Menschen vor einem ausgebrannten Gebäude in Mariupol
Liveblog

Krieg gegen die Ukraine ++ Offenbar 1550 Zivilisten aus Mariupol gerettet ++

Stand: 05.04.2022 00:22 Uhr

Laut der ukrainischen Vize-Ministerpräsidentin Wereschtschuk sind mehr als 1550 Zivilisten aus Mariupol in Sicherheit gebracht worden. Die USA wollen im Laufe der Woche neue Sanktionen bekanntgeben. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.

05.04.2022 • 00:21 Uhr

Ende des Liveblogs

Damit schließen wir den Liveblog für heute, sind aber auch am Dienstag wieder mit einem Liveblog rund um die Entwicklungen im Krieg gegen die Ukraine für Sie da. Diesen können Sie hier lesen:

Aus Mariupol sind nach ukrainischen Angaben mehr 1550 Zivilisten geholt worden. Die Evakuierungen seien heute erfolgt, teilte Vize-Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk mit. Demnach wurden insgesamt 2405 Menschen entlang der Route eines humanitären Korridors in Sicherheit gebracht, die von Mariupol zu der unter ukrainischer Kontrolle stehenden Stadt Saporischschja führt. Davon kämen 1553 aus Mariupol selbst, die anderen aus anderen Orten in der massiv umkämpften Gegend.

Aus Mariupol seien die Menschen mithilfe privater Fahrzeuge gelangt, die es in der Gegend noch gebe, ergänzte Wereschtschuk. Ein Konvoi aus sieben Bussen, der Bewohner herausbringen solle, könne noch immer nicht in die Stadt fahren.

Russland hat die ukrainischen Streitkräfte in der umkämpften Hafenstadt Mariupol erneut aufgefordert, ihre Waffen niederzulegen. Die Bataillone der ukrainischen Streitkräfte und die ausländischen Söldner sollten an diesem Dienstagmorgen über einen Korridor sicher die Stadt in Richtung der von Kiew kontrollierten Gebiete verlassen können, sagte der Generalmajor Michail Misinzew vom russischen Verteidigungsministerium. "Allen, die ihre Waffen niederlegen, wird das Leben garantiert", sagte er.

An diesem Dienstag solle erneut versucht werden, auch Zivilisten und ausländische Bürger aus der Stadt am Asowschen Meer in Sicherheit zu bringen, sagte er. In den vergangenen Tagen habe die ukrainische Seite immer wieder verhindert, Menschen aus Mariupol herauszubringen. Überprüfbar waren die Angaben von unabhängiger Seite nicht.

04.04.2022 • 22:16 Uhr

Helfer vom Roten Kreuz festgesetzt

Bei Vorbereitungen zur Evakuierung von Zivilisten aus Mariupol ist ein Team des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) westlich der belagerten ukrainischen Hafenstadt von der Polizei in von Russland kontrolliertem Gebiet festgesetzt worden. Das Team werde "in der Stadt Mangusch festgehalten", teilte IKRK-Sprecherin Caitlin Kelly der Nachrichtenagentur AFP mit. Die Helfer seien am Montag aufgehalten worden, "als sie humanitäre Hilfe leisteten, um einen sicheren Korridor für Zivilisten zu schaffen".

Auf die Frage, wer das Team festhielt, antwortete sie "die Polizei", ohne weitere Einzelheiten zu nennen. "Das IKRK stand in direktem Kontakt mit unseren Kollegen und spricht mit den Parteien auf allen Seiten, um Klarheit in die Situation zu bringen", sagte Kelly weiter. 

Die USA gehen davon aus, dass Russland seine Truppen im Osten der Ukraine aufstockt. Zehntausende Soldaten sollten offenbar dorthin verlegt werden, sagt der nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan.

Die US-Regierung will in dieser Woche neue Sanktionen gegen Russland bekanntgeben. Das teilt der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, mit. Zudem wollten die USA der Ukraine in den kommenden Tagen weitere militärische Hilfen zusagen.

Elisabeth Kargermeier, BR, zur Verifikation von Bildmaterial aus dem Kriegsgebiet

tagesschau24 20:00 Uhr

Die Mitgliedsländer der Euro-Zone sind nach Worten von Eurogruppen-Chef Paschal Donohoe bereit, die Sanktionen gegen Russland zu verschärfen. Zudem stehe die Euro-Zone parat, dem ukrainischen Volk zu helfen, sagt Donohoe nach einem Finanzministertreffen in Luxemburg. Die Minister der Eurogruppe hätten aber noch nicht über die Details der möglichen Strafmaßnahmen beraten.

Die russischen Streitkräfte bereiten nach ukrainischen Angaben einen "massiven Angriff" auf die Truppen in der östlichen Region Luhansk vor. Es werde Ausrüstung und Treibstoff gebracht sowie die Truppen verstärkt, teilte der Gouverneur der Region, Serhij Gaidaj, mit.

"Wir glauben, dass sie sich auf einen massiven Angriff vorbereiten." "Die Bombardements werden immer dichter", sagte Gaigaj in einer Videobotschaft. Er forderte die Bewohner auf, die Region so schnell wie möglich zu verlassen. "Wartet nicht darauf, dass eure Häuser zerbombt werden", rief er die Menschen auf. Bei der Explosion einer Mine seien am Sonntag "zwei Freiwillige" getötet worden, sagte er weiter.

Beim Angriff auf eine Kirche wurden demnach zwei Priester verletzt.  Die ukrainischen Behörden gehen davon aus, dass sich die russischen Streitkräfte aus Gebieten im Norden der Ukraine, insbesondere um Kiew, zurückgezogen haben, um sich auf den Osten und Süden des Landes zu konzentrieren. Russland hatte seinerseits kürzlich angekündigt, dass es seine Offensive auf den Donbass konzentrieren werde, wo sich die Region Luhansk befindet.

04.04.2022 • 20:24 Uhr

Selenskyj bittet Rumänien um Hilfe

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich bei Rumänien für neue Sanktionen gegen Russland ein eingesetzt. Russland stelle eine Gefahr für Osteuropa insgesamt und den Schwarzmeerraum dar, sagt Selenskyj in einer Videobotschaft an das rumänische Parlament.

Die Ukraine brauche die Unterstützung von ausländischen Freunden - auch in Form von Waffen. "Die Ukraine ist nicht das letzte Ziel der russischen Aggression. Das Schicksal von Osteuropa und der Schwarzmeerregion wird gerade in der Ukraine entschieden."

Russlands Ermittlungskomitee hat ein Verfahren wegen der Verbreitung von angeblichen Falschmeldungen zu Morden an Zivilisten in der ukrainischen Kleinstadt Butscha eingeleitet. Russlands Chefermittler Alexander Bastrykin habe die Behörde angewiesen, die "Provokation vonseiten der Ukraine" strafrechtlich zu bewerten, teilte das Ermittlungskomitee auf seinem Telegram-Kanal mit.

Russland bestreitet, dass sein Militär Zivilisten in Butscha in der Nähe von Kiew getötet und die Leichen auf den Straßen hinterlassen habe. Ermittelt wird nicht wegen des international verurteilten Verbrechens, sondern wegen der Veröffentlichung entsprechender Nachrichten.

Eine Diffamierung der russischen Armee ist strafbar in dem Land. Anfang März hatte die russische Staatsduma ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, dass "Falschnachrichten" über Handlungen des russischen Militärs im Ausland unter Strafe stellt.

Russland will die Befolgung westlicher Sanktionen unter Strafe stellen. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde an das russische Parlament übergeben, berichtet die Nachrichtenagentur Interfax.

Es sieht Geldstrafe und Haftstrafen von bis zu zehn Jahren vor. Damit soll weiterer wirtschaftlicher Schaden von Russland abgewendet werden. Es könnte angewendet werden, wenn beispielsweise Firmen sich weigern, mit sanktionierten Banken zusammenarbeiten, weil sie befürchten dann selbst auf die Sanktionsliste zu kommen.

Sollte das Parlament das Gesetz annehmen, muss es noch von Präsident Wladimir Putin unterzeichnet werden, um in Kraft treten zu können.

Frankreich will 35 russische Diplomaten ausweisen. Diese gefährdeten die nationale Sicherheit, teilt das Außenministerium mit. "Dieser Schritt ist Teil einer europäischen Initiative."

