
Programme für Rückkehrer Wie Brandenburg um junge Familien buhlt
In Brandenburg schrumpft die Bevölkerung vielerorts, weil die Jüngeren in die Großstädte ziehen. Mit speziellen Programmen buhlen einige Städte um junge Familien.
Die meisten Städte in Brandenburg haben in den zurückliegenden 30 Jahren - nach dem Mauerfall und dem Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft - eine ganze Generation ihrer vor allem jungen Einwohner verloren. Jetzt buhlen die Städte auf unterschiedliche Art und Weise vor allem um junge Familien. Gransee und Forst sind zwei davon.
"Wir müssen uns den sozialen Medien mehr und mehr widmen, auf eine andere Art und Weise erreicht man die jungen Leute schlichtweg nicht", sagt Simone Taubenek, die Bürgermeisterin von Forst. "Beispielsweise haben wir mit einer Mitarbeiterin das Bewerbungsgespräch auch online gemacht. Sie saß in Chile und wir hier im Rathaus." Jetzt arbeite die junge Frau im Museum.
Solche kleinen Erfolge sind ein Lichtblick für die Bürgermeisterin. Mit zwanzig anderen Kommunen wirbt sie auf der Plattform "Ankommen in Brandenburg" im Internet und den sozialen Medien für ihre Stadt. Jobs werden dort angeboten, Kita-Plätze, günstiger Wohnraum - und es wird hervorgehoben, dass es auch eine Schwimmhalle gibt. Städte wie Cottbus und auch Berlin seien mit Bahn und Auto gut erreichbar.

Berlin und Cottbus sind nicht weit: Gransee und Forst werben um junge Familien.
Doch die Konkurrenz ist groß und Forst doch vergleichsweise weit weg: 150 Kilometer entfernt von Berlin im äußersten Südosten von Brandenburg. Deshalb hat die Stadt nicht jeder auf dem Zettel. Etwa ein Drittel seine Einwohner hat Forst in den zurückliegenden 30 Jahren verloren, knapp 18.000 Menschen leben hier.
"Über 30 Prozent der Bevölkerung ist über 60 Jahre alt", erklärt die Bürgermeisterin. "Mir fehlt jetzt nicht nur die Generation, die damals berufsbedingt weggegangen ist, sondern mittlerweile auch deren Kinder." Das sei der Grund, warum die Stadt sich beim Projekt "Ankommen in Brandenburg" beteiligt habe.
Forst setzt auf Rückkehrer
Taubeneks Werben zielt vor allem auf ehemalige Forsterinnen und Forster, die die Stadt wegen Studium, Ausbildung oder Jobs verlassen haben und jetzt möglichst zurückkehren sollen. Sie setzt dabei auf deren Heimatverbundenheit. Bei einigen mit Erfolg - wie bei Diana Zimmermann. 2006 folgte sie ihrem Mann nach Bayern wegen der Arbeit.
"Wir waren damals in unserem Jahrgang 120 Abiturientinnen und Abiturienten", erzählt die junge Frau, davon seien drei Viertel weggezogen - quer durch Deutschland. "Nur ein kleiner Teil ist hier geblieben. Aber man merkt: Es kommen viele auch wieder zurück, weil Forst lebenswert ist." Zimmermann und ihr Mann gehören dazu. Sie arbeitet jetzt bei der Stadtverwaltung und organisiert dort Veranstaltungen. Ihr Mann kann seinen Job von zu Hause aus erledigen, dank Homeoffice.
Gransee bevorzugt die Einheimischen
In Gransee, gut 200 Kilometer nördlich von Forst, wollen die Stadtplaner erreichen, dass die jungen Menschen gar nicht erst weggehen oder maximal für ein paar Jahre für Studium oder Ausbildung. Auch in Gransee sind die Älteren in der Mehrheit, doch über mangelnden Zuzug können sie sich in der Stadt nicht beklagen. Knapp 6000 Einwohner hat die Stadt derzeit, ihre Zahl wächst seit einiger Zeit wieder etwas.
