfern die meisten verletzten und getöteten Kinder gegeben, gefolgt vom Gebiet Charkiw (204). Ferner seien insgesamt 2328 Bildungseinrichtungen durch Bomben oder Beschuss beschädigt worden. 289 davon seien völlig zerstört worden. Die Behörde machte Russland dafür verantwortlich.

Nach der Abberufung des umstrittenen Botschafters Andrij Melnyk steht nun fest, wer die Ukraine künftig in Deutschland vertreten soll: Die Regierung in Kiew habe ein sogenanntes Agrémentersuchen für Oleksij Makejew gestellt, teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes mit. Dieses Agrément sei bereits durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erteilt worden. Damit kann Makejew nun nach Deutschland einreisen und dem Bundespräsidenten sein Beglaubigungsschreiben übergeben. Erst dann ist die Akkreditierung abgeschlossen.

Nach Informationen der "Welt" soll der 46-jährige Diplomat, der fließend deutsch spreche, am 15. Oktober sein Amt antreten. Makejew studierte der Zeitung zufolge internationale Beziehungen an der staatlichen Universität in Kiew und trat schon mit 21 Jahren in den diplomatischen Dienst ein. Er sei auch schon als Diplomat in Berlin tätig gewesen. 2014 wurde er laut der "Welt" zum Leiter der politischen Abteilung des Kiewer Außenministeriums berufen. Seit zwei Jahren sei er Sonderbeauftragter der ukrainischen Regierung für internationale Sanktionspolitik.

Die Ukraine will Deutschland mit der Lieferung von Atomstrom auf dem Weg aus der Abhängigkeit von russischen Energielieferungen unterstützen. "Derzeit exportiert die Ukraine ihren Strom nach Moldau, Rumänien, in die Slowakei und nach Polen. Aber wir sind durchaus bereit, unsere Exporte auf Deutschland zu erweitern", sagte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal der Deutschen Presse-Agentur.

Parallel zum russischen Einmarsch Ende Februar hatte die Ukraine sich zusammen mit dem Nachbarland Moldau vom ehemals sowjetischen Stromnetz abgekoppelt. Mitte März erfolgte die Synchronisierung mit dem europäischen Netzwerk. Seitdem exportiert das Land täglich zwischen 400 und 700 Megawattstunden Strom in die Europäische Union und nach Moldau. Schmyhal will die Exportquoten für die EU nun um ein Vielfaches erhöhen. "Das wäre für beide Seiten sehr gut. Die EU bekäme mehr Energie und wir die Devisen, die wir dringend benötigen"", sagte der Ministerpräsident.

In der Ukraine werden Atomkraftwerke sowjetischer Bauart mit einer Gesamtkapazität von mehr als 14 Gigawatt betrieben. Sechs Blöcke im Atomkraftwerk Saporischschja in Enerhodar befinden sich allerdings seit März unter russischer Kontrolle. Die internationale Gemeinschaft ist in großer Sorge, dass Kriegshandlungen in der Nähe des größten Atomkraftwerks Europas zu einem Atomunfall führen könnten.

Trotz des anhaltenden russischen Gas-Lieferstopps durch die Pipeline Nord Stream 1 kann nach Einschätzung der Gasspeicherbetreiber in Deutschland weiter Erdgas eingespeichert werden. Der vergangene Mittwoch als erster Tag der Lieferunterbrechung habe dies bereits gezeigt, sagte der Geschäftsführer des Branchenverbandes Initiative Energien Speichern (INES), Sebastian Bleschke, der dpa.

Unterm Strich seien an diesem Tag bundesweit 611 Gigawattstunden Gas hinzugekommen, sagte Bleschke. Zum Vergleich: Am Montag, dem letzten Tag vor der angekündigen Lieferreduktion, transportierte Nord Stream 1 rund 348 Gigawattstunden russisches Erdgas. """Ich gehe davon aus, dass Einspeicherungen auf diesem Niveau aufrechterhalten werden können, so dass das 85-Prozent-Ziel in wenigen Tagen erreicht werden wird"", sagte Bleschke weiter. "Sollte der komplette Ausfall russischer Gastransporte sich bis in den November fortsetzen, wird ein Erreichen des 95-Prozent-Ziels allerdings große Anstrengungen erfordern."

Laut einer neuen Verordnung sollen die Speicher in Deutschland am 1. November zu mindestens 95 Prozent gefüllt sein. Die Bundesregierung will mit verschiedenen Maßnahmen erreichen, dass die Gasspeicher in Deutschland zu Beginn der Heizperiode fast voll sind. Deutschland soll damit im Winter besser gegen einen Totalausfall russischer Lieferungen gewappnet sein. Die bei einem Füllstand von 95 Prozent gespeicherte Gasmenge entspricht etwa dem bundesweiten Verbrauch der beiden Monate Januar und Februar 2022.

Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine am 24. Februar sind nach Kenntnis des Innenministeriums 26 deutsche Rechtsextremisten in die Ukraine gereist. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf Frage der Linken-Fraktion im Bundestag hervor, die dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vorliegt.

Bei einer mittleren einstelligen Zahl lägen tatsächliche Anhaltspunkte für eine angestrebte Beteiligung an Kampfhandlungen vor, heißt es in der Antwort der Bundesregierung. "Bei knapp der Hälfte der hier bekannten ausgereisten Rechtsextremisten liegen Hinweise vor, dass sie mit der Absicht ausgereist sind, humanitäre Hilfe zu leisten", schreibt das Innenministerium weiter. Zu einer niedrigen einstelligen Zahl der bekannten Ausreisefälle lägen Hinweise zu journalistischen Aktivitäten vor.

Die Bundestagsabgeordnete Martina Renner geht davon aus, dass "die tatsächliche Zahl" der ausgereisten Neonazis über den offiziellen Zahlen liegt. "Ungeachtet dessen besteht eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit in Deutschland, wenn die Neonazis mit Kampferfahrung und möglicherweise Waffen und Munition aus der Ukraine zurückkehren", sagte Renner.

Die Ukraine hat nach eigenen Angaben einen russischen Stützpunkt in der Nähe des AKW Saporischschja beschossen. Im Gebiet Donezk haben die Ukraine und Russland nach Angaben aus Kiew erneut Gefangene ausgetauscht.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 03. September 2022 um 09:00 Uhr.