Russland kündigt an, darauf zu reagieren, berichtet die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das russische Außenministerium.

Michael Grytz, ARD Brüssel, zu den Beratungen der Finanz- und Wirtschaftsminister des Euroraums zur Ukraine

tagesschau24 19:00 Uhr

Das Europaparlament hat mit einer Schweigeminute der Opfer von Butscha und Irpin sowie aller Leidtragender von Krieg, Terror und Gewalt gedacht. Parlamentspräsidentin Roberta Metsola forderte nach ihrer Ukraine-Reise zudem alle Abgeordneten auf, bei ihren Regierungen für zusätzliche humanitäre und militärische Hilfe für die Ukraine sowie für neue scharfe Russland-Sanktionen zu werben.

"Die Ukraine kämpft unter schwierigsten Bedingungen für unsere Werte und wir müssen sie unterstützen", sagte Metsola. Es gelte die Anstrengungen noch einmal zu verstärken, die illegale Invasion zum «teuersten Fehler» zu machen, den der Kreml je begangen habe.

Bundesjustizminister Marco Buschmann hat die aus der Ukraine geflüchteten Menschen aufgerufen, deutschen Ermittlern Hinweise auf Kriegsverbrechen zu geben. "Das können Handyaufnahmen oder Zeugenaussagen sein, die bei der Polizei eingereicht werden können und vom Generalbundesanwalt ausgewertet werden", sagte Buschmann dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Das gelte auch für das mutmaßliche Massaker von Butscha. "Wenn sich Beweise sicherstellen und auswerten lassen, sollten wir alles daransetzen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden", betonte der Minister.

Die Bundesregierung hat 40 russische Diplomaten zu in Deutschland "unerwünschten Personen" erklärt. Es handle sich um Angehörige der russischen Botschaft, "die hier in Deutschland jeden Tag gegen unsere Freiheit, gegen den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gearbeitet haben", teilte Außenministerin Annalena Baerbock in Berlin mit. Werden Diplomaten zu unerwünschten Personen erklärt, kommt dies einer Ausweisung gleich.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat mit Bundeskanzler Olaf Scholz zum Krieg in der Ukraine telefoniert. Erdogan habe Scholz gesagt, dass die Türkei ihre Bemühungen zur Beendigung des Krieges mit Entschlossenheit fortsetzen werde, teilte das Präsidialamt in Ankara auf Twitter mit.

Die Türkei unterhält gute Beziehungen zu Russland und der Ukraine und sieht sich als Vermittler. Erst vergangene Woche fand eine Verhandlungsrunde in Istanbul statt. In dem Telefonat sei es zudem um die deutsch-türkischen Beziehungen gegangen, teilte das Präsidialamt weiter mit.

Erdogan habe betont, dass eine Stärkung der Beziehungen und eine Zusammenarbeit auf allen Ebenen wichtig sei. Scholz war Mitte März zu seinem Antrittsbesuch in Ankara.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat angesichts der mutmaßlichen russischen Gräueltaten im ukrainischen Butscha weitere Waffenlieferungen an die Ukraine angekündigt. Die Bundesregierung prüfe dabei auch eine Lieferung von Waffensystemen, "die wir bisher nicht geliefert haben", sagte Baerbock in Berlin.

"Wir werden unsere Unterstützung für die Verteidigung der Ukraine noch einmal verstärken", betonte Baerbock bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem singapurischen Kollegen Vivian Balakrishnan im Auswärtigen Amt. "Butscha und Mariupol zeigen, dass es um Leben und Tod von Millionen von Menschen in der Ukraine geht."

Geprüft werde neben der Lieferung bisher nicht bereitgestellter Waffensysteme auch, "ob technische Probleme, die bei der Lieferung und Nutzung" deutscher Waffen aufgetreten seien, "nicht doch lösbar sind". Die Regierung in Kiew hatte zuletzt ihre Forderung nach der Lieferung von Offensivwaffen erneuert. Deutschland liefert der Ukraine bislang nur sogenannte Defensivwaffen.

Deutsche Reaktionen auf Bilder aus Butscha: Mehr Waffen für Kiew und Diskussion über russisches Gas

Stephan Stuchlik, ARD Berlin, tagesschau 17:00 Uhr

Der ukrainische Generalstab verzeichnet weiter russische Artillerieangriffe auf die belagerte Großstadt Charkiw in der Ostukraine. Auch bestehe die Wahrscheinlichkeit von Luft- und Raketenangriffen auf zivile Ziele in Charkiw, teilte der Generalstab in Kiew in einem Bericht mit.

Zudem habe Russland die Luftabwehr für seine Truppen in der Region und für die Stadt Belgorod auf russischer Seite der Grenze verstärkt. In Belgorod war vergangene Woche ein Tanklager in Flammen aufgegangen, russische Quellen sprachen von Beschuss durch zwei ukrainische Helikopter.

Der ukrainische Generalstab beobachtete nach eigenen Angaben die Bewegungen russischer Truppen, die aus dem Umland der ukrainischen Hauptstadt Kiew nach Belarus im Norden abgezogen worden seien. Von dort würden die Einheiten weiter in Richtung Russland transportiert, hieß es. Ziel sei mutmaßlich, die Truppen dann in Kämpfen in der Ostukraine wieder einzusetzen. Die Angaben des ukrainischen Militärs zum Kriegsgeschehen waren zunächst nicht unabhängig überprüfbar.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Nach wochenlanger Belagerung durch russische Streitkräfte ist die ukrainische Hafenstadt Mariupol nach Angaben des Bürgermeisters fast vollständig zerstört. "Die traurige Nachricht ist, dass 90 Prozent der Infrastruktur in der Stadt zerstört sind und 40 Prozent nicht wiederhergestellt werden können", sagte Wadym Boitschenko auf einer Pressekonferenz.

Rund 130.000 Menschen seien nach wie vor in der Stadt eingeschlossen.  Vor Beginn des Krieges lebten rund 500.000 Menschen in der Stadt am Asowschen Meer. "Die russische Armee zerstört Mariupol auf brutale Weise", sagte Boitschenko. "Die Bombardierungen hören nicht auf." Insbesondere Mehrfachraketenwerfer würden zum Einsatz kommen. Laut Boitschenko kommen die meisten Angriffe "vom Meer her", wo russische Schiffe liegen würden. 

Die britische Außenministerin Liz Truss fordert den Ausschluss Russlands aus dem Menschenrechts-Rat der Vereinten Nationen. Sie begründet das mit starken Hinweisen auf Kriegsverbrechen und einer "abscheulichen Abschlachterei" in Butscha.

Die Bundesnetzagentur übernimmt auf Anordnung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vorübergehend das Deutschland-Geschäft des russischen Gaskonzerns Gazprom. Per rechtlicher Anordnung habe sein Ministerium die Behörde als Treuhänderin für die Gazprom Germania eingesetzt, teilte der Grünen-Politiker mit.

Diese betreibt über die Töchterunternehmen Wingas und Astora in Kassel Gashandel und auch den größten deutschen Erdgasspeicher in Rehden. Habeck begründete diesen drastischen Eingriff des Staates mit unklaren Besitzverhältnissen bei der Gazprom Germania, nachdem der Mutterkonzern Gazprom seinen Rückzug erklärt hatte.

"Die Regierung tut das Notwendige, um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten", sagte Habeck. Die Treuhandverwaltung durch die Bundesnetzagentur sei bis zum 30. September 2022 befristet.

Zwei Drittel der russischen Einheiten in der Umgebung der Hauptstadt Kiew sind abgezogen worden, erklärt ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums. Viele würden in Belarus neu gruppiert. Es sei wahrscheinlich, dass sie danach im Osten der Ukraine eingesetzt werden würden.

Nach den Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha hat US-Präsident Joe Biden gefordert, den russischen Staatschef Wladimir Putin wegen Kriegsverbrechen vor Gericht zu stellen. "Er sollte zur Rechenschaft gezogen werden", sagte Biden im Garten des Weißen Hauses. "Dieser Kerl ist brutal. Es ist abscheulich, was in Butscha passiert, und alle haben es gesehen", sagte Biden.