Gransee liegt idyllisch in der Märkischen Seenlandschaft und ist gut zu erreichen. Eine dreiviertel Stunde braucht die Bahn bis zum Berliner Hauptbahnhof. Es liegt nahe, hier günstig zu wohnen und in Berlin zu arbeiten - oder sich etwas zu suchen für die Wochenenden und Ferien.
Der Run auf die Grundstücke ließ auch rund um Gransee die Preise steigen - wenn auch längst nicht auf das Niveau wie rund um Berlin, wo der Quadratmeter schon mal 500, 800 oder gar mehr als 1000 Euro kostet. "Wir liegen noch im zweistelligen Bereich mit unseren Bodenpreisen", sagt Christian Tutsch, der Stadtplaner im Amt Gransee. "Aber wir merken schon, dass die sich hier verdoppelt haben in den letzten zehn Jahren. Auf dem freien Markt erzielt man sicherlich noch mehr auch dreistellige Beträge."
Diese Entwicklung sind dem Stadtplaner und seinem Chef, Nico Zehmke, dem Bauamtsleiter des Amtes Gransee, ein Dorn im Auge. In Bayern stießen sie auf das sogenannte "Einheimischenmodell" und passten es an die Granseer Verhältnisse an. Demzufolge sollen junge Familien aus der Gegend mit Kindern und mittlerem Einkommen bevorzugt Grundstücke kaufen dürfen, wenn sie sich sozial engagieren.
Wer in der Feuerwehr ist, sammelt Punkte
"Das heißt also, bestimmte Ehrenamtstätigkeiten, insbesondere die Mitarbeit in der freiwilligen Feuerwehr, waren hier ein wichtiger Entscheidungspunkt", erklärt Bauamtsleiter Zehmke. Das Ganze funktioniert nach einem Punktesystem.
Doch was heißt das für Auswärtige etwa aus Berlin - bleiben für sie die Stadttore von Gransee künftig verschlossen? Nein, sagt Stadtplaner Tutsch. "Es ist vorteilhaft, wenn man in Gransee eine gewisse Zeit gewohnt hat, da gibt es sozusagen extra Punkte. Aber ein Berliner mit sechs Kindern, der in der Feuerwehr aktiv ist, kriegt unter Umständen mehr Punkte als ein Granseer ohne Kinder, der nicht in der Feuerwehr ist."
In einer Eigenheimsiedlung haben die Stadtoberen das Modell bereits angewandt. Vor zwei Jahren wurden die Grundstücke zum Einheitspreis von 69 Euro pro Quadratmeter verkauft. Jetzt stehen Tutsch und Zehmke zwischen fertigen Häusern und Baustellen, auf denen sich Kräne drehen. Von den insgesamt 16 Häusern gehören zwölf Granseern, die vier anderen gingen an Berliner.
"Kurz weg zum Studieren in Potsdam"
Für die beiden Männer aus dem Bauamt ist das ein Erfolg. Und wie zum Beweis kommt gerade eine junge Frau mit Kinderwagen vorbei. Julia Dierberg ist Lehrerin, in Gransee geboren und baut mit ihrem Mann gerade ein Haus. Das habe lange gedauert, jetzt sei es aber fast fertig, erzählt sie.
"Ich war mal ganz kurz weg zum Studieren in Potsdam, bin aber schnell wieder zurückgekommen, da ich eher ein Zuhause- und Familientyp bin", sagt Dierberg. Die Idee mit dem Einheimischenmodell finde sie super, sie habe auch schon viele bekannte Gesichter hier gesehen, aber auch einige unbekannte, da ja nicht alle Grundstücke an Leute von hier gegangen seien.
Zehmke und Tutsch haben in und um Gransee schon ein, zwei weitere kommunale Flächen im Sinn, wo Grundstücke wieder nach dem Einheimischenmodell verkauft werden könnten.