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Stand: 10.04.2008 22:58 Uhr

Nach dem Abstimmungseklat zum Zuwanderungsgesetz im Bundesrat nimmt der Streit zwischen Union und Bundesregierung an Schärfe immer mehr zu. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller räumte ein, dass der Aufruhr der Union am Freitag in der Länderkammer verabredet gewesen sei. "Das war Theater, aber es war legitimes Theater", so Müller. Mehrere Spitzenpolitiker der Union widersprachen Müller allerdings. Heftige Kritik kam dagegen von SPD und Grünen. War die angebliche Verfassungskrise in Wirklichkeit nur Schmierentheater, der Eklat ein abgekartetes Spiel? Es gibt hochrangige Unionspolitiker, die das jetzt überraschend behaupten. Peter Müller, Ministerpräsident des Saarlandes, CDU: "Die dort geäußerte Empörung hinsichtlich der Feststellung des Bundesratspräsidenten entstand nicht spontan. Die Empörung haben wir verabredet. Und ich sage: Das war Theater, aber es war legitimes Theater." Im Konrad-Adenauer-Haus Kopfschütteln über das Plaudern aus dem Nähkästchen. Angela Merkel, CDU-Parteivorsitzende: "Ich glaube nicht, dass inszeniert das richtige Wort ist. Ich glaube, dass eine bestimmte Reaktion erwartet werden konnte, am Freitag im Abstimmungsverhalten. Und dass sich beide Seiten darauf vorbereitet haben." Ganz leicht wird der Abwiegelungsversuch nicht fallen, denn Ministerpräsident Koch zum Beispiel konnte in Sekundenschnelle von Empörung auf Lächeln umschalten. Thomas Goppel, CSU-Generalsekretär: "Wir haben am Donnerstag Abend gewusst, morgen wird die SPD ein großes Theater inszenieren. Der Herr Wowereit wird mehrfach fragen, solange bis der Herr Schönbohm nicht mehr antwortet. Das haben wir allerdings nicht gewusst. Als wir gemerkt haben, dass er deswegen leimen will, weil er nicht mehr geantwortet hat, weil er die Nase voll hatte, von der Serie von Fragen, da sind wir wütend geworden. Und zwar etwas mehr als ausgemacht." Unverhohlene Freude bei der SPD über den unverhofften politischen Steilpass. Franz Müntefering, SPD-Generalsekretär: "Die Union hat systematisch, unter Anleitung des Herrn E. Stoiber dieses Trauerspiel organisiert und hat gewollt, dass das Thema zu einem Eklat führt, von dem sie glaubt, dass er ihr im Wahlkampf nutzt." Die SPD-Regisseure legten aus rechtlichen Gründen Wert darauf, dass Schönbohm nicht zweimal Nein sagte. Deshalb hatte Stolpe seinem Stellvertreter vor der Bundesratssitzung gedroht, die Koalition platzen zu lassen, wenn er dies tue. Klaus Wowereit, Bundesratspräsident, SPD: "Vielleicht lag es aber auch daran, dass Sie genau wussten, wenn Sie nochmal Nein sagen, dass dann die Koalition beendet ist." Das ist also der Grund dafür, dass Schönbohm einmal mit Nein stimmte, dann darauf verwies, dass seine Auffassung bekannt sei und schließlich bei der dritten Nachfrage schwieg Prof. Günter Frankenberg, Staatsrechtler, Universität Frankfurt: "Was wir erlebt haben, war eine filmreife Inszenierung. Nur das Problem ist, das Publikum ist nicht erfreut, sondern eher entsetzt über das Verhalten der Politiker. Das Ganz war sicher auch zum Schaden der Verfassung." Von Bundesratspräsident Wowereit falsch verstanden fühlt sich bei der Inszenierung Bundesratsdirektor Oschatz Georg-Berndt Oschatz, Bundesratsdirektor, CDU: "Wenn er sich nach unserem Vermerk und nach meinen Ratschlägen gerichtet hätte, dann hätte er die Stimmenabgabe für ungültig erklären müssen." Klaus Wowereit, Bundesratpräsident, SPD: "Herr Schönbohm hat geschwiegen. In der Situation konnte der Bundesratspräsident die Stimme Brandenburgs mit Ja werten." Zufrieden mit dem Theaterstück scheinen bisher nur die Hauptdarsteller: Die Koalition hat ihr Zuwanderungsgesetz, die Unionsparteien ein neues Wahlkampfthema und die Brandenburger Koalition scheint zu überleben. Anne Will sprach mit Rita Süssmuth, Vorsitzende der Zuwanderungskommission der Bundesregierung, über "legitimes Theater" und die Zukunft des Zuwanderungsgesetzes.

Sendungsbild der tagesthemen
tagesthemen, 22:30 Uhr, tagesthemen, 25.03.2002 22:30 Uhr