Es handle sich um ein Kriegsverbrechen. Untersuchungen müssten nun "alle Details" dokumentieren, "damit es einen Prozess wegen Kriegsverbrechen geben kann", sagte Biden. Der Präsident erklärte zudem, die USA würden ihre Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskriegs in der Ukraine weiter verschärfen. «"ch werde weiter Sanktionen hinzufügen", sagte Biden. Zudem würden die USA die Ukraine auch weiter mit Waffen für den Kampf gegen die russischen Angreifer versorgen, sagte er.

Nach Angaben der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft sind in Gebieten außerhalb der ukrainischen Hauptstadt Kiew nach dem Rückzug russischer Truppen die Leichen von mindestens 410 Zivilisten gefunden worden - viele mit gefesselten Händen, Schusswunden aus nächster Nähe und Anzeichen von Folter. Die russische Regierung erklärte, das Ganze sei eine "inszenierte Provokation" der Ukraine, für die Russland nicht verantwortlich sei.

Litauen fährt wegen des Kriegs in der Ukraine und der Enthüllungen schwerer Gräueltaten in der Umgebung von Kiew seine diplomatischen Beziehungen zu Russland zurück. Das Außenministerium in Vilnius wies den russischen Botschafter an, das baltische EU- und NATO-Land zu verlassen.

Auch das russische Konsulat in der Hafenstadt Klaipeda müsse schließen, sagte Außenminister Gabrielius Landsbergis. Er kündigte zudem an, dass der litauische Botschafter in Moskau in Kürze nach Vilnius zurückkehren werde. Litauen hat nach Angaben von Landsbergis seine Partner in EU und NATO über die Entscheidung informiert und sie aufgefordert, dasselbe zu tun.

Im benachbarten Lettland kündigte Außenminister Edgars Rinkevics an, dass Riga die diplomatischen Beziehungen zu Moskau reduzieren werde. Konkrete Entscheidungen sollen mitgeteilt werden, sobald die internen Verfahren abgeschlossen seien, twitterte er. 

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock mahnt die lückenlose Aufklärung der Geschehnisse in Butscha an. Der Internationale Strafgerichtshof habe die Ermittlungen bereits aufgenommen, "damit die Wahrheit und zwar die ganze Wahrheit ans Licht kommt", sagt Baerbock in Berlin.

Deutschland werde dafür zusätzlich zwei Millionen Euro und eigene Spezialisten zur Verfügung stellen. Zudem werde die Bundesregierung ihre Unterstützung zur Verteidigung der Ukraine verstärken. Drittens werde die EU ihre Sanktionen gegen Russland noch einmal "deutlich verschärfen".

04.04.2022 • 16:38 Uhr

Steinmeier räumt Fehler ein

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat erstmals eigene Fehler und Irrtümer in der Politik gegenüber Russland eingeräumt. "Mein Festhalten an Nord Stream 2, das war eindeutig ein Fehler. Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat und vor denen unsere Partner uns gewarnt haben", sagte er in Berlin.

Eine bittere Bilanz sei auch: "Wir sind gescheitert mit der Errichtung eines gemeinsamen europäischen Hauses, in das Russland einbezogen wird. Wir sind gescheitert mit dem Ansatz, Russland in eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur einzubinden."

Steinmeier war in den vergangenen Tagen dafür kritisiert worden, dass er sich bislang nicht zu eigenen Fehleinschätzungen insbesondere in seiner Zeit als Außenminister geäußert habe. Nun sagte er, die Verantwortung für den Krieg liege bei Kreml-Chef Wladimir Putin. "Die sollten wir nicht auf uns ziehen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht einiges zu überdenken haben, wo es unsererseits Fehler gegeben hat."

Seine Einschätzung sei gewesen, dass Putin nicht den kompletten wirtschaftlichen, politischen und moralischen Ruin seines Landes für seinen imperialen Wahn in Kauf nehmen würde. "Da habe ich mich, wie andere auch, geirrt." Der Bundespräsident betonte, mit einem Russland unter Putin werde es "keine Rückkehr zum Status Quo vor dem Krieg geben".

Nach den Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha werden die Leichen gezählt und geborgen. Die Menschen in der Ukraine bereiten sich auf neue russische Angriffe vor.

04.04.2022 • 16:15 Uhr

Selenskyj spricht von Genozid

Nach Bekanntwerden eines Massakers an Zivilisten ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in die zerstörte Stadt Butscha gereist. In Butscha seien Kriegsverbrechen begangen worden, sagte Selenskyj vor Journalisten in der kleinen Stadt rund 25 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kiew. "Die Welt wird das als Genozid anerkennen."

Die Frage eines Reporters, ob es nun immer noch möglich sei, mit Russland über Frieden zu verhandeln, bejahte der ukrainische Staatschef: "Die Ukraine muss Frieden bekommen", sagte er. Zugleich betonte er, ein baldiger Verhandlungserfolg sei in Russlands Interesse: "Je länger die Russische Föderation den Gesprächsprozess verzögert, desto schlimmer wird es für sie."

Bilder von Einwohnern der kleinen Stadt bei Kiew, deren Leichen nach dem Abzug russischer Truppen auf den Straßen lagen, lösen seit dem Wochenende weltweit Entsetzen aus. Die ukrainische Seite macht russische Soldaten für die Verbrechen verantwortlich.  Moskau streitet die Schuld für den Tod der Zivilisten vehement ab.

Die Russland-Politik von Ex-Kanzlerin Merkel steht in der Kritik. Nach dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj wirft auch Polens Regierungschef Morawiecki ihr schwere Fehler vor. Nun verteidigte Merkel sich.

Die spanische Polizei hat bei einer gemeinsamen Aktion mit US-Beamten die Luxusjacht "Tango" des russischen Oligarchen Viktor Wekselberg auf Mallorca durchsucht und beschlagnahmt. Es habe ein Rechtshilfeersuchen der USA vorgelegen, teilte die paramilitärische Polizeieinheit Guardia Civil mit.

Wekselberg, der mit einem Milliardenvermögen zu den reichsten Menschen Russlands gehört, steht schon seit 2018 wegen seiner Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin auf der Sanktionsliste der USA. Die EU hat bisher keine Sanktionen gegen den 64-Jährigen erlassen.

Die USA werfen Wekselberg Steuerbetrug, Geldwäsche und Urkundenfälschung zur Umgehung von Sanktionen vor, indem er das Eigentum an der 90 Millionen Euro teuren Jacht verschleiert habe, wie die spanische Polizei schrieb.

Als Eigentümer der Jacht unter der Flagge der Cookinseln sei ein Unternehmen mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln eingetragen, das wiederum von Unternehmen in Panama verwaltet werde, um die wahren Eigentumsverhältnisse zu verbergen. Bei der von einem spanischen Richter genehmigten Durchsuchung seien unter anderem Unterlagen und Computer beschlagnahmt worden.

04.04.2022 • 16:06 Uhr

Kommentar zur Gräueltat in Butscha

Die Bilder von ermordeten Zivilisten im ukrainischen Butscha markieren einen Wendepunkt des Krieges. Wenn Deutschland jetzt nicht mit einem Energieboykott reagiert, wird es sich das selbst nie verzeihen, meint Kai Küstner.

Binnen eines Tages sind weitere zehntausende Menschen UN-Angaben zufolge vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine geflüchtet. Das UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) meldete über 4,215 Millionen Flüchtlinge seit Beginn der Invasion am 24. Februar und damit knapp 38.650 mehr als am Sonntag. Hinzu kommen laut UNHCR fast 6,5 Millionen Binnenvertriebene. 

Insgesamt wurden damit mehr als zehn Millionen Menschen durch die Kämpfe vertrieben, das ist mehr als ein Viertel der ukrainischen Bevölkerung. Sie flohen in Nachbarländer oder andere Regionen der Ukraine. 

Russland verschärft als Vergeltung für westliche Sanktionen die Einreisebestimmungen für Angehörige "unfreundlicher Länder". Präsident Wladimir Putin unterzeichnet ein Dekret, nach dem die bislang geltenden erleichterten Visa-Regeln für Bürger dieser Staaten aufgehoben werden.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht nach den Vorkommnissen in Butscha die Fortsetzung der Friedensverhandlungen mit Russland erschwert. Es sei "schwierig", die Gespräche jetzt weiterzuführen, sagt Selenskyj bei einem Besuch in Butscha nordwestlich von Kiew.

