Kommentar

Kommentar Oettingers Aufgabenbereich ist das Problem

Stand: 14.01.2010 21:46 Uhr

Der Auftritt des designierten Energiekommissars vor dem EU-Parlament war überzeugend. Auch, weil Oettinger wusste, dass er auf nationale Interessen der EU-Staaten Rücksicht nehmen musste.

Ein Kommentar von Christoph Prössl, NDR

Von Christoph Prössl, NDR-Hörfunkstudio Brüssel

Günther Oettinger hatte seine Hausaufgaben gemacht. Der Anwärter auf den Posten des Energiekommissars hatte sich gut vorbereitet, die Themen gelernt. Das ist auch im Parlament so angekommen, über die Parteigrenzen hinweg. Selbst die Grünen fällten ein positives Urteil, obwohl der Grundkonflikt bleibt: Oettinger sieht in der Atomenergie eine Brückentechnologie.

Aber was soll er auch anderes sagen: Energiepolitik ist nationale Politik, und wenn Frankreich oder andere Staaten auf Kernenergie setzen, dann steht es nicht in der Macht eines Kommissars, dies zu ändern. Er kann aber die Sicherheitsstandards definieren oder gar verschärfen, und er kann die Weichen dafür stellen, dass der Übergang zu alternativen Energien schneller gelingt. Und an diesem Ziel möchte er mitarbeiten. Die EU hat bereits strenge Klimaziele definiert und Oettinger hat dem Parlament glaubhaft zugesichert, dass er daran mitwirken kann. Er ist konkret geworden: Bis 2011 soll dem Parlament ein Plan vorliegen, wie die EU Energie sparen kann. 

Schlagkräftig und fast schon unterhaltsam

Der CDU-Politiker konnte auch in seiner Art überzeugen. Er war schlagkräftig und an wenigen Stellen fast schon unterhaltsam: Für viele Beobachter ist das eine bislang bei ihm unentdeckte Eigenschaft. Auf diese Art konnte er Vorwürfe, er stehe der Energiewirtschaft zu nahe, geschickt aus dem Weg räumen. Damit ist das Problem nicht gebannt: Die Parlamentarier werden weiterhin darauf achten müssen, dass die Politik der Kommission die Interessen der Verbraucher und der Wirtschaft gleichermaßen vertritt.

Einen wichtigen Punkt ließen die Abgeordneten aus: die umstrittene Rede zu Hans Filbingers Beerdigung. Oettinger hatte über seinen Vorgänger im Amt des Ministerpräsidenten gesagt, er sei kein Nationalsozialist gewesen. Dabei war Filbinger Mitglied der NSDAP gewesen und hatte als Richter Todesurteile gefällt. Doch die Rede hatte Oettinger 2007 gehalten. Sie brachte ihn damals nicht zu Fall. Ein Skandal - aber fast drei Jahre später verhindert das keinen Kommissar. Deswegen war es richtig, die Anhörung auf Inhalte zu beschränken.

Aufgabenbereich Oettingers bleibt ein Problem

Ein grundlegendes Problem ist nicht angesprochen worden, vielleicht weil es auch noch einmal hinter den Kulissen Thema sein wird: der Aufgabenbereich Oettingers. Der designierte Kommissar wird Herr über die Gas- und Stromnetze, soll den Ausbau und die Versorgungssicherheit voran treiben, aber dann endet auch schon sein Einfluss. Für die Klimapolitik wird eine Kollegin verantwortlich sein, es gibt eine Hohe Repräsentantin für die Außen- und Sicherheitspolitik, die sicherlich auch mit Russland über Energie sprechen wird, und der Forschungskommissar übernimmt alles, was zum Thema Entwicklung und erneuerbare Energien ansteht.

Aber vielleicht ist es falsch, sich einen mächtigen deutschen Kommissar zu wünschen. Vielmehr kommt es darauf an, wie das Team der Kommissare arbeitet. Aber dazu hat es keine Fragen im Ausschuss gegeben. Befriedigende Antworten auf die Frage, wie die Zusammenarbeit mit den anderen Kommissaren in Zukunft aussehen soll, hätten den Auftritt Oettingers noch besser wirken lassen.

Redaktioneller Hinweis

Kommentare geben grundsätzlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder und nicht die der Redaktion.