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Russlands Krieg gegen die Ukraine ++ Ukraine weist Lula-Vorschlag zurück ++

Stand: 07.04.2023 19:37 Uhr

Kiew hat den brasilianischen Vorschlag zurückgewiesen, für Frieden auf die Krim zu verzichten. Im Konflikt um billiges ukrainisches Getreide auf dem polnischen Markt zeichnet sich eine Lösung ab. Alle Entwicklungen im Liveblog.

Die Ukraine-Krise kann Chinas Präsident Xi Jinping zufolge nur durch eine politische Lösung beendet werden. Alle Beteiligten sollten sich auf halbem Weg treffen, um die Bedingungen für eine solche Lösungen festzulegen, sagt Xi laut dem Außenministerium dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron während eines Abendessens in Guangzhou. Zuvor hatten die beiden Länder erklärt, alle Bemühungen zur Wiederherstellung des Friedens in der Ukraine auf der Grundlage des Völkerrechts und der Prinzipien der UN-Charta zu unterstützen.

Moskau sieht nach einem Medienbericht über angebliche Dokumente zur US-Militärhilfe im Krieg in der Ukraine einmal mehr die Rolle Washingtons in dem Konflikt bestätigt. "Wir haben nicht die leisesten Zweifel an einer direkten oder indirekten Verwicklung der USA und der NATO in den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow dem US-Fernsehsender CNN. Zuvor hatte die "New York Times" über US- und NATO-Pläne zur Stärkung des ukrainischen Militärs im Vorfeld einer geplanten Offensive gegen die russischen Besatzer berichtet. Ob die Dokumente echt sind, ist unklar. Die Ukraine bezeichnete sie als Fälschung.

Der in Russland verhaftete "Wall Street Journal"-Journalist Evan Gershkovich ist einem Agenturbericht zufolge wegen Spionage angeklagt worden. Das Nachrichtenagentur Interfax bezieht sich auf einen Insider. Laut der Agentur Tass weist Gershkovich den Vorwurf zurück. Der 31-Jährige war am 30. März in Jekaterinburg wegen des Verdachts der Spionage festgenommen worden, wie der russische Inlandsgeheimdienst FSB damals mitteilte. Das "Wall Street Journal" forderte die Freilassung des Reporters. Er habe nicht spioniert.

Die Ukraine hat angebliche US-Geheimdokumente als russische Fälschung bezeichnet. "Seit dem Zusammenbruch der UdSSR sind die Geheimdienste so weit heruntergekommen, dass sie sich nur mit Photoshop und "gefälschten Informationsabflüssen" rehabilitieren können, schrieb Präsidentenberater Mychajlo Podoljak auf Twitter. Moskau ziele darauf ab, die ukrainische Gegenoffensive zu stören. Die tatsächlichen ukrainischen Pläne würden bald vor Ort zu sehen sein. Die "New York Times" hatte zuvor über Dokumente berichtet, wonach zufolge die ukrainischen Vorbereitungen für einen Gegenangriffsvorbereitungen am 30. April abgeschlossen sein sollten.

Im Konflikt um das Problem eines Überangebots von günstigem ukrainischen Getreide auf dem polnischen Markt zeichnet sich eine Lösung ab. "Die Ukraine hat den Vorschlag gemacht, die Ausfuhr von Getreide nach Polen für eine gewisse Zeit stark einzuschränken und für den Moment sogar ganz einzustellen", sagte Polens neuer Landwirtschaftsminister Robert Telus nach einem Treffen mit seinem ukrainischen Kollegen Mykola Solski in dem Grenzort Dorohusk. Der ukrainische Minister habe zugesichert, dass Kiew bis zum Beginn der neuen Ernte den Export von Weizen, Mais, Raps und Sonnenblumenkernen einstellen werde, teilte Telus auf Twitter mit.