Die USA wollen die Mitgliedschaft Russlands im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen aussetzen lassen. Einen entsprechenden Antrag werde man in der UN-Vollversammlung stellen, kündigt US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield an.

Russland ist derzeit im zweiten Jahr der rotierenden drei Jahre dauernden Mitgliedschaft des Genfer Gremiums. Die Vollversammlung mit ihren insgesamt 193 Staaten kann die Mitgliedschaft eines Landes wegen gravierender Verstöße gegen die Menschenrechte mit Zwei-Drittel-Mehrheit suspendieren.

Bundesfinanzminister Christian Lindner lehnt einen Einfuhrstopp für russisches Gas weiter ab. Die russischen Gas-Importe seien kurzfristig nicht ersetzbar, sagte der FDP-Chef vor Beratungen der Finanzminister der Euro-Staaten in Luxemburg.

Ein sofortiger Verzicht träfe nach seinen Worten Deutschland stärker als den russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Wir wollen schnellstmöglich unabhängig werden von Energie-Importen aus Russland. Wir müssen schärfere Sanktionen vorsehen", sagte Lindner. "Aber Gas ist kurzfristig nicht substituierbar. Wir würden uns mehr schaden als ihm."

Nach dem Massaker von Butscha hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Unterstützung bei der Aufklärung zugesagt. "Die erschütternden Bilder können und werden nicht ohne Antwort bleiben", erklärte sie in Brüssel. Die Urheber dieser "schändlichen Verbrechen" dürften nicht straflos davonkommen.

In einem Telefonat habe sie mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über die mutmaßlich von russischen Truppen verübten Morde an Zivilisten in Butscha und anderen Orten gesprochen und enge Zusammenarbeit vereinbart, sagte von der Leyen.

Die EU habe mit der Ukraine ein gemeinsames Ermittlungsteam für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingesetzt und könne Personal zur Unterstützung der ukrainischen Strafverfolger entsenden. Auch die polizeilichen Kooperationsdienste Europol und Eurojust stünden für Hilfe bereit. Weiter sei man mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag im Gespräch.

Roman Rusch, ARD Brüssel, zu den Reaktionen der EU auf die Bilder aus Butscha

tagesschau24 14:00 Uhr

Auswirkungen des Krieges in der Ukraine: Deutliche Preiserhöhungen auch bei Lebensmitteln

Kerstin Breinig, RBB, tagesschau 14:00 Uhr

Österreich lehnt Gas-Sanktionen gegen Russland ungeachtet der Gräueltaten im ukrainischen Butscha weiter ab. Österreich sei "gemeinsam mit Deutschland bei einem Gas-Embargo sehr zurückhaltend", sagte Finanzminister Magnus Brunner vor einem Treffen mit seinen Kollegen der Euro-Länder in Luxemburg. Deutschland wie Österreich sind stark von russischem Erdgas abhängig. "Die Kriegsverbrechen erschüttern uns natürlich alle sehr gewaltig", sagte der österreichische Finanzminister weiter. Bei Sanktionen müsse die EU aber "einen kühlen Kopf bewahren". Neue Strafmaßnahmen dürften Europa nicht stärker treffen als Russland. 

Statt eines Einfuhrverbots für Gas sprach sich Brunner dafür aus, weitere Verantwortliche und Unternehmen auf die EU-Sanktionsliste zu nehmen. Damit würde ihr Vermögen in der EU eingefroren und es würden Einreisesperren verhängt.

Großbritannien hat die Tötung von Zivilisten in der Ukraine durch russische Truppen als barbarisch verurteilt. Der Sprecher von Premierminister Boris Johnson, Max Blain, sagte, Leichen, die in jüngst von russischen Truppen verlassenen Gebieten gefunden wurden, zeigten "verabscheuungswürdige Angriffe auf unschuldige Zivilisten". Sie seien ein weiterer Beweis dafür, dass der russische Präsident Wladimir Putin und dessen Armee offenbar Kriegsverbrechen in der Ukraine begingen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und einige westliche Regierungschefs haben Russland vorgeworfen, einen Völkermord in der Ukraine zu verüben. Blain stimmte in diese Formulierung nicht ein, sagte jedoch, es sei die Ansicht des Premiers, dass Putin die Schwelle zur Barbarei vor einiger Zeit überschritten habe. Er fügte hinzu, nur ein Gericht könne einen Völkermord feststellen.

UN-Menschenrechtschefin Michelle Bachelet hat unabhängige Untersuchungen zu möglichen Kriegsverbrechen an Zivilisten in der ukrainischen Stadt Butscha gefordert. "Es sollte alles getan werden, um Beweise zu sichern", sagte die Hochkommissarin in Genf. Alle Leichen sollten exhumiert, identifiziert und untersucht werden. Berichte aus Butscha und anderen Gegenden würden "schwerwiegende und beunruhigende Fragen über mögliche Kriegsverbrechen" und andere Rechtsverletzungen aufwerfen, sagte Bachelet. "Für Wahrheit, Gerechtigkeit und Rechenschaft muss alles unternommen werden, um die Vorgänge in Butscha unabhängig und erfolgreich zu untersuchen." Sie forderte Entschädigungen und Wiedergutmachung für die Opfer und ihre Familien.

Insgesamt 42 Prozent der ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland leben einer Umfrage zufolge aktuell in einer Großstadt mit mehr als einer halben Million Einwohner. Die meisten Geflüchteten (14 Prozent) halten sich in Berlin auf, wie eine Befragung des Bundesinnenministeriums ergab. Insgesamt fünf Prozent seien in München und drei Prozent in Hamburg untergekommen. In der Befragung wurden demnach über 500 verschiedene Orte in Deutschland genannt.

Als Hauptgründe für die Wahl des derzeitigen Aufenthaltsort gaben die Menschen an, dass dort Freunde oder Verwandte wohnten oder sie dort am besten Arbeit fänden. Rund ein Viertel der Befragten (24 Prozent) wohnt den Angaben zufolge gegenwärtig bei Freunden, 22 Prozent in einer sonstigen Privatwohnung und 19 Prozent bei Verwandten.

Laut der Befragung wollen 42 Prozent der Ukraine-Flüchtlinge grundsätzlich am aktuellen Ort bleiben, 19 Prozent haben noch keine weitergehenden Pläne. Fast ein Drittel der Befragten rechne damit, bald wieder in die Ukraine zurückkehren zu können.

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow hat der russischen Armee ein Massaker an Zivilisten in dem ukrainischen Ort Butscha vorgeworfen und mit Vergeltung gedroht. "So etwas Böses darf nicht ungestraft bleiben", sagte er am Montag in Kiew. "Unsere Aufklärung identifiziert systematisch alle Eindringlinge und Mörder. Alle! Jeder wird zu seiner Zeit bekommen, was er 'verdient' hat", hieß es in der auf Facebook veröffentlichten Mitteilung.

Die Bilder aus dem Kiewer Vorort mit Leichen auf den Straßen sorgen seit Sonntag international für Empörung. Resnikow machte die russischen Einheiten verantwortlich, die den Ort wochenlang besetzt gehalten hatten. Er verglich ihr Vorgehen mit dem der nationalsozialistischen Schutzstaffel (SS) in der Ukraine im Zweiten Weltkrieg. Er zog auch eine Parallele zum Bürgerkrieg in Jugoslawien: In Butscha seien mehr Menschen getötet worden als in Vukovar. 1991 waren in der kroatischen Stadt Vukovar mehr als 250 Zivilisten und Kriegsgefangene von serbischen Kräften und der jugoslawischen Armee ermordet worden.

In Butscha seien bislang etwa 340 Leichen gefunden worden, berichtete die "Ukrajinska Prawda" unter Berufung auf örtliche Bestattungsunternehmen. Russland streitet Gräueltaten gegen die dortige Zivilbevölkerung ab und spricht von ukrainischen Fälschungen.

Italien ist nach Aussagen von Außenminister Luigi Di Maio zu weitreichenden Maßnahmen gegen den Energiesektor Russlands bereit. "Italien wird kein Veto einlegen gegen Sanktionen gegen russisches Gas", sagte der Politiker bei einem Termin in Zagreb, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Schon am Sonntagabend hatte Di Maio in einer TV-Sendung gesagt, dass derzeit über den künftigen Import von Erdöl und Erdgas verhandelt werde. "Von Italien wird es kein Veto geben bei einem fünften Sanktionspaket."

