
Verteidigungsministerium Der heißeste Stuhl im Kabinett
Der Ministerposten im Verteidigungsressort gilt als einer der schwierigsten überhaupt. Zahlreiche Amtsinhaberinnen und Amtsinhaber scheiterten daran - oder an sich selbst. Eine Skandal-Chronik.
Rudolf Scharping
Als Christine Lambrecht ihr verunglücktes Silvestervideo veröffentlichte, fühlten sich manche Kritiker an den früheren SPD-Chef erinnert: Auch Rudolf Scharping warf man instinktlose Tapsigkeit vor, weil er sich von der Illustrierten "Bunte" mit seiner Lebensgefährtin Gräfin Pilati auf Mallorca im Pool planschend ablichten ließ - während die Bundeswehr kurz vor einem Auslandseinsatz in Mazedonien stand.
Trotz Scharpings unvermeidlichen Ansehensverlustes bei der Truppe zog Bundeskanzler Gerhard Schröder die Reißleine erst sehr viel später: wegen zweifelhafter Geschäfte Scharpings mit einem PR-Unternehmer.

Rudolf Scharping sorgte sowohl mit einer "Home-Story" in einer Illustrierten als auch mit zweifelhaften Geschäften für Negativschlagzeilen.
Franz-Josef Jung
Das Wort "Krieg" kam dem CDU-Politiker im Zusammenhang mit dem Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr in seiner Amtszeit nie über die Lippen. Auch dann nicht, als die Deutschen im Jahr 2009 fast täglich von den Taliban in gefährliche Gefechte verwickelt wurden. Dass dann auf deutschen Befehl hin US-Jets zwei von den Extremisten entführte Tanklaster in Kundus bombardierten und zahlreiche Zivilisten starben, erzeugte in der deutschen Öffentlichkeit eine gewaltige psychologische Schockwelle.
Franz-Josef Jung trat wegen zahlreicher Kommunikationspannen rund um den Kundus-Luftangriff nachträglich zurück - als er schon ins Arbeitsministerium gewechselt war.

Franz-Josef Jung trat zwar als Arbeitsminister zurück - allerdings wegen Vorwürfen aus seiner Zeit als Verteidigungsminister.
Karl-Theodor zu Guttenberg
Der Freiherr und CSU-Politiker erfreute sich in der Truppe großer Beliebtheit. Auch weil er, anders als sein Vorgänger, offen von "Krieg" in Afghanistan und damit den Soldaten aus der Seele sprach. Doch weil ans Licht kam, dass zu Guttenberg sich für seine Doktorarbeit zahlreiche Passagen und ohne dies kenntlich zu machen aus anderen Publikationen zusammenkopiert hatte, musste er nach nicht einmal eineinhalb Jahren im Amt zurücktreten.
Was in der Rückschau bleibt, ist die Aussetzung der Wehrpflicht und ein strikter Kurs des Kürzens und Sparens bei der Truppe - was vor allem zu Guttenbergs Nachfolgerinnen von der Leyen, Kramp-Karrenbauer und Lambrecht auszubaden hatten, die nach der russischen Krim-Annexion 2014 mühsam umsteuern mussten.

Karl-Theodor zu Guttenberg stolperte über die Plagiatsaffäre.
Thomas de Maizière
Vom Innen- ins Verteidigungsressort - und dann wieder zurück. So liest sich der Ministerlebenslauf des CDU-Politikers. Auch wenn Thomas de Maizière ein Rücktritt erspart blieb - völlig unbeschadet überstand auch er die Zeit als Verteidigungsminister nicht: Was vor allem an dem lag, was Medien damals als "Drohnen-Debakel" bezeichneten.
De Maizière stoppte das längst angelaufene Euro-Hawk-Programm, weil sich herausstellte, dass die Drohne wegen fehlender Anti-Kollisions-Software ohne horrende Mehrkosten gar keine Zulassung für den deutschen Luftraum bekommen würde. Da aber waren schon Steuergelder in dreistelliger Millionenhöhe investiert beziehungsweise versenkt worden.

Auch ohne Rücktritt hatte Thomas de Maizière mit Problemen in seiner Zeit als Verteidigungsminister zu kämpfen.
Ursula von der Leyen
Die erste Frau an der Spitze des Verteidigungsministeriums hatte es von Anfang an nie leicht und machte sich darüber hinaus auch selbst das Leben noch ein bisschen schwer: Dass die CDU-Politikerin der Bundeswehr wegen rechter Umtriebe von Soldaten pauschal ein "Haltungsproblem" unterstellte, empfand man in der Truppe als ungerecht.
Als ebenso nobel wie notwendig hingegen wurde zunächst von der Leyens Versuch gewürdigt, das träge Beschaffungswesen zu beschleunigen, marode Panzer, Jets, Schiffe schneller zu ersetzen. Doch dabei schoss sie weit über das Ziel hinaus. Das Ministerium schloss Verträge mit externen Beratern, die nicht nur Millionen-Kosten verursachten, sondern auch gegen Vergaberecht verstießen. Von der Leyen brockte sich damit einen Untersuchungsausschuss ein - in dem sie allerdings erst aussagen musste, als sie bereits zur EU-Kommissionschefin nach Brüssel befördert worden war.

Als Verteidigungsministerin änderte Ursula von der Leyen das Beschaffungswesen - was ihr im Nachhinein einen Untersuchungsausschuss einbrockte, in dem sie allerdings erst als EU-Kommissionspräsidentin aussagte.
Ihre Nachfolgerin und CDU-Parteifreundin Kramp-Karrenbauer distanzierte sich schnell vom Kurs von der Leyen. Man werde bei der Beschaffung wieder mehr auf die Kräfte im eigenen Haus setzen, betonte sie. Dass hier auch heute dringend weiter Beschleunigungs- und Reformbedarf besteht, leugnet niemand. Gerade angesichts des 100-Milliarden-Pakets für die Bundeswehr.