Ein Bauer auf einem Feld in Dnipro, auf dem dem eine Rakete eingeschlagen ist (Archivbild vom 04.07.2022)
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Krieg gegen die Ukraine ++ Ukraine meldet Raketen von Kaspischem Meer ++

Stand: 16.07.2022 23:01 Uhr

Nach ukrainischen Angaben beschießt das russische Militär das Land mit Raketen vom Kaspischen Meer aus. Die prorussische Verwaltung in der Region Saporischschja behauptet, Getreide im großen Stil auszuführen. Die Ereignisse vom Samstag zum Nachlesen.

16.07.2022 • 23:01 Uhr

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Absicht bekräftigt, von Russland besetzte Gebiete seines Landes zurückzuerobern. "Es ist uns bereits gelungen, einen Teil des nach dem 24. Februar besetzten Territoriums zu befreien", sagte Selenskyj in der Nacht zum Sonntag in seiner täglichen Videoansprache. "Nach und nach werden wir auch andere Regionen unseres Landes befreien, die zurzeit besetzt sind."

Knapp fünf Monate nach Kriegsbeginn hatte die Ukraine zuletzt Gegenoffensiven im Süden gestartet und etwa vor einigen Tagen in der Region Cherson ein russisches Munitionslager beschossen. Bei der Rückeroberung besetzter Gebiete sollen auch aus dem Westen gelieferte Waffen zum Einsatz kommen.

Russland hat die Ukraine Angaben aus Kiew zufolge von der Region des Kaspischen Meeres aus mit Raketen beschossen. Vier von insgesamt sechs Raketen seien heute über den Gebieten Dnipro im Osten und Saporischschja im Süden abgefangen worden, teilten die ukrainischen Luftstreitkräfte mit. Zwei weitere seien auf landwirtschaftlich genutztem Gebiet in der zentralukrainischen Region Tscherkassy eingeschlagen. Der Schaden werde noch untersucht.

An das Kaspische Meer grenzen neben Russland unter anderen auch die Südkaukasus-Republik Aserbaidschan und das zentralasiatische Kasachstan. Nach ukrainischer Darstellung sollen bei dem Beschuss Langstreckenbomber vom Typ Tupolew Tu-95 zum Einsatz gekommen sein. Aus Moskau gab es zunächst keine Bestätigung. Russland hatte zuvor allerdings angekündigte, knapp fünf Monate nach Kriegsbeginn die Angriffe auf das Nachbarland wieder ausweiten zu wollen. Nachdem bereits am Freitag zwischenzeitlich in der gesamten Ukraine Luftalarm ausgelöst worden war, heulten die Sirenen auch am Samstag wieder in fast allen Landesteilen.

Die prorussische Verwaltung in der Region Saporischschja im Südosten der Ukraine führt nach eigenen Angaben in großem Umfang Getreide aus. "Mehr als 100 Waggons wurden bereits abgeschickt, ein weiterer Vertrag über 150.000 Tonnen wurde mit einem Getreidehändler abgeschlossen", teilte der Chef der russischen Militärverwaltung von Saporischschja, Jewgeni Belitzki, auf seinem Telegram-Kanal mit. Die Ukraine wirft Russland bereits seit Monaten Getreidediebstahl vor. In einem Eisenbahnwaggon können bis zu 90 Tonnen Getreide transportiert werden.

Per Bahn kann das Getreide nur nach Russland oder auf die von Russland seit 2014 annektierte Halbinsel Krim gebracht werden. Laut Belitzki ist neben dem Eisenbahntransport aber auch die Verschiffung über den Seeweg geplant. "Etwa 100.000 Tonnen werden über den Seehafen Berdjansk exportiert", kündigte er an.