Die Bilder und Berichte über die getöteten Zivilisten im Kiewer Vorort Butscha würden das Vorgehen der EU und der westlichen Partner gegen Russland noch intensivieren und beschleunigen, mutmaßte Di Maio. Er glaube, dass schon am nächsten Montag bei einem Treffen der EU-Außenminister ein erster Teil des Pakets beschlossen werden könne. Italien bezieht etwa 40 Prozent seines Gas-Bedarfs aus Russland.

Das Internationale Rote Kreuz hat erneut einen Versuch aufgegeben, in die schwer umkämpfte Hafenstadt Mariupol zu gelangen. Dies sei aus Sicherheitsgründen nicht möglich, teilte Sprecher Jason Straziuso mit. Bereits in den vergangenen Tagen mussten mehrfach Hilfskonvois umkehren, da vereinbarte Feuerpausen nicht eingehalten wurden. Russland und die Ukraine machen sich dafür gegenseitig verantwortlich. In Mariupol wird die humanitäre Lage immer angespannter, es fehlen unter anderem Wasser, Nahrungsmittel und Medikamente.

Nach dem Fund Dutzender Leichen in dem ukrainischen Ort Butscha hat der Kreml Vorwürfe gegen russische Truppen vehement zurückgewiesen. "Wir weisen alle Anschuldigungen kategorisch zurück", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Zugleich warnte er internationale Politiker vor voreiligen Schuldzuweisungen. Es müssten alle Seiten gehört werden.

Bilder von Einwohnern der kleinen Stadt bei Kiew, deren Leichen nach dem Abzug russischer Truppen auf den Straßen lagen, lösen seit dem Wochenende weltweit Entsetzen aus. Die ukrainische Seite macht russische Soldaten für die Verbrechen verantwortlich. Peskow sagte, der Fall müsse auf höchster Ebene im UN-Sicherheitsrat besprochen werden. Er kritisierte, dass eine entsprechende Initiative blockiert worden sei. Zugleich stellte Peskow weiterhin die Echtheit der zahlreichen Aufnahmen der toten Zivilisten infrage.

Ukrainische Staatsanwaltschaft untersucht mögliche Kriegsverbrechen während Russland dementiert

Jens Eberl, WDR, tagesschau 12:00 Uhr

Deutschland tut sich schwer damit, Sanktionen gegen russische Staatsbürger durchzusetzen. Im Immobilienbereich scheitert es oft schon daran, dass man hierzulande nicht genau weiß, was wem gehört, zeigt eine rbb24-Recherche am Beispiel von Berlin.

Die EU arbeitet nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell unter Hochdruck an neuen Strafmaßnahmen gegen Russland. "Wir sind solidarisch mit der Ukraine und dem ukrainischen Volk in diesen düsteren Stunden", teilte der Spanier nach Berichten über Gräueltaten in der Stadt Butscha mit. Die EU werde die Ukraine weiterhin nachdrücklich unterstützen und die Arbeiten an zusätzlichen Sanktionen gegen Russland als dringende Angelegenheit vorantreiben.

Was für Strafmaßnahmen vorbereitet werden und wann sie beschlossen werden sollen, teilte Borrell nicht mit. Die Arbeiten an Sanktionen seien wie immer vertraulich, sagte ein Sprecher.

Härtere Maßnahmen gegen Russland: Polen wirft der Bundesrepublik vor, härteren Sanktionen im Wege zu stehen

Jens Eberl, WDR, tagesschau 14:00 Uhr

CSU-Chef Markus Söder hat Verteidigungsministerin Christine Lambrecht im Zusammenhang mit der Lieferung von Waffen an die Ukraine als "komplett überfordert" bezeichnet. "Dies ist eine Blamage, wie Deutschland hier in dem Thema präsentiert wird", sagte Söder nach einer Sitzung des CSU-Vorstands in München vor Journalisten. In der Sitzung forderte Söder nach Angaben von Teilnehmern die Ablösung Lambrechts durch Bundeskanzler Olaf Scholz. "Scholz müsste eigentlich eine Kabinettsrochade machen", sagte Söder der "Bild"-Zeitung zufolge in der Sitzung, Teilnehmer bestätigten diese Äußerung auf Anfrage.

Wegen zögerlicher oder ausbleibender Waffenlieferungen an die Ukraine war Lambrecht zuletzt von mehreren Seiten kritisiert worden. Auch die Grünen als Koalitionspartner im Bund kritisierten die Ministerin. Söder sagte, Deutschland müsse endlich das Gleiche leisten wie seine Verbündeten. "Wir müssen und können genauso viele Waffen liefern wie alle anderen." Alles, was gehe, ohne dabei Kriegspartei zu werden, müsse geliefert werden, forderte der CSU-Chef.

Der Konsumgüterkonzern Henkel hält sein Russland-Geschäft weiter aufrecht. "Ein Stopp unserer russischen Geschäfte kann weitreichende Konsequenzen haben. Auch für unsere Mitarbeiter vor Ort", sagte der Vorstandsvorsitzende Carsten Knobel bei der virtuellen Hauptversammlung laut Redetext. Man habe eine Verantwortung für 2500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In Russland bestehe die Gefahr, dass ausländische Unternehmen von der Regierung in Zukunft enteignet werden könnten. "Und ihre lokalen Manager haftbar gemacht werden, wenn sie die Geschäfte einstellen", so Knobel weiter.

Henkel setzt nach Knobels Angaben Produktion und Verkauf in Russland zur Zeit fort. "Das sind vor allem Produkte des täglichen Bedarfs. Zum Beispiel Reinigungs- und Hygieneprodukte." Knobel betonte, dass Henkel "konsequent alle internationalen Sanktionen gegen Russland" umsetze. Die gesamte Werbung sei eingestellt, alle Sponsoringaktivitäten beendet worden. Auch seien alle geplanten Investitionen in Russland gestoppt worden. Knobel sagte, dass Henkel die Entwicklungen mit größter Aufmerksamkeit verfolge. "Und wir schließen auch weitere Schritte nicht aus." Henkel werde jedoch keine "leichtfertigen Entscheidungen treffen".

Russlands Ermittlungskomitee hat ein Verfahren wegen der Verbreitung von angeblichen Falschmeldungen zu Morden an Zivilisten in der ukrainischen Kleinstadt Butscha eingeleitet. Russlands Chefermittler Alexander Bastrykin habe die Behörde angewiesen, die "Provokation vonseiten der Ukraine" strafrechtlich zu bewerten, teilte das Ermittlungskomitee auf seinem Telegram-Kanal mit. Russland bestreitet, dass sein Militär Zivilisten in Butscha in der Nähe von Kiew getötet und die Leichen auf den Straßen hinterlassen habe.

Ermittelt wird nicht wegen des international verurteilten Verbrechens, sondern wegen der Veröffentlichung entsprechender Nachrichten. Eine Diffamierung der russischen Armee ist strafbar in dem Land. Anfang März hatte die russische Staatsduma ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, dass "Falschnachrichten" über Handlungen des russischen Militärs im Ausland unter Strafe stellt.

Die Bundesregierung hat die scharfe Kritik des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zurückgewiesen. Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner sagte auf eine entsprechende Frage, man habe zwar Verständnis für die Ausnahmesituation, in der sich die Ukraine in diesem entsetzlichen Krieg befinde. "Die Kritik am Bundespräsidenten weisen wir zurück", fügte er aber hinzu.

Melnyk hatte Steinmeier in einem "Tagesspiegel"-Interview politische Nähe zu Russland vorgeworfen. "Für Steinmeier war und bleibt das Verhältnis zu Russland etwas Fundamentales, ja Heiliges, egal was geschieht. Auch der Angriffskrieg spielt da keine große Rolle", sagte er. Deutschland habe weiter zu viele Eigeninteressen in Bezug auf Russland, etwa die Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle.

Schuld daran sei auch Steinmeiers Agieren als Kanzleramtschef und später als Außenminister. "Steinmeier hat seit Jahrzehnten ein Spinnennetz der Kontakte mit Russland geknüpft. Darin sind viele Leute verwickelt, die jetzt in der Ampel das Sagen haben", sagte er.

