
Welternährungsbericht Hunger - die Folge satter Ignoranz
Ein Zehntel der Weltbevölkerung hat nicht genug zu essen - weil das weltweite Ernährungs- und Absatzmarkt-System versagt. Jetzt ist die Zeit für einen vereinten Kampf gegen den Hunger.
Wer da schockiert ist, lügt. Ein Schock kommt unerwartet. Die vernichtende Bilanz des Welternährungsberichts tut es nicht. Dass ein Zehntel der Weltbevölkerung im 21. Jahrhundert nicht genug zu essen hat, ist die Folge satter Ignoranz. Die reiche Welt im Suppenkoma. Und es wird immer absurder.
Gerade wetteifern drei Milliardäre damit, mit ihren Playmobilen ins Weltall zu fliegen: schneller, höher, grenzenlos. Die Bransons, Bezos, Musks wollen Touristen dort in die Ferien schicken. Nein, kein Klischee-Gejammer: Das sollen sie gern tun. Denn wenn nicht, hungert dadurch kein Kind weniger in Afrika. Aber: Warum steckt die Welt nicht so viel Energie, Technik und Geld in die Entwicklung unserer Ernährungssysteme wie die Superbrains in ihre Weltraumträume?
Erst Klimawandel...
In Kanada fackeln seit Wochen die Kornfelder ab. Der Nordwesten eines der reichsten Industrieländer bangt um seine Ernte. Klimaexperten sagen klar: Diese Hitzewelle ist menschengemacht. Die nächste steht vor der Tür. Und die Politiker, die noch bis gestern an einer weiteren umweltgefährdenden Ölpipeline klammerten, sagen: Wir müssen uns mal an den Klimawandel anpassen.
... dann Corona
Überraschender als der Klimawandel kam Corona. Die Pandemie soll nach dem Bericht die Zahl der Hungernden vergrößert haben. Die Zahl der Kinder, die zu klein sind und zu dünn. Die nicht richtig lernen können, weil sie nie satt sind. Und es auch vor der Pandemie nicht waren. Als UN-Chef Antonio Guterres flehte, dass wenigstens in den schweren Zeiten von Corona weltweit die Waffen schweigen mögen, gab es deshalb keinen Konflikt weniger als vorher. Erbärmlich - auch das keine Überraschung.
Aber alle haben wieder eine gute Entschuldigung: Corona und die Folgen haben die Zahl der weltweit Hungernden um 18 Prozent steigen lassen. Jetzt sehen alle schwarz für das UN-Ziel, dass bis 2030 keiner auf der Welt mehr hungert. Verfehlt um 660 Millionen Menschen - mehr als achtmal so viele, wie in Deutschland leben.
Keine Entschuldigung mehr
Jetzt sollte mal Schluss sein mit der Ignoranz. Wir müssen unser weltweites Ernährungs- und Absatzmarkt-System verändern - um sicherzustellen, dass ein Teller Bohnensuppe im Südsudan in Relation nicht Hundertmal teurer ist als einer in Berlin - nämlich mehr Geld als ein durchschnittlicher Tagesverdienst. Der Kampf gegen den Hunger muss so vereint geschehen wie der gegen die Corona-Pandemie. Und mit so viel Energie, dass das Nicht-Hunger-Ziel erreicht ist, bevor die Musks dieser Welt auf dem Mond sind.
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