Die wegen des russischen Angriffskrieges beschränkten Getreideexporte der Ukraine laufen nicht nur über das Schwarze Meer oder die Donau, sondern auch auf dem Landweg durch Polen. Allerdings stockt der Weitertransport, die Häfen sind überlastet. Polnische Bauern protestieren seit Tagen gegen günstige Agrarprodukte aus dem Nachbarland.

Die Ukraine hat einen brasilianischen Vorschlag zum Verzicht auf die Halbinsel Krim für einen Friedensschluss mit Russland zurückgewiesen. "Es gibt keinen rechtlichen, politischen oder moralischen Grund, warum die Ukraine auch nur einen Zentimeter ihres Landes aufgeben sollte", schrieb der Sprecher des Außenministeriums, Oleh Nikolenko, auf Twitter Kurznachrichtendienst Twitter. Alle Vermittlungsversuche müssten die Unversehrtheit des Staatsgebiets der Ukraine voraussetzen.

Zuvor hatte Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva einen Verzicht der Ukraine auf die Schwarzmeerhalbinsel Krim ins Spiel gebracht, die Russland schon seit 2014 annektiert hält. Die Krim-Frage lasse sich diskutieren, sagte Lula. Weiteres Territorium der Ukraine dürfe Russland aber nicht besetzen. Russland führt seit mehr als einem Jahr einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland.

Der russische Staatshaushalt ist im ersten Quartal wegen hoher Rüstungsausgaben bei sinkenden Einnahmen aus den Energieexporten tief in die roten Zahlen gerutscht. Das Defizit habe von Januar bis März bei 2,4 Billionen Rubel (26,5 Milliarden Euro) gelegen, teilte das Finanzministerium in Moskau mit. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum 2022 wurde noch ein deutlicher Überschuss von 1,13 Billionen Rubel erzielt.

Die steigende Produktion von Militärgütern und enorme Staatsausgaben halten Russlands Industrie am Laufen. Sie tragen dazu bei, den Einbruch der russischen Wirtschaft infolge der westlichen Sanktionen wegen des Krieges gegen die Ukraine abzumildern. Die westlichen Sanktionen - darunter ein Preisdeckel für russisches Erdöl - sollen die Finanzierung des Krieges erschweren.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow hält Friedensgespräche zur Beilegung des Ukraine-Kriegs nur im Zuge einer "neuen Weltordnung ohne eine Vorherrschaft der USA" für möglich. Verhandlungen müssten auf der Berücksichtigung russischer Interessen basieren, sagte Lawrow bei einem Besuch in der Türkei. "Es geht um die Prinzipien, auf denen die neue Weltordnung basieren wird."

Lawrow drohte zudem mit einem Ausstieg Russlands aus dem Getreideabkommen mit der Ukraine. "Wenn es keine Fortschritte bei der Beseitigung der Hindernisse für russische Düngemittel- und Getreideexporte gibt, dann werden wir uns fragen, ob dieses Abkommen notwendig ist", sagte er. Das Abkommen erlaubt es Russland, trotz Sanktionen Dünger und Lebensmittel zu exportieren. Moskau hatte wiederholt beklagt, diese Vereinbarung werde nicht respektiert. Russland hatte sich im März nur dazu bereiterklärt, das von Moskau und Kiew unterzeichnete Getreideabkommen um 60 Tage und nicht wie zuvor um 120 Tage zu verlängern. 

SPD-Chefin Saskia Esken hat mit Blick auf die Ostermärsche Waffenlieferungen an die Ukraine verteidigt. "Die Ukraine hat ein Recht darauf, ihre Unabhängigkeit, ihre Freiheit und auch ihre Demokratie zu verteidigen", sagte Esken der "Augsburger Allgemeinen". Deshalb sei es richtig, dass Deutschland das Land gemeinsam mit seinen Partnern in der EU und der NATO unterstütze. "Es mag nicht ganz leicht sein, dies mit einer Friedensbotschaft zu verbinden", sagte die SPD-Vorsitzende weiter. "Aber es geht ganz klar darum, den Frieden und die Ordnung in Europa wiederherzustellen."