Die Bundesregierung hat in Deutschland lebende Menschen mit russischen Wurzeln aufgefordert, sich intensiv über den Krieg in der Ukraine zu informieren. "Die Bundesregierung bittet die russischsprachigen Menschen in Deutschland, sich umfassend in den verschiedenen nationalen und internationalen Medien zu informieren", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner. "Niemand sollte der Desinformationskampagne der russischen Staatsmedien mit ihren zynischen und verharmlosenden Darstellungen Glauben schenken", fügte er hinzu.

Etwa 900 Menschen hatten am Sonntag in Berlin an einem Autokorso mit russischen Fahnen teilgenommen. Der Umzug mit mehreren hundert Fahrzeugen wurde als Veranstaltung mit dem Titel "Keine Propaganda in der Schule - Schutz für russischsprechende Leute, keine Diskriminierung" angemeldet, wie die Berliner Polizei mitteilte. Dem Bundesinnenministerium sei es wichtig, "dass dieser Krieg nicht in unsere Gesellschaft hineingetragen werden darf", sagte der Sprecher des Ministeriums, Maximilian Kall.

Die EU-Staaten können bis zu 17 Milliarden Euro aus dem europäischen Gemeinschaftshaushalt für die Aufnahme und Unterstützung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine nutzen.

Die Entscheidung des Ministerrats ermöglicht es, Gelder aus dem sogenannten Kohäsionsfonds und einem Hilfsfonds für benachteiligte Personen umzuwidmen. Zudem sollen auch Mittel aus dem Fonds für regionale Entwicklung und dem Sozialfonds zur Bewältigung der Flüchtlingskrise verwendet werden können, wie die Vertretung der Mitgliedstaaten mitteilte.

Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) haben seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine bereits mehr als 4,2 Millionen Menschen das Land verlassen. Ein Großteil von ihnen lebt derzeit in EU-Staaten wie Polen und Rumänien.

04.04.2022 • 12:24 Uhr

Putin gratuliert Orban zum Wahlsieg

Russlands Präsident Wladimir Putin hat dem ungarischen Regierungschef Viktor Orban zum Sieg bei der Parlamentswahl gratuliert. Dabei habe sich Putin "zuversichtlich gezeigt, dass die künftige Entwicklung der bilateralen und partnerschaftlichen Beziehungen trotz der schwierigen internationalen Lage den Interessen der Völker Russlands und Ungarns entsprechen wird", erklärte der Kreml.

Seit Beginn des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine haben sich viele, insbesondere westliche Staaten von Russland abgewandt. Orban ist einer der wenigen Politiker in der EU und innerhalb der NATO, der enge und freundschaftliche Beziehungen zu Putin pflegte. Zwar hat sich Orban auf EU-Ebene der politischen Unterstützung für die Ukraine angeschlossen. In Ungarn gab sich der Regierungschef aber betont neutral oder kritisierte die ukrainische Führung. Für die Ukraine bestimmte Waffenlieferungen ließ Budapest nicht passieren.

Von den bislang aus der Ukraine nach Deutschland geflüchteten Menschen sind 84 Prozent Frauen, wie aus einer Umfrage des Bundesinnenministeriums hervorgeht. 58 Prozent sind demnach zusammen mit ihren Kindern vor der russischen Invasion geflohen. 17 Prozent der bislang von der Bundespolizei registrierten 306.836 Geflüchteten seien alleine gekommen, dies seien überwiegend ältere Menschen. Das Durchschnittsalter der Geflüchteten liegt der Umfrage zufolge bei 38,2 Jahren.

US-Bundesbeamte und die spanische Guardia Civil haben die Jacht eines russischen Oligarchen im Hafen von Palma de Mallorca durchsucht. Ein spanischer Polizeisprecher sagte, Einzelheiten würden später bekannt gegeben.

Aus Polizeikreisen erfuhr die Nachrichtenagentur AP, dass es sich bei der stillgelegten Jacht um die 78 Meter lange "Tango" handelte, die unter der Flagge der Cook-Inseln fährt und von Superyachtfan.com, einer spezialisierten Website, die die größten und exklusivsten Freizeitboote der Welt auflistet, auf 120 Millionen US-Dollar geschätzt wird. Sie gehört zu den Vermögenswerten, die mit dem 64-jährigen Wiktor Wexelberg in Verbindung gebracht werden, einem Milliardär und engen Verbündeten des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Wexelbergs gesamtes Vermögen in den USA wurde eingefroren und US-Unternehmen ist es untersagt, mit ihm und seinen Unternehmen Geschäfte zu machen. Er wurde bereits 2018 zum ersten Mal von den USA sanktioniert. Auch Großbritannien hat ihn mit Sanktionen belegt.

Bei russischen Angriffen auf die südukrainischen Städte Otschakiw und Mykolajiw wurden nach ukrainischen Behördenangaben mindestens acht Menschen getötet und 34 Menschen verletzt.

Allein in Otschakiw seien sieben Einwohner den russischen Bombardements am Sonntag zum Opfer gefallen, teilte die ukrainische Staatsanwaltschaft mit. Durch den Beschuss seien zudem Wohnhäuser, Fahrzeuge und zivile Infrastruktur beschädigt worden. 

Nach dem Rückzug aus der Region um die Hauptstadt Kiew konzentrieren sich die russischen Truppen nach Angaben Kiews auf den Süden und Osten der Ukraine.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Russische Truppen haben nach Angaben aus Moskau in der Nacht auf Montag weitere Kommandopunkte, Munitions- und Treibstofflager der ukrainischen Armee beschossen. Dabei seien auch zwei Abschussvorrichtungen von Flugabwehrsystemen des Typs Buk zerstört worden, sagte Generalmajor Igor Konaschenkow. Eines der Systeme stand demnach in Werchnjotorezke im ostukrainischen Gebiet Donezk.

Die russische Luftabwehr habe außerdem sechs ukrainische Drohnen abgeschossen. Konaschenkow nannte dazu Orte im Süden der Ukraine wie Mykolajiw und Cherson. Auf dem Flugplatz Balowne bei Mykolajiw seien drei ukrainische Hubschrauber getroffen worden. Die Angaben sind nicht unabhängig überprüfbar.

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich trotz massiver Kritik des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hinter die Entscheidung gestellt, die Ukraine 2008 nicht in die NATO aufzunehmen. "Bundeskanzlerin a.D. Dr. Angela Merkel steht zu ihren Entscheidungen im Zusammenhang mit dem NATO-Gipfel 2008 in Bukarest", teilte eine Sprecherin Merkels auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mit. Selenskyj hatte Merkel zuvor zu einer Reise nach Butscha aufgefordert, wo in den vergangenen Tagen nach dem Abzug russischer Truppen mehr als 300 Todesopfer gefunden wurden.

Die deutschen Privatbanken rechnen im Falle eines Einfuhr- oder Lieferstopps von russischem Öl- und Gas mit einer schweren Rezession. "Eine deutliche Rezession in Deutschland wäre dann kaum zu vermeiden", sagte der Präsident des Bundesverbands deutscher Banken (BdB), Deutsche Bank-Chef Christian Sewing, auf einer virtuellen BdB-Veranstaltung laut Redetext. Die Frage nach staatlichen Hilfsmaßnahmen für Unternehmen und Branchen würde dann noch drängender werden.

Aus Sicht von Sewing ist bereits jetzt klar, dass die Konjunktur durch den Ukraine-Kriegs erheblich belastet wird. "Die Chefvolkswirte der privaten Banken haben ihre Prognose gegenüber den Einschätzungen vor Ausbruch des Krieges halbiert", so der BdB-Präsident aus. Für 2022 werde jetzt nur noch ein Wachstum von rund zwei Prozent erwartet. Selbst diese Prognose stehe unter Vorbehalt. Denn erhebliche Risiken, wie zuallererst die Energiepreise, seien noch nicht in die Berechnung eingeflossen.

Bis heute hat die Bundespolizei 306.836 Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland registriert, wie das Bundesinnenministerium mitteilt. Es seien überwiegend Frauen, Kinder und ältere Menschen. Am Sonntag lag die Gesamtzahl den Angaben zufolge bei 303.474.