Russland hat nach Beginn des Einmarsches in die Ukraine im Februar schnell den südlichen Teil der Region Saporischschja mit dem dort befindlichen Hafen Berdjansk am Asowschen Meer erobert. Der Vormarsch nach Norden wurde allerdings gestoppt, so dass die Gebietshauptstadt Saporischschja selbst weiterhin unter der Kontrolle Kiews steht. Die Ukraine war vor dem Krieg einer der größten Getreideexporteure der Welt. Nach Angaben aus Kiew stecken durch den russischen Angriff und die Seeblockade im Schwarzen Meer mehr als 20 Millionen Tonnen ukrainisches Getreide fest. Erst allmählich gelingt es der Ukraine, alternative Exportrouten zu etablieren.

Die G20-Finanzminister haben ihr Treffen in Indonesien aufgrund unterschiedlicher Positionen zum Krieg Russlands gegen die Ukraine ohne ein gemeinsames Abschlusskommuniqué beendet. Allerdings habe über Anstrengungen zur Bewältigung von Nahrungsmittelengpässen und die meisten anderen Konferenzthemen Übereinstimmung geherrscht, sagte der indonesische Finanzminister Sri Mulyani Indrawati als Gastgeber zum Abschluss des zweitägigen Treffens in Nusa Dua auf der Insel Bali. Alle Teilnehmer hätten sich zum Geist der Zusammenarbeit und des Multilateralismus bekannt. Die Bewertung des russischen Angriffs auf die Ukraine und der Folgen des Krieges spaltet die Gruppe der zwanzig führenden Industrie- und Schwellenländer, zu denen auch Russland gehört.

In Kiew gibt es nach vier Monaten Krieg wieder so etwas wie ein Nachtleben. Doch noch gibt es Einschränkungen - und die Stimmung ist verhalten, berichtet ARD-Korrespondent Marc Dugge.

Russland hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums die Fabrik eines Rüstungszulieferers in der ukrainischen Stadt Dnipro zerstört. Dort seien Teile für ballistische Raketen des Typs "Totschka-U" produziert worden. Zudem hätten russische Streitkräfte drei Flugzeuge und zwei Hubschrauber der Ukraine abgeschossen, teilt das Ministerium mit.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat bei einer Inspektion der am Ukraine-Krieg beteiligten Truppenteile eine Ausweitung der Angriffe auf das Nachbarland befohlen. "Nach Anhörung (des Lageberichts) hat der Chef des russischen Verteidigungsministeriums die nötigen Anweisungen zur Ausweitung der Aktivitäten der Heeresgruppen in alle Angriffsrichtungen gegeben, um dem Kiewer Regime die Möglichkeit zu nehmen, weiter massive Artillerie- und Raketenangriffe auf Infrastruktur und Zivilisten im Donbass und in anderen Regionen durchzuführen", teilte das Ministerium mit. Es ist die zweite Inspektion der russischen Einsatzkräfte in der Ukraine durch Schoigu. Die erste fand Ende Juni statt. Seit knapp fünf Monaten führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Der russische Energiekonzern Gazprom hat Siemens Energy aufgefordert, die Rückgabe der Turbine für die Erdgaspipeline Nord Stream 1 in die Wege zu leiten. "Am 15. Juli hat Gazprom sich offiziell mit der Bitte an Siemens gewandt, Dokumente bereitzustellen, die es unter Berücksichtigung der derzeitigen Sanktionsregeln in Kanada und der EU erlauben, die Gasturbine der für Nord Stream 1 essenziell wichtigen Kompressorstation 'Portowaja' nach Russland auszuführen", teilte das Unternehmen auf seinem Telegram-Kanal mit. Zugleich rechne Gazprom fest darauf, dass Siemens Energy seinen Vertrag zur Wartung und Reparatur der Gasturbinen erfülle. Davon hänge das weitere Funktionieren von Nord Stream 1 ab, warnte das Unternehmen.

Seit Juni hatte Gazprom die Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 in der Ostsee deutlich gedrosselt und dies mit der fehlenden Turbine von Siemens Energy begründet, die in Kanada gewartet wurde. Wegen der Sanktionen weigerte sich Kanada zunächst, die Turbine an Russland zurückzugeben - entschied sich dann aber doch dafür, das Aggregat stattdessen an Deutschland zu übergeben. Seit Montag nun wird durch Nord Stream 1 wegen Wartungsarbeiten kein Gas mehr geliefert. Die Arbeiten sollen bis zum 21. Juli dauern.