Sie habe selbst früher regelmäßig an den Ostermärschen teilgenommen, sagte Esken. "Die Sehnsucht nach einer friedlichen Welt eint uns alle und eint auch die Menschen, die dort zusammenkommen." Mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verkompliziere sich jedoch die Botschaft. "Putins Aggression darf keinen Erfolg haben, denn das würde Nachahmung provozieren und fatale Folgen für unsere Zukunft haben", warnte sie. In rund einhundert deutschen Städten finden am Osterwochenende wieder die traditionellen Friedensmärsche statt.

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, hat sich geweigert, die Hoffnung auf Gespräche für ein Ende des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine aufzugeben. In jedem Augenblick könne es Menschen geben, die sich begegneten und den Weg zu einem Waffenstillstand und dann zu echten Friedensverhandlungen bahnten, sagte die Theologin im "Interview der Woche" im Deutschlandfunk.

Wenn hingegen jeder Ruf nach Verhandlungen als "naiv und unmöglich" verurteilt werde, mache sie nicht mit. "Verhandlungen müssen herbei verhandelt werden", betonte die EKD-Ratsvorsitzende und forderte, nicht in den Mustern von "entweder - oder" sowie "Richtig" und "Falsch" zu denken. Im Moment brauche es beides: "Eine starke Möglichkeit der Ukraine, sich zu verteidigen, und jederzeit das Bemühen, ins Gespräch zu kommen und die Waffen zum Schweigen zu bringen".

Annette Kurschus, EKD-Ratsvorsitzende

Die EKD-Ratsvorsitzende Kurschus fordert im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg eine Abkehr von Denkmustern wie "entweder - oder".

07.04.2023 • 10:47 Uhr

Russland: 2023 schlechtere Ernte

Das russische Landwirtschaftsministerium plant nach der Rekordernte 2022 beim Getreide in diesem Jahr mit einem Ertrag von 120 Millionen Tonnen. Damit bleibt das Ministerium in seinen Planungen um rund fünf Prozent unter den Ernteschätzungen im Dezember, berichtete die Nachrichtenagentur Interfax. Russland ist einer der größten Getreideexporteure weltweit. Die Ernte ist daher für die weltweiten Lebensmittelpreise wichtig.

2022 hat Russland offiziellen Angaben nach 157,7 Millionen Tonnen Getreide eingefahren, darunter 104,2 Millionen Tonnen Weizen. Das ist mit deutlichem Abstand das beste Resultat für den russischen Agrarsektor in seiner Geschichte - davor lag die Rekordernte bei 135 Millionen Tonnen. Es ist unklar, ob das Ergebnis auch mit den neuen Anbauflächen zusammenhängt, die Russland im Zuge seines Angriffskriegs in der Ukraine erobert hat. Im Dezember hatte das Ministerium für das Jahr 2023 eine Getreideernte zwischen 125 und 127 Millionen Tonnen prognostiziert, darunter 80 bis 85 Millionen Tonnen Weizen.

Das ukrainische Militär hat die Lage in der umkämpften ostukrainischen Stadt Bachmut als schwierig bezeichnet. Ukrainische Truppen hielten trotz der zahlenmäßigen Überlegenheit russischer Einheiten durch, sagte der Sprecher des ukrainischen Militärkommandos Ost, Serhij Tscherewatji, der Nachrichtenagentur Reuters.

Die russischen Truppen konzentrierten demnach alle Kräfte darauf, die Stadt einzunehmen. Die Ukraine kontrolliere aber die Lage. An einigen Stellen verzeichne Russland taktische Erfolge, aber es zahle einen hohen Preis dafür, sagt Tscherewatji. Die Angaben zur Lage in Bachmut lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die russische Landeswährung hat ihre Talfahrt der vergangenen Monate fortgesetzt. Am Freitag mussten für einen Dollar mehr als 82 Rubel und für einen Euro mehr als 90 Rubel bezahlt werden - so viel wie seit April 2022 nicht mehr. Zu Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hatte der Rubel etwa die Hälfte seines Werts verloren. Nach der Einführung von Kapitalkontrollen durch die Regierung in Moskau erholte er sich allerdings zunächst wieder und legte sogar deutlich zu.

