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FDP: Das Ultimatum

Stand: 12.03.2008 11:38 Uhr

FDP-Chef Guido Westerwelle hat seinen Vizechef Jürgen Möllemann vor ein Ultimatum gestellt. Wenn Jamal Karsli am kommenden Montag, wenn der Bundesvorstand der FDP tagt, immer noch Mitglied der FDP-Landesfraktion ist, könne er nicht mehr mit Jürgen Möllemann zusammenarbeiten. Er kritisiert, dass Jamal Karsli nun einen Breif mit anti-israelischem Inhalt an seine Fraktionskollegen weitergeleitet hat.   Nach wochenlangem Hickhack will er sie jetzt doch - die Kraftprobe mit Möllemann. Guido Westerwelle überrascht heute Mittag die Presse mit einem Ultimatum. Guido Westerwelle, Bundesvorsitzender der FDP: "Nach den neuesten Äußerungen von Jamal Karsli ist meine Geduld zu Ende. Am kommenden Montag tagt der Bundesvorstand der FDP. Wenn bis dahin Herr Karsli immer noch Mitglied der Nordrhein-Westfälischen FDP-Fraktion sein sollte, kann ich als Bundesvorsitzender mit Jürgen Möllemann, meinem Stellvertreter, nicht mehr vertrauensvoll zusammenarbeiten." Welche Äußerungen von Karsli meint Westerwelle? Was heißt das für Möllemann? Wie es zu dieser 180-Grad-Wendung im Umgang mit dem Vize kam – alles das bleibt zunächst unklar, Fragen unerwünscht. Auch der Kontrahent hat - wenig später in Düsseldorf - keine Erklärung, gibt sich überrascht von einem Brief des Parteichefs. Jürgen Möllemann, stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP: "Das, was ich gerade gesagt habe, dass man verwundert und irritiert ist, das konnte man wohl sagen, das war die prägende Stimmung in der ganzen Fraktion. Das kann sich keiner erklären, was da jetzt im Moment passiert." Derweil im Bundestag. Debatte über Antisemitismus in Deutschland, eine kurzfristig angesetzte aktuelle Stunde - mit heftigen Angriffen auf die liberale Partei. Michael Müller, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion: "Was ist die Strategie, die sie hier vertreten? Ist es die Haiderisierung Deutschlands oder ist sie es nicht?" Gegenseitige Vorwürfe von Regierung und Opposition. Der jeweils andere nutze den Antisemitismus-Streit für den Wahlkampf. Einigkeit darüber, dass antisemitische Ressentiments in der Politik nichts zu suchen haben. Cem Özdemir, Bündnis 90/Die Grünen: "Möllemanns Äußerungen sind alles Ausrutscher. Alles, was er zum Thema Nahost gesagt hat, alles, was er zum Thema Israel gesagt hat, ist ein einziger Ausrutscher, meine Damen und Herren. Und da reicht es nicht aus, einfach so zu tun, als ob mit Herrn Karsli das Problem gelöst wäre." Etwas versöhnlichere Töne gegenüber dem potentiellen Koalitionspartner von der CDU, trotzdem müsse etwas getan werden. Wolfgang Schäuble, CDU/CSU-Fraktion: "Je besser dafür Lösungen gefunden werden, um so weniger werden die Populisten eine Chance haben. Die Populisten von Rechts nicht und die von Links übrigens auch nicht. Am Nachmittag wird das Schreiben Westerwelles an Möllemann bekannt: darin heißt es, Karsli habe in einer E-Mail einen Brief von Friedensaktivisten über israelische Nazimethoden als lesenswert bezeichnet. Deshalb das Ultimatum. Vor der FDP-Zentrale unterdessen Hunderte Demonstranten. Protest der jüdischen Gemeinde gegen eine bürgerliche Partei - das hat es so noch nie gegeben. Unterschriftenaktion für die Abwahl Möllemanns, vor allem gegen ihn geht es. Der jüdischen Gemeinde reicht das Ultimatum nicht. Klaus Kinkel darf nicht aufs Podium, zeigt aber Verständnis für die Forderung: mehr Druck auf Möllemann. Klaus Kinkel, ehemaliger Bundesaußenminister, FDP: "Ja, das geht so nicht auf Dauer, also wird man da zur Aufforderung kommen, dass Herr Möllemann sein Amt niederlegt. Wenn das nicht durchgesetzt wird im Bundesvorstand, wo es eine klare Mehrheit für Westerwelle geben wird, dann wird es zu einem Parteitag kommen müssen." Guido Westerwelle lässt den Abend ausklingen, Medienmacht das Thema der Veranstaltung. Er hat heute ein Machtwort versucht. Wirkung aber noch offen.

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tagesthemen, 22:45 Uhr, tagesthemen, 05.06.2002 22:45 Uhr