Die Städte und Gemeinden bereiten sich auf den Fall vor, dass im Winter nicht mehr genügend Gas zur Verfügung steht. Erste Maßnahmen seien bereits getroffen worden, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, im Deutschlandfunk. Die Städte versuchten jetzt schon, alles zu tun, um ihren Gasverbrauch zu senken. Ansetzen könne man beispielsweise im Sport- und Kulturbereich - etwa indem man einen Teil der Freibäder schließe oder die Öffnungszeiten ändere. Mit einer Senkung der Raumtemperatur in öffentlichen Gebäuden werde es nicht getan sein.

Man müsse sich in Deutschland auf eine schwierige Zeit einstellen. Dedy führte aus, die Krisenstäbe der Städte arbeiteten bereits an einem Stufenverfahren für den Zeitpunkt, zu dem man wisse, wie es um die Gasversorgung stehe.

Dabei gehe es beispielsweise um die Frage, wie es mit der Trinkwasserversorgung oder digitalen Systemen weitergehe, wenn dafür nicht mehr ausreichend Strom zur Verfügung stehen sollte. Es gehe nicht darum, Panik und Ängste zu schüren, sondern darum, Vorsorge zu treffen.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat trotz der Energiekrise die Klimaschutzziele Deutschlands unterstrichen. "Dass wir jetzt vorübergehend wegen des brutalen Angriffs Russlands auf die Ukraine manche Kraftwerke nutzen müssen, die wir schon außer Betrieb genommen haben, das ist bitter. Aber es ist nur für sehr kurze Zeit", sagte Scholz in seiner veröffentlichten wöchentlichen Videobotschaft. "Denn wir legen jetzt erst recht los und wollen jetzt erst recht alles tun, um die Klimakrise zu bekämpfen."

Bei einem russischen Luftangriff auf die Stadt Tschuhuiw in der Region Charkiw im Nordosten der Ukraine sind nach Angaben des dortigen Gouverneurs drei Menschen getötet worden. Unter ihnen sei eine 70-jährige Frau, teilt Gouverneur Oleh Synehubow auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Zudem seien drei Menschen verletzt worden. Ein Wohngebäude, eine Schule und ein Geschäft seien beschädigt worden. Rettungskräfte suchten in den Trümmern nach möglichen weiteren Opfern, schreibt Synehubow.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey fordert ein enges Zusammenwirken von Bund und Ländern bei der Bewältigung der Gaskrise. Sollte Russland die Regler nach Abschluss der Wartungsarbeiten an der Pipeline Nord Stream 1 nicht wieder aufdrehen, müsse eine Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) gemeinsam mit der Bundesregierung einberufen werden, sagte die SPD-Politikerin der Nachrichtenagentur dpa.

"Das hätte massive Auswirkungen auf alle. Und an dieser Stelle ist es aus meiner Sicht absolut erforderlich, dass es einen sehr, sehr engen Schulterschluss zwischen Bund und Ländern gibt", so Giffey, die stellvertretende MPK-Vorsitzende ist. Die Bundesregierung und die 16 Regierungschefs und -chefinnen der Länder müssten sich gezielt abstimmen und gemeinsame Beschlüsse dazu fassen, was zu tun sei, um die Krise zu bewältigen.

Franziska Giffey

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey hat sich für ein enges Zusammenwirken von Bund und Ländern in Bezug auf die Gaskrise ausgesprochen.

Nach ukrainischen Angaben haben die russischen Streitkräfte nach einer Umgruppierung ihrer Kräfte die Angriffe im Osten des Landes wieder verstärkt. Die Ukraine habe in den vergangenen 24 Stunden russische Sturmversuche in Richtung Bachmut und vor Donezk abgewehrt, teilte der Generalstab in Kiew in seinem Lagebericht mit. "Nach einer Umgruppierung hat der Feind den Angriff auf das Wärmekraftwerk Wuhlehirsk wieder aufgenommen, die Kampfhandlungen halten an", heißt es zudem. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen.

