Jahresrückblick 1978 Kritik am "Radikalenerlass"

Stand: 15.12.2010 08:43 Uhr

Staatsverdrossenheit und Kritik am sogenannten "Radikalenerlass" führen zu Protesten gegen Berufsverbote im öffentlichen Dienst. Bürgerinitiativen und neue Parteien wie die Grünen, aber auch rechtsradikale Parteien erleben einen Aufschwung.

Staatsverdrossenheit und Kritik am sogenannten "Radikalenerlass" führen zu Protesten gegen Berufsverbote im öffentlichen Dienst. 10.000 Menschen gehen in Berlin auf die Straße, um für die Wiedereinstellung des Lehrers Hans Apel zu demonstrieren.

Der "Radikalenerlass", ein 1972 unter der Regierung Brandt beschlossenes Gesetz, regelt die Überprüfung von Bewerbern für den öffentlichen Dienst. Wem die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation nachgewiesen wird, wird vom Dienst ausgeschlossen. Da der Paragraf in verschiedenen Bundesländern unterschiedlich angewandt wird, ist er heftiger Kritik ausgesetzt. 1975 entscheidet das Bundesverfassungsgericht, dass die Eignung eines Bewerbers nicht von der Mitgliedschaft in Organisationen, sondern von seinem Verhalten und seiner Persönlichkeit abhänge. Die unionsregierten Länder halten trotzdem an dem alten Gesetz fest, nachdem eine Änderung im Bundesrat scheitert.

Allgemein wird kritisiert, dass die etablierten Parteien den Kontakt zu den Menschen, besonders der jungen Generation, verloren haben. Bürgerinitiativen und neue Parteien wie die Grünen, aber auch rechtsradikale Parteien erleben einen Aufschwung. Proteste gegen den Wehrdienst, der Rücktritt des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Filbinger und die Abweisung der "Sexismus"-Klage gegen die Zeitschrift "Stern" sind weitere Punkte, an denen sich die Zerrissenheit der Bürger zeigt.