Rund 250 tschechische Soldaten haben sich auf den Weg in die Slowakei gemacht, um dort die NATO-Ostflanke zu stärken. Damit wolle man die gemeinsame Entschlossenheit zur Verteidigung des NATO-Territoriums unter Beweis stellen, sagte der Leiter des Kontingents, Oberst Tomas Unzeitig. Bis zu 400 weitere Soldaten aus Tschechien sollen bis Ende Juni folgen.

An der multinationalen NATO-Kampfgruppe unter tschechischer Führung sind neben der Slowakei auch Deutschland, die Niederlande, Polen, Slowenien und die USA beteiligt. Die Slowakei grenzt im Osten über knapp 100 Kilometer an die Ukraine, die vor mehr als einem Monat von Russland angegriffen wurde.

Polen wirft der Bundesregierung vor, maßgeblich härteren Sanktionen gegen Russland im Weg zu stehen. Deutschland sei der Haupthinderungsgrund für schärfere Maßnahmen, sagt der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki vor Journalisten. Für Ungarn gelte das nicht, das Land sei für Sanktionen. Morawiecki äußerste sich mit Blick auf den Wahlsieg des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban, dem mangelnde Härte gegenüber Russlands angesichts der Invasion in der Ukraine vorgeworfen worden war.

Die FDP-Jugendorganisation Junge Liberale (Julis) hat die Bundesregierung aufgerufen, nach den Gräueltaten in Butscha ein "schnellstmögliches Energie-Embargo" gegen Russland zu verhängen. Deutschland habe die Verantwortung, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um das russische Regime umgehend an der Weiterführung dieses Kriegs zu hindern, forderte die Juli-Bundesvorsitzende Franziska Brandmann. "Die deutsche Bundesregierung hat nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine erklärt, es könne mit Russland nun kein Business as usual mehr geben. In Anbetracht der Massaker an Zivilisten, die in Butscha, Hostomel und Irpin verübt wurden, müssen auf diese Worte nun deutlichste Taten folgen", forderte Brandmann. Dass Deutschland weiter Geld nach Russland überweise, sei nicht länger zu verantworten.

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine haben sich rund 2,48 Millionen Menschen in Polen in Sicherheit gebracht. Das teilte der polnische Grenzschutz auf Twitter mit. Allein am Sonntag waren es demnach rund 22.300 Menschen. Dies sei ein Rückgang um 6,4 Prozent im Vergleich zum Vortag gewesen. Aus Polen in Richtung Ukraine hätten seit Kriegsbeginn am 24. Februar rund 457.000 Menschen die Grenze überquert. Bei diesen Reisenden handelt es sich nach früheren Angaben des Grenzschutzes zum überwiegenden Teil um ukrainische Staatsbürger, die in ihr Heimatland zurückkehren. Viele Männer, aber auch Frauen, wollen sich dort den ukrainischen Truppen anschließen und gegen die russischen Truppen kämpfen. Andere kehren zurück, um sich um Kinder oder hilfsbedürftige Angehörige zu kümmern.

Es gibt derzeit keine offiziellen Angaben dazu, wie viele der Kriegsflüchtlinge in Polen geblieben und wie viele bereits in andere EU-Staaten weitergereist sind. Die Ukraine - flächenmäßig das größte Land in Europa - hatte vor Beginn des russischen Angriffs mehr als 44 Millionen Einwohner. Polen und die Ukraine verbindet eine mehr als 500 Kilometer lange Staatsgrenze.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron spricht sich angesichts der Bilder aus Butscha für neue Sanktionen aus. Es gebe sehr klare Hinweise auf Kriegsverbrechen in der Ukraine, für die die russische Armee verantwortlich zu sein scheine, sagt Macron dem Radiosender France Inter. Die Ukraine macht Russland für den Tod von zahlreichen Zivilisten in der Stadt Butscha bei Kiew verantwortlich. Die Regierung in Moskau weist die Vorwürfe zurück und beschuldigt ihrerseits der Ukraine, die USA und die NATO der Manipulation und Provokation.

Krieg gegen die Ukraine: Mögliche Kriegsverbrechen in Butscha lösen weltweit Entsetzen aus

Jens Eberl, WDR, tagesschau 09:00 Uhr

Grünen-Chef Omid Nouripour hat sich entsetzt über die Kriegsgräuel in der ukrainischen Stadt Butscha gezeigt. "Es ist das grauenvolle Gesicht eines Überfalls auf die Ukraine durch den Kreml, der nicht ungeahndet bleiben darf", sagte Nouripour im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. "Und deshalb ist jenseits der Frage, wie es jetzt weitergeht, wie wir jetzt der Ukraine noch mehr beistehen können, die Frage der Straflosigkeit eine relevante."

Nouripour betonte: "Auch wenn die russische Armee morgen verlieren und sofort abziehen würde: Es wird nach diesen Bildern sicher keine Normalisierung mehr geben können. Wir werden alles dafür tun müssen, damit wir einfach komplett entkoppelt sind und auch keine Wirtschaftsbeziehungen mehr mit Russland unterhalten, solange diese Leute im Kreml sind, die diese Dinge verantworten, wie wir sie sehen."

Die deutschen Exporte sind im Monat des russischen Kriegsbeginns gegen die Ukraine unerwartet stark gestiegen. Sie wuchsen im Februar um 6,4 Prozent im Vergleich zum Vormonat auf 124,7 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Wachstum von 1,5 Prozent gerechnet, nachdem es im Januar einen Rückgang von 3,0 Prozent gegeben hatte. Die Importe legten im Februar mit 4,5 Prozent ebenfalls kräftig zu, nachdem sie zu Jahresbeginn noch um 4,0 Prozent gefallen waren. Hier hatten Experten nur einen Anstieg von 1,4 Prozent vorhergesagt.

Die Exporte nach Russland brachen im Februar gegen den Trend um 6,3 Prozent zum Vormonat ein, die Importe sogar um 7,4 Prozent. "Der Außenhandel mit Russland war erst ab Ende Februar 2022 durch den Angriff Russlands auf die Ukraine und die in der Folge getroffenen Sanktionen eingeschränkt", erklärten die Statistiker. Inwieweit sich die westlichen Sanktionen, andere Maßnahmen zur Exportbeschränkung und nicht sanktioniertes Verhalten der Marktteilnehmer auf den Außenhandel mit der Russischen Föderation weiter auswirken, dürfte erst ab März genauer sichtbar werden, hieß es.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat mit Blick auf die Gas-Pipeline Nord Stream 2 persönliche Fehler eingeräumt und sieht auch nach einem Ende des Ukraine-Kriegs kaum Spielraum für Beziehungen zu Russland unter Präsident Wladimir Putin. Nord Stream 2 sei eine Entscheidung auf Bundesebene gewesen, durch die Röhre sei kein Gas geflossen und damit auch kein Geld verdient worden, sagt die SPD-Politikerin im ZDF. "Da hat Putin jetzt viel Geld in der Ostsee versenkt. Dennoch war das Festhalten an Nord Stream mit dem Blick von heute ein Fehler, den auch wir in Mecklenburg-Vorpommern gemacht haben, den auch ich gemacht habe." Auf die Frage, wie Beziehungen zu Russland nach einem Ende des Krieges aussehen könnten, sagt Schwesig, dass diese unter einer Regierung Putins kaum vorstellbar seien.

Russische Truppen haben die südukrainische Hafenstadt Odessa nach Angaben der Regionalverwaltung in der Nacht zum Montag erneut mit Raketen angegriffen. Dies teilte die Behörde auf Facebook mit. Einzelheiten sollten später bekannt gegeben werden. Von russischer Seite gab es zunächst keine Bestätigung.

Die Millionenstadt am Schwarzen Meer war bereits am Wochenende mit Raketen angegriffen worden. Aus dem Verteidigungsministerium in Moskau hieß es dazu, von Schiffen und Flugzeugen aus seien eine Ölraffinerie und drei Treibstofflager in der Nähe der Stadt beschossen worden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Seit Beginn des Krieges in der Ukraine sehen sich offenbar auch in Deutschland immer mehr Menschen aus beiden Staaten Anfeindungen ausgesetzt. Seit Ende Februar verzeichneten die Behörden 308 antirussische Straftaten, darunter 15 Gewalttaten, wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte. Demnach wurden darüber hinaus 109 antiukrainische Straftaten registriert, davon 13 Gewalttaten. Die Bandbreite der Taten reiche vornehmlich von Sachbeschädigungen über Beleidigungen und Bedrohungen bis hin zu Körperverletzungen, hieß es.

