
Auszahlung von Hilfen Lange Verzögerungen bei Wohngeld erwartet
Bei der Wohngeldreform rechnen Kommunenvertreter mangels Personal mit starken Verzögerungen bei der Auszahlung. Schon heute dauere die Bearbeitung eines Antrags mehrere Monate. NRW geht von Bewilligungen erst ab April 2023 aus.
Das Wohngeld für deutlich mehr Berechtigte kann aus Sicht der Kommunen erst mit monatelangen Verzögerungen ausgezahlt werden. Grund sei vor allem der Personalmangel in den Behörden. "Schon heute dauert die Bearbeitung eines Wohngeldantrags drei bis sechs Monate", sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, der "Bild". "Das wird sich deutlich ausweiten."
Neben der Umstellung der Software auf neue Parameter komme auch eine Welle von neuen Anträgen auf die Kommunen zu. "Wir haben nicht die Leute, um die schnell abzuarbeiten", erklärte Landsberg. Die Städte hätten die Stellen ausgeschrieben, könnten sie aber nicht besetzen.
"Die Unterstützung wird viele Menschen nicht zeitnah erreichen", sagte auch der Geschäftsführer des Städtetages NRW sowie des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy. Der Bund habe sich geweigert, Vereinfachungen im Gesetz wie zum Beispiel Pauschalen einzuführen, die eine zügigere Auszahlung ermöglicht hätten. Jetzt komme es darauf an, die EDV-Vorgaben vom Land so schnell wie möglich zu bekommen. Auch Dedy prognostizierte wochen- oder monatelange Verzögerungen. "Das ist eine Bauchlandung mit Ansage", sagte er.
Bauministerium: Verwaltung soll vereinfacht werden
Eine Sprecherin von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) verwies auf geplante Verwaltungsvereinfachungen, die es einfacher machen sollten, das Wohngeld auszuzahlen. Das sogenannte Wohngeld-Plus-Gesetz sehe unter anderem die Möglichkeit vorläufiger Zahlungen vor. Außerdem könne der Bewilligungszeitraum bei gleichbleibenden Verhältnissen auf 24 Monate verlängert werden.
Bis Ende Juni 2023 werde zudem die Verpflichtung der Jobcenter ausgesetzt, Menschen umgehend an die Wohngeldbehörde zu verweisen, die zuvor Hartz IV oder Sozialhilfe bezogen haben. Damit soll ein Antrags- oder Bearbeitungsstau vermieden werden, so dass zügig über Anträge sogenannter Wechsler entschieden werden soll.
Ziel sei es, die Verwaltungsvereinfachungen bis Mitte Dezember abzuschließen, so dass sie zu Beginn Januar final seien, so die Sprecherin. Mit den Verwaltungsvereinfachungen werde den Ländern die Möglichkeit an die Hand gegeben, flexibler auf die steigenden Antragszahlen und entsprechende Geschäftslagen reagieren zu können.
NRW rechnet mit Bewilligungen erst ab April 2023
Aus den Ländern kommt jedoch Kritik: Auch Nordrhein-Westfalens Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) rechnet mit massiven Verzögerungen und Problemen bei der Umsetzung. "Die Bundesregierung hatte von Anfang an das Ziel, die Wohngeldreform mit aller Macht durchzuboxen. Dabei wird sie sich selbst ein blaues Auge holen", sagte Scharrenbach. Es fehle an Personal für die Bearbeitung der Anträge, und neue Mitarbeiter könnten auch erst ab Mitte Dezember geschult werden.
"Wir gehen davon aus, dass Wohngeldanträge nach neuem Recht erst ab April 2023 und dann rückwirkend bewilligt werden können", sagte die NRW-Ministerin. Schon jetzt sei ein Ansturm auf die Wohngeldstellen zu bemerken. Für mögliche Abschlagszahlungen habe kaum ein Land Vorkehrungen getroffen. Außerdem brächten sie Doppelarbeit für die Verwaltungen.
Bayerns Bauminister Christian Bernreiter (CSU) sagte: "Bei dieser großen Reform wäre es unerlässlich gewesen, dass der Bund auf die Praxis hört und die Voraussetzungen dafür schafft, dass das Wohngeld schnell an die Berechtigten ausgezahlt werden kann." Eine Antragsbearbeitung und Auszahlung bei einer Verdreifachung der Empfängerhaushalte sei nicht mit dem bestehenden Personal zu stemmen.
Der Bundesrat hatte am Freitag der Reform zugestimmt. Demnach könnten im nächsten Jahr zusätzlich zu den bisher 600.000 Haushalten bundesweit bis zu 1,4 Millionen weitere Anspruch auf einen staatlichen Zuschuss zur Miete bekommen. Wohngeld können Haushalte beantragen, die zwar keine Sozialleistungen beziehen, trotzdem aber wenig Geld haben.