CSU will nach Zypern-Äußerung Abbruch der Gespräche Erdogan kippt Wasser auf die Mühlen der Beitrittskritiker

Stand: 20.07.2011 18:15 Uhr

Für die Kritiker eines EU-Beitritts der Türkei waren die Worte des türkischen Regierungschefs Erdogan Wasser auf die Mühlen. Er hatte angekündigt, den Kontakt zur EU abzubrechen, wenn Zypern die Ratspräsidentschaft inne hat. Aus der CSU kommt nun die Forderung, die Beitrittsverhandlungen zu stoppen.

In Deutschland ist erneut eine innenpolitische Debatte über einen EU-Beitritt der Türkei ausgebrochen. Auslöser war eine Äußerung des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan zur anstehenden EU-Ratspräsidentschaft Zyperns. "Sechs Monate lang wird es keine Beziehungen zwischen der Türkei und der EU geben", hatte Erdogan gestern gesagt - und sich damit auf die zweite Hälfte des Jahres 2012 bezogen, in der die Republik Zyperns turnusgemäßt die Ratspräsidentschaft übernimmt.

"In der EU definitiv nichts verloren"

Mehrere CSU-Politiker forderten einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Sollte die türkische Regierung diese Drohung wahrmachen, habe sie "in der EU definitiv nichts verloren", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt dem "Münchner Merkur". Die EU dürfe sich Erdogans "Drohungen und Erpressungsversuche" in der Zypern-Frage "nicht länger gefallen lassen". Erdogan begegne Europa "mit Arroganz und Machtdenken".

CSU-Fraktionsgeschäftsführer Stefan Müller sprach von einer Brüskierung der EU durch Erdogan. Dessen Vorgehen zeige, dass die Türkei "niemals gleichberechtigter Partner in der EU sein" könne, sagte Müller der "Rheinischen Post". Politiker von CSU und CDU haben sich auch in der Vergangenheit mehrfach gegen eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU ausgesprochen und stattdessen eine so genannte "privilegierte Partnerschaft" ins Spiel gebracht.

Bundesregierung hält an Verhandlungen fest

Die Bundesregierung hält an den EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei fest. Die Haltung der Regierung sei unverändert in dieser Frage, sagte Außenamtssprecher Andreas Peschke. Man wolle die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei wie vereinbart fair und ergebnisoffen führen. Das Ende dieses Verfahrens könne man derzeit noch nicht absehen.

Für eine Weiterführung der Verhandlungen müsse die Türkei aber Fortschritte bei der Umsetzung des Ankara-Protokolls machen, mahnte Peschke. In diesem Protokoll ist vereinbart, die Zollunion zwischen der EU und der Türkei auf alle neuen Mitgliedsstaaten auszuweiten - also auch auf Zypern. Die EU besteht darauf, dass die Türkei ihre Häfen und Flughäfen für zypriotische Schiffe und Flugzeuge öffnet. Die türkische Regierung lehnt das wegen der Handelsbeschränkungen für den türkischen Nordteil Zyperns jedoch ab. Die Situation ist festgefahren.

Zypern ist seit 1974 geteilt in die griechischsprachige Republik Zypern im Süden und den vom türkischen Militär kontrollierten Norden. Nordzypern wird nur von der Türkei als souveräner Staat anerkannt. Die Republik Zypern trat 2004 der EU bei, das EU-Recht gilt aber vorläufig nur im Südteil. Versuche zur Wiederveinigung gab es mehrmals: 2004 lehnten die griechischen Zyprer einen UN-Plan zur Wiedervereinigung ab. 2008 wurden erneut Gespräche aufgenommen. Sie brachten bislang aber kaum Ergebnisse.