Vergleichszahlen gebe es nicht, da diese Straftaten erst seit Kriegsbeginn erfasst würden. Faeser sagte, dass die Polizei diese Fälle im Blick habe und jeden Menschen hierzulande gleichermaßen schütze. "Dieser Konflikt darf nicht in unsere Gesellschaft hineingetragen werden. Wir erinnern immer daran: Das ist Putins verbrecherischer Angriffskrieg. Es ist nicht der Krieg der Menschen mit russischen Wurzeln, die hier bei uns in Deutschland wohnen."

Ukrainische Behörden untersuchen mögliche russische Kriegsverbrechen. In der Stadt Butscha, 37 Kilometer nordwestlich von Kiew, waren nach dem Abzug russischer Truppen Hunderte Leichen gefunden worden. Ein Reuters-Reporter sah dort die Leiche eines Mannes am Straßenrand mit auf dem Rücken gefesselten Händen und einer Schusswunde am Kopf. Der stellvertretende Bürgermeister von Butscha, Taras Shapravskyi, sagte, 50 der rund 300 gefundenen Leichen seien Opfer von außergerichtlichen Tötungen durch russische Truppen.

Die UN haben seit dem Einmarsch russischer Truppen den Tod von 1417 Zivilisten in der Ukraine dokumentiert. Unter ihnen waren 121 Kinder und Jugendliche, wie das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte in Genf mitteilte. Demnach gab es außerdem verifizierte Informationen über 2038 Verletzte, darunter 171 Kinder und Jugendliche. In die Zahlen gingen alle bis einschließlich Samstag dokumentierten Fälle ein.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bei der Verleihung der US-Musikpreise Grammys per Video-Botschaft um Unterstützung für sein Land gebeten. "Was könnte gegenteiliger zu Musik sein als Krieg?", sagte Selenskyj am Sonntagabend bei der live im US-Fernsehen übertragenen Veranstaltung in Las Vegas per Video-Botschaft. "Füllt die Stille mit eurer Musik", bat Selenskyj. "Unterstützt uns auf jegliche Art und Weise, die euch möglich ist." 

Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben einige Orte in der Region Tschernihiw von russischen Truppen zurückerobert. Humanitäre Hilfe sei nun in diese Gegenden unterwegs, teilten die ukrainischen Streitkräfte mit. Die Nachrichtenagentur RBK-Ukraina meldete, dass die Straße zwischen Tschernihiw und der Hauptstadt Kiew im Laufe des Montags für den Verkehr teilweise wieder geöffnet werden solle.

Tschernihiw liegt rund 129 Kilometer nördlich von Kiew und war über Wochen hinweg von Lieferungen von Nahrungsmitteln und anderen Gütern abgeschnitten. Der Bürgermeister von Tschernihiw, Wladyslaw Atroschenko, sagte, unablässiger russischer Beschuss habe 70 Prozent seiner Stadt zerstört.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Russische Truppen sollen damit begonnen haben, sich aus der ostukrainischen Region Sumy zurückzuziehen. Es sei aber noch zu früh, um von einer Befreiung der Region zu sprechen, sagte der Chef der Gebietsverwaltung von Sumy, Dmytro Schywyzkyj, der Agentur Unian zufolge in der Nacht zu Montag in einer Videobotschaft.

In der vergangenen Woche war demnach eine größere Zahl russischer Truppen in der Region festgestellt worden, es habe viele Angriffe auch auf Zivilisten gegeben. Russische Militärfahrzeuge seien dann über einen Korridor von Kiew und Tschernihiw zurück Richtung Russland gebracht worden. Nun habe man dort viele zerstörte russische Panzer und andere militärische Ausrüstung gesehen.

In der westukrainischen Stadt Ternopil soll es einen Luftangriff gegeben haben. In der Stadt sei eine Explosion zu hören gewesen, schreibt die "Ukrajinska Prawda" am frühen Montagmorgen unter Berufung auf den dortigen Bürgermeister Serhij Nadal. Nadal forderte die Bewohner auf, sich in Schutzräume zu begeben. Weitere offizielle Angaben zu dem Angriff werden demnach noch erwartet.

Bei einem russischen Angriff auf ein Wohngebiet in Charkiw im Nordosten der Ukraine sind nach ukrainischen Angaben sieben Menschen getötet und 34 weitere verletzt worden. Unter den Verletzten seien auch drei Kinder, teilte die örtliche Staatsanwaltschaft auf Telegram mit. Die russischen Truppen hätten am Sonntagabend ein Wohnviertel beschossen und dabei zehn Häuser und ein Bus-Depot beschädigt.

Die zweitgrößte Stadt der Ukraine war seit dem Beginn der russischen Invasion immer wieder Ziel von Bombenangriffen. Russische Streitkräfte beschossen auch die nahe gelegene Stadt Dergatschi. Dabei seien mindestens drei Zivilisten getötet und sieben weitere Menschen verletzt worden, teilte Bürgermeister Wytschaeslaw Sadorenko auf Facebook mit.

04.04.2022 • 01:20 Uhr

Mariupol weiterhin schwer umkämpft

Die schweren Kämpfe in der von russischen Truppen belagerten Hafenstadt Mariupol halten an. Das britische Verteidigungsministerium teilte mit, die Stadt werde weiterhin intensiv und wahllos angegriffen, doch die ukrainischen Streitkräfte leisteten hartnäckigen Widerstand und behielten die Kontrolle über die zentralen Bereiche.

Nach den Kriegsgräueln in der ukrainischen Stadt Butscha fordert die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Nicola Beer (FDP), ein "Sonderkriegsverbrecher-Tribunal ähnlich wie bei den Jugoslawien-Kriegen" gegen die Verantwortlichen. "Für uns alle ist die Monstrosität dieser Taten unbegreiflich", sagte Beer am Sonntagabend bei Bild-TV. "Das sind schwerste Verbrechen gegen die Menschlichkeit, das sind Kriegsverbrechen."

Satellitenbilder der Firma Maxar zeigen einen 14 Meter langen Graben auf dem Gelände einer Kirche in der ukrainischen Stadt Butscha. Dort wurden nach ukrainischen Angaben die Leichen Hunderter von russischen Truppen getöteter Zivilisten begraben.

Russische Truppen haben in der ukrainischen Region Charkiw laut dem Gouverneur auf einen Konvoi aus Bussen gefeuert, der Krankenhauspatienten in Sicherheit bringen sollte. Rund 70 Patienten hätten aus der durch Beschuss am Vortag schwer beschädigten Klinik in der Stadt Balaklija herausgeholt werden sollen, sagte der Gouverneur von Charkiw, Oleh Synjehubow, am Sonntag. Doch hätten die Busse nicht in den Ort fahren können. Es gebe vorläufige Informationen, wonach einer der Busfahrer getötet worden sei. Balaklija liegt rund 75 Kilometer südöstlich der Stadt Charkiw, die durch russische Angriffe massiv verwüstet worden ist.

Mehr als 2600 Menschen sind nach ukrainischen Angaben am Sonntag aus besonders umkämpften ukrainischen Städten in Sicherheit gebracht worden. Von den 2694 Menschen seien fast 1500 aus der Region Luhansk gerettet worden, sagte die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk am Sonntag nach Angaben der Zeitung "Ukrajinska Prawda". Sie warf der russischen Seite demnach vor, gegen die vereinbarte Feuerpause verstoßen zu haben.

Aus der umkämpften Hafenstadt Mariupol sowie aus Berdjansk seien am Sonntag knapp 500 Menschen mit eigenen Fahrzeugen nach Saporischschja geflohen. Wereschtschuks Angaben nach konnten auch sieben vom Roten Kreuz begleitete Busse aus Mariupol nach Mangusch fahren.

Am Freitag hatte das Rote Kreuz einen Evakuierungsversuch abbrechen müssen. Russland hatte der Ukraine zuvor einmal mehr fehlende Kooperation bei der Evakuierung von Zivilisten aus Mariupol vorgeworfen. Moskau und Kiew werfen sich seit Wochen gegenseitig vor, die Flucht von Einwohnern aus Mariupol zu sabotieren.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 03. April 2022 ab 09:00 Uhr.