Allerdings haben auch die Militärexperten des Institute for the Study of the War (ISW) beobachtet, dass die russischen Truppen die Verschnaufpause beenden, die sie nach der Einnahme des Ballungsraums Sjewjerodonezk/Lyssytschansk eingelegt haben. Derzeit handle es sich noch um kleinere Gefechte. "Wenn die operative Pause tatsächlich zu Ende ist, werden die Russen wahrscheinlich in den nächsten 72 Stunden ihre Angriffe fortsetzen und verstärken", heißt es in der Analyse des ISW.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Das Treffen der G20-Finanzminister auf Bali wird Insidern zufolge wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine vermutlich ohne ein gemeinsames Abschlusskommuniqué enden. Stattdessen werde wohl der indonesische Finanzminister Sri Mulyani Indrawati, der Gastgeber der zweitägigen Veranstaltung ist, eine Erklärung abgeben und die Ereignisse des Treffens zusammenfassen, sagten zwei mit der Angelegenheit befasste Personen. "Wir erwarten kein Kommuniqué", sagte einer der Insider. Die Bewertung des russischen Angriffs auf die Ukraine und der Folgen des Krieges spaltet die Gruppe der zwanzig führenden Industrie- und Schwellenländer, zu denen auch Russland gehört.

"Die Handlungs- und Kommunikationsfähigkeit der G20 wird durch den Krieg in der Ukraine, für den eines der G20-Mitglieder die volle Verantwortung trägt, sehr stark behindert", verlautete aus dem französischen Finanzministerium. Bereits am Freitag hatten unter anderem US-Finanzministerin Janet Yellen und ihre kanadische Kollegin Chrystia Freeland den Krieg verurteilt und ihn als die momentan größte Bedrohung für die Weltwirtschaft bezeichnet. Der russische Finanzminister Anton Siluanow nahm einem Insider zufolge nur virtuell an dem Treffen teil, vor Ort war allerdings sein Stellvertreter.

16.07.2022 • 05:14 Uhr

Tote bei Raketenangriff auf Dnipro

Bei einem russischen Raketenangriff auf die ukrainische Stadt Dnipro sind ukrainischen Angaben zufolge mindestens drei Menschen ums Leben gekommen. Der zuständige Gouverneur, Valentin Resnitschenko, sagte, dass dabei zudem 15 Personen verletzt worden seien. Die Raketen hätten eine Industrieanlage und eine belebte Straße daneben getroffen. Derzeit werde geprüft, wie stark der Zerstörungsgrad der Infrastruktur sei.

Im Fall einer Notlage bei der Gasversorgung soll der Krisenstab der Bundesnetzagentur rund um die Uhr darüber entscheiden, welche Verbraucher noch mit Gas versorgt werden. Das teilte das Bundeswirtschaftsministerium auf eine Anfrage der Linkspartei im Bundestag mit, einem Vorabbericht der Funke-Mediengruppe zufolge. "Im Notfall wäre für die Einzelfallentscheidungen ausschließlich der Krisenstab der Bundesnetzagentur verantwortlich", heißt es in dem Schreiben.

Wirtschaftsminister Robert Habeck geht einer Zeitung zufolge in der Gaskrise von weiteren Entlastungen für mittlere und geringe Einkommen aus. "Selbst Gutverdiener schlucken, wenn sie statt 1500 plötzlich 4500 Euro im Jahr fürs Heizen bezahlen müssen", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland laut Vorabbericht. Für Menschen mit mittleren oder geringen Einkommen seien diese Summen schlicht nicht darstellbar. Hier müsse die Regierung Entlastungen organisieren und zwar auch 2023. "Ich bin mir sicher, dass das Finanzministerium dafür noch Vorsorge schaffen wird."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 16. Juli 2022 um 08:00 Uhr.