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Stand: 03.03.2005 00:00 Uhr

Regierung und Opposition scheinen einen neuen Weg der politischen Kommunikation entdeckt zu haben: das Briefeschreiben. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat als Antwort auf ein Schreiben der Unionsvorsitzenden Merkel und Stoiber seine Bereitschaft zur Kooperation zugesagt. Die Union antwortete daraufhin, dass sie mit der Regierung erst über konkrete Gesetzesvorlagen reden wolle. Hanni Hüsch berichtet. Der Mann hat Arbeit - und die Aufmerksamkeit des Bundeskanzlers. Sanaa sehen und doch an Deutschland denken, genauer gesagt: an die deutsche Opposition. Als der Bundeskanzler heute vergnügt und freundlich beklatscht durch Jemens schöne Hauptstadt streifte, hatten Angela Merkel und Edmund Stoiber daheim Post bekommen, und alle durften mitlesen. Von wegen Postgeheimnis! „Sehr geehrte Frau Vorsitzende“, schrieb der Bundeskanzler aus dem Wüstenstaat auf fünf Seiten. An einem ernst gemeinten Gespräch über die Zukunft Deutschlands hätte er wohl Interesse. Über die Eigenheimzulage, die Arbeitsmarktreform und Elite-Unis wolle er sprechen – Zankapfel-Themen. Die Idee, den Anderen einfach mal einen Brief zu schreiben, hatte das Duo Merkel/Stoiber gestern: „Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, ...“ Angesichts von über fünf Millionen arbeitslosen Deutschen sei es hohe Zeit für einen „Pakt für Deutschland“. Per Blitzbeschleunigung landete die Depesche bei „Bild“ und damit da, wo sie eigentlich hin sollte – ins tiefe Bewusstsein bundesdeutscher Wähler. So jedenfalls kam die christliche Lust am Schriftgut bei den Genossen an. Aufgabenteilung: der Kanzler auf Staatsbesuch und staatsmännisch, der Parteichef westfälisch-vergnatzt. Franz Müntefering, SPD-Parteichef: „Ich glaube denen im Moment nicht, ob sie das wirklich ehrlich meinen. Da ist in den letzten Tagen schon eine ziemliche Verlogenheit auf der anderen Seite gewesen.“ Auf dem Nockherberg, wo alljährlich reichlich Starkbier fließt und Polit-Promis frisch vergnügt ihr Fett abbekommen, gaben sich heute alle irgendwie großkoalitionär. Schwarz-grün kuschelt, Rot-schwarz scherzt – und wieder macht ein Brief die Runde. „Lieber Herr Bundeskanzler, vielen Dank für das ausführliche Schreiben und den konstruktiven Ton!“ Klang gut. Aber dann der Haken: Schröder soll liefern. Edmund Stoiber, CSU-Parteichef: „Wir wollen keine unverbindlichen Gespräche und keine Kaffeestunden.“ Volker Kauder, CDU-Generalsekretär: „Wir sind bereit, mit dem Bundeskanzler zu reden, wenn er denn konkrete Gesetzentwürfe vorlegt. Dies will er offensichtlich nicht, und das ist ein weiterer Beweis dafür, dass diese Bundesregierung rat- und hilflos ist.“ Klang fast so wie: „Friss oder stirb!“ Mit dem Briefeschreiben ist jetzt erst einmal Feierabend. Alles sei gesagt – pardon – geschrieben, aus dem Morgenland ins Vaterland. Über eine mögliche Kooperation zwischen Regierung und Opposition sprach Ulrich Wickert mit der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel.

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tagesthemen, 22:30 Uhr, tagesthemen, 03.03.2005 22:30 Uhr