Abgas strömt aus dem Auspuff eines Autos
Kommentar

Geplantes EU-Verbot ab 2035 Verbrenner sind von gestern

Stand: 28.10.2022 13:19 Uhr

Ab 2035 sollen in der EU keine Neuwagen mit Verbrennermotoren mehr verkauft werden. Richtig so - doch die Entscheidung sei viel zu spät gefallen und werde erst recht viel zu spät umgesetzt.

Spät kommt es, doch es kommt - das Aus für den Verbrennungsmotor. Endlich ist die politische Entscheidung dafür gefallen. Bedauerlich trotzdem, dass es noch so lange dauern soll. Schließlich geht es um eine mehr als 150 Jahre alte Technik, die zwar ständig optimiert wurde, deren Hauptproblem aber trotz immer mehr Leistung der Motoren aus immer weniger Hubraum bleibt: Sie verursacht CO2. Und das kann und darf sich eine Gesellschaft, die bis 2050 klimaneutral werden will, schlicht und einfach nicht mehr leisten.

Aus dieser Perspektive betrachtet hätte man Otto- und Dieselmotoren deshalb viel früher ein Ende setzen müssen. Hat man aber nicht - aus Sorge, dass einem die Automobillobby vor allem aus Deutschland aufs Dach steigt. Das tut sie zwar auch so, ein bisschen zumindest - aber der Übergangszeitraum, immerhin noch gut zwölf Jahre, ist so lang bemessen, dass es auch dem letzten Hersteller gelingen dürfte, sich bis dahin anzupassen.

Umstieg auf E-Motoren meist schon beschlossene Sache

Deren Kritik erscheint ohnehin etwas überraschend. Vor allem, wenn es heißt, das Verbot komme zu früh und zu schnell - oder würde gar dem Standort Deutschland ernsthaft schaden. Die meisten Autoproduzenten haben doch längst selbst entschieden, künftig nur noch auf E-Antriebe zu setzen - und das deutlich vor 2035. Die Aufregung wirkt also bestenfalls künstlich.

Vielleicht hat das ja mit den Emotionen zu tun, die röhrende Motoren bei manchen immer noch auslösen. Da möchten nicht alle drauf verzichten. Müssen sie auch nicht, denn ganz feine, aber ganz kleine Edel-Autoschmieden, die weniger als 10.000 Autos pro Jahr herstellen, dürfen den Verbrenner weiter nutzen. Man mag an Ferrari denken, Lamborghini - oder an die FDP, die nämlich ganz besonders darauf gedrängt hat, Verbrennungsmotoren über 2035 hinaus zumindest noch mit angeblich klimaneutralen eFuels, also synthetischen Kraftstoffen, betreiben zu dürfen. Wahrscheinlich wirklich, weil ansonsten ja künftig der schöne Motorsound fehlt.

Schlechte Energiebilanz für eFuels

Aber das dürfte Wunschdenken bleiben. Sogenannte eFuels haben mit Blick auf ihre Energiebilanz nämlich einen erschreckend schlechten Wirkungsgrad. Sie brauchen enorm viel elektrischen Strom in der Herstellung. Besser deshalb, man steckt diesen elektrischen Strom direkt in die Akkus für die E-Mobilität, dann hat man mehr davon.

Eins haben die Gegner des Verbots allerdings tatsächlich in Brüssel erreicht: Dass die Entscheidung nämlich 2026 noch einmal überprüft werden soll. Aber zumindest kein vernünftiger Mensch wird dann noch ernsthaft daran rütteln wollen. Und das ist gut so. Denn Verbrenner sind von gestern. Und gestern ist vorbei.

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Holger Beckmann, Holger Beckmann, ARD Brüssel, 28.10.2022 12:30 Uhr