
Umstrittene Verbindungen AfD-Abgeordneter spricht auf russischer Konferenz
Die AfD findet keine klare Linie im Umgang mit Russland. Nun trat ein AfD-Politiker auf einer Konferenz für die russische Wirtschaft auf - und Parteichef Chrupalla äußerte sich in russischen Staatsmedien.
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Stefan Keuter ist bekannt für seine guten Kontakte nach Russland. Nun zeigen Recherchen des ARD-Politikmagazins Kontraste, dass er jüngst an einer politisch äußerst fragwürdigen Konferenz teilgenommen hat: In Moskau trafen sich unter dem Titel "Wirtschaft gegen Sanktionen" Vertreter der russischen Politik und Wirtschaft. Diskutiert wurde unter anderem, wie man am besten mit den internationalen Sanktionen umgehen könnte. Aus Deutschland live zugeschaltet trat der AfD-Außenpolitiker Keuter auf.
"Das ist reine Propaganda"
Kontraste liegt eine Aufzeichnung seines Auftritts vor. Darin übersetzt ihn eine Simultan-Dolmetscherin: "Deutschland unterstützt die Ukraine ganz offensichtlich nicht nur mit humanitärer Hilfe, sondern auch auf vielfältige andere Weise. (…) Das heißt, die Medien erzählen uns einerseits von den bösen Russen und andererseits vom verrückten Präsidenten und von den armen Opfern. Das ist kein Journalismus, das ist reine Propaganda."
Weiter heißt es, diese Propaganda würde die Entstehung weiterer Sanktionen anregen. Die Deutschen würden nicht mehr für nationale Interessen kämpfen, sondern für die Interessen anderer Länder, vor allem für die Interessen der Vereinigten Staaten. Mehrere Anfragen von Kontraste dazu ließ Keuter unbeantwortet. Auch seine Fraktion im Bundestag äußerte sich nicht zu seinem Auftritt.
Scharfe Kritik von den Grünen
Keuter ist Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, der wegen seiner hochsensiblen Themen nicht öffentlich tagt. Sein Ausschuss-Kollege, der Grünen-Politiker Robin Wagener, kritisiert Keuters Äußerungen scharf: "Deutschlands Reaktionen auf Putins barbarischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit anti-amerikanischen Verschwörungsmärchen zu erklären, ist schlichtweg peinlich und einem Mitglied des Bundestags nicht würdig."
Keuter beschädige mit seinem Auftreten vor allem sich selbst und sein Mandat, so Wagener, der Vorsitzender der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe ist, gegenüber Kontraste.
Äußerungen in russischen Medien nehmen wieder zu
Die Zahl der Äußerungen von AfD-Abgeordneten in staatlichen oder regierungsfreundlichen russischen Medien war seit dem Überfall auf die Ukraine zunächst stark zurückgegangen. Seit kurzem scheint es mit dieser Zurückhaltung allerdings vorbei zu sein: So ließ sich Stefan Keuter von der Kreml-nahen "Iswestija" zur Verwendung des Kriegssymbols Z interviewen.
"Der Buchstabe Z gehört zum deutschen Alphabet, (…) wir dürfen nicht auf den Buchstaben Z auf Autokennzeichen oder sonstwo verzichten, nur weil Invasionstruppen aus Russland in der Ukraine dies als Erkennungszeichen verwenden", so Keuters Kommentar zum Verbot der symbolischen Verwendung des Z in Deutschland. Zudem bezeichnete Keuter die Ukraine-Berichterstattung deutscher Medien auch dort als "Propaganda".
Auch der ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Waldemar Herdt kommt nach wie vor regelmäßig in russischen Medien zu Wort. Zuletzt wurde er in dieser Woche live in die wichtigste tägliche Polit-Talkshow "60 минут " (60 Minuten) des Staatsfernsehens zugeschaltet.
Auch Chrupalla in russischen Staatsmedien
Partei- und Fraktionschef Tino Chrupalla hat offenbar ebenfalls keine Berührungsängste mit russischen Staatsmedien. So ließ er sich kürzlich in der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti zu Nord Stream 2 zitieren. Die Bundesregierung solle an der Pipeline festhalten. Auf Anfrage von Kontraste schrieb Chrupalla knapp, er habe auf eine Anfrage von Ria Nowosti reagiert und wollte mit seinen Äußerungen "die weltweite Leserschaft von Ria Nowosti" ansprechen.
Kurz vor Chrupallas Äußerungen veröffentlichte die Agentur einen weltweit beachteten Text mit Völkermord-Fantasien und Planungen zur Vernichtung der Ukraine. Auf eine Kontraste-Frage zu diesem Umstand ging Chrupalla nicht ein.
"Allianz zwischen Kreml und AfD"
An der Moskauer Konferenz nahmen neben dem AfD-Politiker Keuter etwa der mit internationalen Sanktionen belegte stellvertretende Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses der Duma, Denis Krawtschenko, teil. Ebenso der Leiter der regierungsnahen Denkfabrik "Zentrum für strategische Studien" (CSR).
Die Leitung hatte Andrej Nazarov, Ministerpräsident der Republik Baschkortostan. Dort hatte AfD-Mann Keuter im letzten Herbst bereits als sogenannter Wahlbeobachter fungiert - eine beliebte Methode der russischen Propaganda, westliche Abgeordnete zu Scheinwahlen hinzuzuziehen.
Nazarov war bis 2019 Organisator des Jalta-Forums, einer Veranstaltungsreihe zur Wirtschaftsförderung auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim. Auch dort war Stefan Keuter schon zu Gast.
Der Grünen-Außenpolitiker Robin Wagener bezeichnet diese Verbindungen als "unheilige Allianz zwischen dem Kreml und der AfD". Es gehöre zur traurigen Wahrheit, dass sich Abgeordnete der AfD regelmäßig zu nützlichen Werkzeugen der russischen Propaganda machten. Die AfD und Putin eine das Ziel, die demokratischen Errungenschaften unserer freien Gesellschaft zu überwinden, so Wagener.
AfD-Mann Keuter spricht Russland Mut zu
Bei der Zusammenkunft in Moskau gab sich Keuter zuversichtlich, dass die russische Wirtschaft Ersatz für abgewanderte deutsche Unternehmen finden werde, wie der Presseerklärung des Veranstalters zu entnehmen ist. Um dies zu fördern, vereinbarten die Teilnehmer ein neues Gesprächsformat. Damit solle der Sanktionsdruck auf die russische Wirtschaft verringert werden, berichtet die Nachrichtenagentur Interfax.
Ziel des neuen sogenannten "Ufa-Dialogs" wird es sein, internationale Wirtschaftskontakte zu pflegen. Zu diesem Dialog wurde Keuter spontan eingeladen. Auf Kontraste-Nachfrage, ob er diese Einladung annehmen werde, schwieg er.