Kommentar
Regierungskrise in Thüringen Der CDU fehlt es an Weitsicht
Stand: 22.02.2020 21:24 Uhr
Die Parteispitze der CDU torpediert ohne Not die mögliche Lösung der Regierungskrise in Thüringen. Ein Verhalten, das an Kalte-Krieg-Zeiten erinnert und Weitsicht vermissen lässt.
Ein Kommentar von Tim Herden, MDR
Die CDU taumelt weiter durch die Thüringen-Krise und scheint völlig neben der Spur. Schuld daran - die Berliner Parteispitze. So versuchen ohne Not Parteivize Jens Spahn und Generalsekretär Paul Ziemiak die Erfurter Einigung mit der Linkspartei zu torpedieren, statt die lang gesuchte Lösung leise zu akzeptieren. Gelobt sei das Dogma des Unvereinbarkeitsbeschlusses.
Neuauflage der Rote-Socken-Kampagne?
Spahn bekommt mildernde Umstände. Er muss den harten konservativen Hund raushängen lassen, wenn er aus dem Schatten von Friedrich Merz treten will. Ziemiak dagegen scheint noch mal Peter Hintzes Rote-Socken-Kampagne aus der Mottenkiste zu holen.
Oder lebt er sogar noch im Kalten Krieg? Sein Vorgehen riecht schon ein bisschen sehr nach DDR-Zeiten: Die CDU-Zentrale in Berlin entscheidet. Die Parteifreunde in Erfurt führen aus.
Jedenfalls kann man sich die Sonntagsreden sparen, dass man den Osten besser verstehen müsse und es dort andere demokratische Traditionen gäbe. Die West-CDU sagt mal wieder den Ost-Mitgliedern wo es lang geht. Und das im 30. Jahr der Einheit.
Tim Herden, MDR, kommentiert die Krise der CDU in Thüringen
tagesthemen 23:15 Uhr, 22.02.2020
Abgeordnete sind frei in ihrer Entscheidung
Ziemiak und Spahn fehlt es aber auch an der nötigen Weitsicht. In einem Jahr könnte es in Sachsen-Anhalt genau andersherum kommen. Dann muss vielleicht der CDU-Spitzenkandidat bei der Linken anklopfen und um ihre Stimmen für eine Minderheitsregierung bitten - wenn er nicht von der Gnade der AfD abhängig sein will.
Und noch eines sollten die christdemokratischen Moralisten aus Berlin beachten: Auch in Thüringen sind Abgeordnete frei in ihrer Entscheidung. Parteimitgliedschaft und Parteibeschlüsse hin oder her.
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