Zug fällt aus, Flieger am Boden Welche Rechte haben Reisende?

Stand: 27.12.2010 18:31 Uhr

Pünktlichkeit ist nicht mehr garantiert - weder bei Bahn- noch bei Flugreisen. Flüge und Züge fallen komplett aus oder verspäten sich. Welche Ansprüche und Rechte haben Reisende? Was müssen Pendler im winterlichen Nahverkehr wissen? tagesschau.de hat einen Überblick zusammengestellt.

Welche Rechte gelten für Flugreisende?

Auf Flughäfen festsitzende Passagiere haben vielerlei Rechte: So müssen die Fluggesellschaften und Reiseveranstalter ihre Kunden auch im größten Chaos ausreichend betreuen. Das heißt, ab zwei Stunden Verspätung haben Reisende Anspruch auf Getränke und Verpflegung und die Weiterreise muss organisiert werden. Verschiebt sich der Flug auf den nächsten Tag, müssen die Fluggesellschaften die Übernachtung zahlen. Zudem müssen sie den Passagieren Telefonate ermöglichen. Die Fluggesellschaft muss einen Platz im verspäteten Flugzeug oder einen Ersatzflug anbieten.

Wann gibt es Geld zurück?

Bei Verspätungen bei der Ankunftszeit ab fünf Stunden können Reisende entscheiden, ob sie vom Flug zurücktreten. In diesem Fall muss die Airline den vollen Preis erstatten.
Abflugverzögerungen, die nicht zu einer Ankunftsverspätung von mehr als drei Stunden führten, bewirkten jedoch keine Ausgleichszahlungen, erklärt die Rechtsreferentin der Verbraucherzentrale Brandenburg, Sabine Fischer-Volk. Sie verweist auf entsprechende EU-Verordnungen.

Gibt es einen zusätzlichen Anspruch auf Entschädigung?

Wenn der Flughafen aufgrund des Wetters gesperrt werden muss, gilt das als höhere Gewalt. Airlines müssen in diesem Fall keine Entschädigung zahlen. Anders ist es, wenn die Fluggesellschaft ein Mitverschulden trägt, etwa weil sie das Flugzeug nicht rechtzeitig enteist. Hier können Entschädigungen von mehreren hundert Euro fällig werden. Dazu gibt es allerdings unterschiedliche Rechtsauslegungen.

Wer zahlt bei Pauschalreisen?

Kann der Reisende wegen einer wetterbedingten Flughafensperrung eine Pauschalreise erst später antreten, könne er innerhalb von vier Wochen ab Reisedatum zumindest eine Preisminderung beim Reiseanbieter erwirken, sagt die Verbraucherschützerin Fischer-Volk. Diese sei "verschuldensunabhängig".

Welche Erstattung gibt es für Bahnreisende?

Für Bahnreisende gelten in der Regel die üblichen Fahrgastrechte. Das heißt, Fernreisende erhalten eine Erstattung erst ab einer Verspätung am Zielort von mehr als 60 Minuten. Sie können dann 25 Prozent des Reisepreises geltend machen, ab 120 Minuten Verspätung 50 Prozent. Bei einer zu erwartenden Verspätung am Zielbahnhof von mehr als 60 Minuten kann der Fahrgast von seiner Reise zurücktreten und sich den vollen Fahrpreis erstatten lassen.

Wie lange können die Ansprüche geltend gemacht werden?

Bahnreisende können Erstattungsansprüche wegen verspäteter oder ausgefallener Bahnfahrten innerhalb eines Jahres geltend machen. Damit haben alle Betroffenen, die wegen der witterungsbedingt teils erheblichen Verspätungen oder Zugausfälle im Bahnverkehr in den vergangenen Wochen ihr Ziel nur mit erheblicher Verzögerung oder gar nicht erreicht haben, ausreichend Zeit, entsprechende Anträge zu stellen. Formulare gibt es in den Reisezentren der Bahn oder im Internet unter www.bahn.de.

Was ist bei "höherer Gewalt" wie Schnee und Eis?

Im Regelfall wird eine Entschädigung bei "höherer Gewalt" - zu der auch Schnee und Eis zählen - nicht gezahlt. Die Bahn sagte tagesschau.de jedoch, dass sie sich bei gegenwärtiger Wetterlage kulant zeigen und von Fall zu Fall entscheiden wolle. Bahnreisenden wird deshalb empfohlen, bei Verspätungen Ansprüche schriftlich geltend zu machen. Der Fahrgastverband Pro Bahn rät, in Streitfällen die Schlichtungsstelle SÖP einzuschalten - dies sei meistens erfolgreich.

Können Reisende kostenlos stornieren?

Normalerweise nicht. Aktuell zeigt sich die Deutsche Bahn aber kulant: Wer wegen des herrschenden Winterchaos auf die Reise verzichten will, kann für alle Fahrten bis einschließlich 30. Dezember Tickets und Reservierungen ohne die üblichen Gebühren zurückgeben, die Kosten werden voll erstattet. Dies gilt auch für zuggebundene Fahrten zum Sparpreis. Auch Umbuchungen sind derzeit kostenlos. Normalerweise kostet die Rückgabe eines bereits gekauften Bahntickets 15 Euro.

Nahverkehr - dürfen Arbeitnehmer zu spät kommen?

Auch im Personennahverkehr gibt es Probleme. Viele Menschen kommen dadurch verspätet zur Arbeit. Aber Schnee und Eis sind kein hinreichender Grund für verspätetes Auftauchen am Arbeitsplatz. In dem Fall gibt es für die versäumte Zeit grundsätzlich keinen Anspruch auf Zahlung der Vergütung. Den betreffenden Arbeitnehmern kann entweder der Lohn gekürzt werden oder sie arbeiten die versäumte Zeit nach.

Bleibt es bei einer einmaligen Verspätung, kann der Arbeitgeber keine Abmahnung aussprechen, weil es sich um höhere Gewalt handelt. Anders liegt der Fall, wenn sich die Verspätungen häufen und der Beschäftigte es offenbar darauf ankommen lässt, obwohl er die Wohnung früher verlassen könnte, um pünktlich zu sein. Dann ist der Arbeitgeber zur Abmahnung berechtigt.

Wer zahlt für die Bergung von steckengebliebenen Autos?

Wer nicht mit Bus und Bahn, sondern dem eigenen Auto unterwegs ist, läuft Gefahr stecken zu bleiben. Vom Schnee eingeschlossene Autofahrer müssen für die Bergung nicht aufkommen. Für Rettungseinsätze etwa des Technischen Hilfswerks (THW) werden keine Rechnungen erstellt. Laut ADAC gilt dies als Katastropheneinsatz, ähnlich wie bei einem Hochwasser.

Anders ist die Lage, wenn ein Auto zum Beispiel in den Straßengraben rutscht. Dann springt in der Regel die Versicherung oder der Automobilclub ein.