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Betreuung auf dem Prüfstand

Stand: 12.04.2008 11:35 Uhr

Der Bundestag hat am Dienstag in einer Expertenanhörung auf Einladung der Grünenfraktion über Konzepte für eine bessere Kinderbetreuung beraten. Noch immer ist die Situation bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren besonders in Westdeutschland katastrophal. Und obwohl die Bundesregierung 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen wird, ist eine Besserung der Lage kurzfristig nicht in Sicht. Hans-Jürgen Kornder berichtet. Die Situation ist zum Heulen und die Zahlen sprechen für sich. Deutschland ist Entwicklungsland in Sachen Kinderbetreuung. Krippenplätze gibt es nur für 3,8 Prozent der Kinder unter drei Jahren, in Schweden sind es 33 und in Dänemark sogar 44 Prozent. Das Urteil der Experten fällt dementsprechend drastisch aus. Brigitte Wellhöfer, Elternverband Familientagesstätten: "In einem Land, in dem immer weniger Kinder geboren werden, wir aber eigentlich immer mehr brauchen, auch um unsere Renten zu finanzieren, muss man auch hier ein Stück mehr tun. Kinder als Armutsrisiko in einem der reichsten Länder der Welt – das kann es nicht sein." Bei einer Anhörung im Bundestag diskutierten heute Experten aus der ganzen Bundesrepublik über eine Verbesserung der Situation. Im Koalitionsvertrag hat sich das Rot-Grün vorgenommen, doch die Umsetzung ist nicht einfach. Das Ziel: Ekin Deligöz, Bündnis90/Die Grünen: "Es geht darum, auch im Sinne des Kindeswohls – Chancengleichheit, Integration, Ergebnisse der Pisa-Studie – dahin zugehen, Kinderbetreuung von null bis drei in einer Mindestquote zu gewährleisten, auch unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit von Beruf und Familie." Diese Mindestquote soll 20 Prozent betragen. Doch für Krippen, Kindergärten und Schulen sind Länder und Gemeinden zuständig. Denen steht finanziell das Wasser bis zum Hals. Sie verlangen für mehr Aufgaben auch mehr Geld vom Bund. Uwe Lübken, Deutscher Städte- und Gemeindebund: "Wenn das Geld nicht da ist, können diese einfach nicht umgesetzt werden. Die Kommunen können nicht noch weiter Schulden machen. Sie können nicht noch weiter Kredite aufnehmen. Wir brauchen hier eine ganz massive finanzielle Entlastung." Andere Forderungen auf der Anhörung: Eltern müssten ihre Ansprüche einklagen können, damit trotz leerer Kassen die Kinderbetreuung besser wird. Außerdem – man brauche Maßstäbe für die Qualität von Erziehung. Wolfgang Tietze, Institut für Frühkindpädagogik Berlin: "Und hier müssen wir zu Qualität, zu Qualitätsinformationssystemen kommen und ich bin da absolut ein Anhänger eines pädagogischen Gütesiegels, was die Qualität von Einrichtungen ausweist, so dass Eltern hier auch begründet, Entscheidungen treffen können." Die Familienministerin will flexible Lösungen, Konsens mit den Kommunen. Vier Milliarden Euro stehen bereits im Haushalt für die Ganztagesschulen, weitere Ausgaben sind geplant. Renate Schmidt, Bundesfamilienministerin, SPD: "Dort, wo wir mit die größten Defizite haben, das ist die Betreuungssituation und die Bildungs- und Erziehungssituation für die Kinder unterhalb des dritten Lebensjahres. Dafür stehen ab dem Jahr 2004 1,5 Milliarden Euro den Kommunen zur Verfügung, die das ja finanzieren müssen und zwar aus den Einsparungen, die sich aus dem Hartz-Konzept ergeben." Doch das muss erst einmal Wirkung zeigen. Erst dann gibt es verbindlich weiter das Geld für eine bessere Betreuung unserer Kinder.

Sendungsbild der tagesthemen
tagesthemen, 22:30 Uhr, tagesthemen, 25.02.2003 22:30 Uhr