Im Juni 2022 lag der Wechselkurs bei etwa 52 Rubel zum Dollar. Seit Mitte Januar 2023 verlor die russische Landeswährung dann aber relativ kontinuierlich an Wert - insgesamt mehr als 35 Prozent gegenüber Dollar und Euro.

Die russischen Truppen haben nach britischen Angaben das Westufer des Flusses Bachmutka unter ihre Kontrolle gebracht. Damit werde eine wichtige Versorgungsroute des ukrainischen Militärs bedroht, teilte das britische Verteidigungsministerium auf Twitter aus dem jüngsten Bericht des Militärgeheimdienstes zur Lage in der Ukraine mit. In dem seit Monaten erbittert geführten Kampf um die Stadt Bachmut im Osten der Ukraine haben die russischen Truppen dem Bericht zufolge Fortschritte gemacht. Sie seien höchstwahrscheinlich ins Stadtzentrum vorgedrungen.

Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: von Russland annektierte Gebiete.

Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: Von Russland annektierte Gebiete.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine im Februar 2022 sind in Deutschland rund 6000 Straftaten registriert worden, die in Zusammenhang mit dem Krieg stehen. Das berichtet die "Neue Osnabrücker Zeitung" unter Berufung auf das Bundeskriminalamt (BKA). Demnach richteten sich die Straftaten in den ersten beiden Kriegswochen zum Großteil gegen Russland. In den vergangenen Monaten hätten jedoch Straftaten mit einer "anti-ukrainischen Intention" überwogen. Zu den verzeichneten Delikten zählen demnach Sachbeschädigungen, Beleidigungen, Bedrohungen, aber auch körperliche Übergriffe. Ebenfalls zählen Straftaten dazu, die sich generell gegen den Ukraine-Krieg richten. Mehr als ein Drittel aller Taten sei bereits in den ersten 13 Kriegswochen bis Ende Mai 2022 verzeichnet worden.

Die Entscheidung über eine Rückeroberung der Krim müsse von der Ukraine getroffen werden, hat US-Außenminister Antony Blinken gesagt. "Die Ukraine ist eine Demokratie. Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Verantwortung, das Land zu führen", sagte Blinken laut einem Bericht der Funke Mediengruppe. "Aber er muss auch offen sein für den Willen der Ukrainerinnen und Ukrainer." Gemeinsam mit vielen anderen Ländern hätten sich die USA verpflichtet, die Ukraine zu unterstützen, ihre territoriale Integrität, ihre Souveränität und ihre Unabhängigkeit zu verteidigen. "Das schließt eine Gegenoffensive mit ein, die wahrscheinlich in den kommenden Wochen starten wird."

Geheime Dokumente über US- und NATO-Pläne zur Unterstützung des ukrainischen Militärs im Vorfeld einer Offensive sind im Netz aufgetaucht. Das berichtete die "New York Times" unter Berufung auf US-Regierungsmitarbeiter. Das US-Verteidigungsministerium untersuche demnach, wer hinter der Veröffentlichung stecke, hieß es. Analysten zufolge scheint der Inhalt der Unterlagen jedoch auf eine Art und Weise verändert worden zu sein, die auf eine Desinformationskampagne aus Russland hindeuten könnte, heißt es in dem Bericht.

Versuche der US-Regierung, die Dokumente löschen zu lassen, seien bisher nicht erfolgreich gewesen, schreibt die Zeitung. Die Unterlagen seien über die Social-Media-Plattformen Twitter und Telegram verbreitet worden. Die Dokumente seien fünf Wochen alt und enthielten keine konkreten Schlachtpläne, hieß es. Militärische Insider könnten daraus aber dennoch wertvolle Informationen ziehen, wie zum Beispiel Zeitpläne für Waffenlieferungen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 07. April 2023 um 09:00 Uhr.