Ffp-2-Masken | picture alliance / SchwabenPress
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Maskendeals Steuerermittlungen gegen Andrea Tandler

Stand: 14.12.2021 06:01 Uhr

Die Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs Tandler hat bei Maskengeschäften hohe Provisionen erhalten und diese womöglich nicht korrekt versteuert. Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft ermitteln.

Von Claudia Gürkov und Arne Wilsdorff, BR

Die Schweizer Firma Emix Trading hat an Maskengeschäften mit Bund und Ländern sehr gut verdient. Zu den vielen Fragezeichen rund um die Maskengeschäfte mit dem Freistaat Bayern kommt ein weiteres hinzu: Es steht der Verdacht im Raum, dass Provisionen nicht korrekt versteuert wurden. Vermittelt hatte die Maskengeschäfte Andrea Tandler - über die E-Mail-Adresse ihrer Münchner PR-Agentur. Das geht aus einer Antwort des bayerischen Gesundheitsministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervor.

Die Provisionen, die die Emix Trading an Andrea Tandler gezahlt haben soll, flossen aber offenbar an eine andere Firma, die sie und ein Geschäftspartner besitzen: die Little Penguin GmbH mit Sitz in Grünwald. In einer weiteren Anfrage der Grünen bestätigt das Justizministerium laufende strafrechtliche Ermittlungen gegen Andrea Tandler. Sie äußert sich auf BR-Anfrage bisher nicht. Von der Emix Trading heißt es: "Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns aus Wettbewerbsgründen grundsätzlich nicht öffentlich zu internen Geschäftsvorgängen äußern."

Gewerbesteueroase Grünwald

Grünwald ist nicht nur Villenvorort von München, sondern gilt auch als kleine Steueroase: Der dortige Gewerbesteuerhebesatz ist laut IHK München und Oberbayern einer der günstigsten Sätze deutschlandweit. In München ist der Satz mehr als doppelt so hoch.

Auffällig ist zudem, dass Andrea Tandler die Little Penguin GmbH in Grünwald erst am 6. April 2020 mit einem Geschäftspartner gegründet hat, Mitte April 2020 wurde sie ins Handelsregister eingetragen. Das bayerische Gesundheitsministerium hatte bereits am 3. März 2020 FFP2-Masken bei Emix Trading bestellt. Nach BR-Recherchen erfolgte die letzte Lieferung von Emix-Masken Ende März 2020. Die Provision floss also offenbar an eine Firma, die zum Zeitpunkt des Maskengeschäfts noch nicht existierte.

Mit Hilfe von Andrea Tandler hatte Emix Trading mehrere Geschäfte mit dem Bundesgesundheitsministerium und einigen Bundesländern abgeschlossen. Nach Medienberichten bewegten sich Honorare und Provisionen für Andrea Tandler zwischen fünf und 7,5 Prozent, insgesamt geht es um zweistellige Millionenbeträge.

"Noch lange nicht alles aufgeklärt"

Dass die Staatsanwaltschaft München I ermittelt, zeigt für den Grünen-Landtagsabgeordneten Florian Siekmann, dass noch lange nicht alle Maskengeschäfte aufgeklärt seien. Der Vizevorsitzende des Untersuchungsausschusses Maske im Bayerischen Landtag schreibt auf BR-Anfrage: "Die Ermittlungen zeigen, dass bei diesem Deal maximaler Profit das Ziel war. Andrea Tandler wollte wohl aus der CSU-Connection so viel rausholen wie möglich und dabei noch den höheren Münchner Gewerbesteuersatz umgehen. Mit welcher Profitgier hier in der pandemischen Notlage vorgegangen wurde, lässt mich fassungslos zurück."

Identische Geschäfte in Nordrhein-Westfalen?

Bayern und Nordrhein-Westfalen hatten gemeinsam bei der Emix Trading bestellt. Die Internetplattform FragDenStaat hat Teile der Kommunikation zwischen den Gesundheitsministerien beider Länder, Emix und Andrea Tandler veröffentlicht. Anders als in Bayern ist es in NRW aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes möglich, solche Dokumente anzufragen.

Darunter sind auch rund 15 E-Mails von Andrea Tandler an das Ministerium in Düsseldorf. Auch hier verwendete sie stets die E-Mail-Adresse ihrer Münchner PR-Firma.

Geschäfte mit Hindernissen

Die Hälfte des Kaufpreises musste Nordrhein-Westfalen mit Verkaufsabschluss anweisen, fast fünf Millionen Euro gingen an die Emix Trading. Mit 9,90 Euro zahlte NRW einen Euro mehr pro Maske als Bayern. Beide Bundesländer hatten je eine Million FFP2-Masken der US-Firma 3M bestellt. Geliefert wurden nach Nordrhein-Westfalen allerdings nur 527.200 Stück, allerdings handelte es sich nach BR-Informationen um Masken vier verschiedener chinesischer Firmen. Und: Es waren keine FFP2-Masken, sondern vor allem Masken des Typs KN95. Im April 2020 wollte das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium nicht länger auf die restlichen Masken warten und stornierte den Vertrag.

An Bayern lieferte Emix Trading laut einem nichtöffentlichen Bericht des Gesundheitsministeriums eine Million Masken. Kostenpunkt 8,9 Millionen Euro. Von welchem Hersteller diese Masken stammen, ist bisher nicht öffentlich bekannt. Außerdem erhielt der Freistaat laut Bericht 65.000 Schutzkittel für 1,2 Millionen Euro über die Emix Trading. Ursprünglich hatte das Gesundheitsministerium weit mehr bestellt, stornierte aber wieder, weil nicht zeitnah geliefert wurde.

Im Januar nimmt Untersuchungsausschuss Arbeit auf

Am 14. Januar 2022 kommt der Untersuchungsausschuss Maske im Bayerischen Landtag zu seiner ersten Arbeitssitzung zusammen. Vergangene Woche hatte er sich konstituiert, einen ersten Sachverständigen für Vergaberecht berufen und die beteiligten Ministerien beauftragt, Listen relevanter Akten anzufertigen. Den Vorsitz hat der frühere bayerische Justizminister Winfried Bausback (CSU).

Über dieses Thema berichtete BR24 am 14. Dezember 2021 um 09:34 Uhr.