Eine Richterrobe hängt in einem Amtsgericht über einem Stuhl.

Regelabfrage im Staatsdienst Verfassungstreue-Check sorgt für Kritik

Stand: 30.09.2022 12:53 Uhr

Bundesweit sorgten Fälle von Rechtsextremismus im Staatsdienst für Schlagzeilen. Brandenburg will nun einen Verfassungstreue-Check für Beamte einführen. Auch andere Länder denken darüber nach. Geht das zu weit? 

Von Jacqueline Piwon, rbb

Wer in Brandenburg verbeamtet werden will und Lehrer, Polizist oder auch Richter werden will, soll zukünftig auf Verfassungstreue überprüft werden - so zumindest die Pläne von Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU). Mit einem solchen Verfassungstreue-Check wäre Brandenburg das erste Bundesland mit einer verfassungsrechtlichen Regelabfrage für alle Berufsgruppen des Beamtentums.  

Bundesweit hatte es in der Vergangenheit mehrere Fälle von Rechtsextremismus bei Polizei, Bundeswehr und anderen Staatsdiensten gegeben. Mit dem geplanten Gesetz sollen aber "Extremisten jedweder Couleur" vor einer Verbeamtung überprüft werden. 

Die sogenannte Regelabfrage soll Informationen darüber bereitstellen, ob die Bewerbenden an verfassungsfeindlichen Veranstaltungen teilgenommen haben, ob sie wegen Volksverhetzung oder der Mitgliedschaft in vom Verfassungsschutz beobachteten Vereinigungen auffällig geworden sind und ob sie verfassungsfeindliche Symbole getragen haben. Verwendet werden sollen Informationen aus dem Verhalten in der Öffentlichkeit, aus den sozialen Medien oder anderen öffentlichen Räumen. 

Vorhaben ist umstritten

Kritik an dem Gesetzentwurf zur Überprüfung der Verfassungstreue kommt aus verschiedenen Richtungen. Die in Brandenburg mitregierenden Grünen stehen dem Projekt skeptisch gegenüber. Sie stellen die Wirksamkeit in Frage, ebenso wie die oppositionelle Linkspartei in Brandenburg. Die AfD befürchtet ein Gesinnungsgesetz: "Für Sie ist nämlich jeder ein Rechtsextremist, der nicht ihrer Meinung ist", sagt die innenpolitische Sprecherin der AfD, Lena Kotrè.  

Kritik kommt auch von der Lehrergewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, sie befürchten einen Generalverdacht: "Vor dem Hintergrund der Berufsverbotspraxis in der alten Bundesrepublik und den Biografien der Menschen in Ostdeutschland, ist es ganz schwer vermittelbar, dass das ein sinnvoller Ansatz ist", sagt Günther Fuchs von der GEW.  

Verfassungsrechtler fordert Transparenz

Grundsätzlich sei es legitim, dass der Staat prüfe, ob Beamte verfassungstreu seien, sagt Ulrich Battis, emeritierter Staats- und Verfassungsrechtler an der Humboldt-Universität Berlin. Er betont die Notwendigkeit eines durchsichtigen, rechtsstaatlichen Verfahrens. Die Ergebnisse einer Überprüfung müssen unbedingt transparent gehalten werden, so Battis.

Er fordert, "dass im Falle einer Ablehnung eines Beamtenanwärters alles offengelegt wird, was der Verfassungsschutz vorgetragen hat, um es zu überprüfen". Es könne nicht genügen, dass der Verfassungsschutz irgendetwas schreibt und Behörden am Ende ohne die Nennung von Gründen eine Person nicht einstellen. Das wäre verfassungswidrig, so Battis. 

Brandenburg als Vorbild für andere Bundesländer

Nach Recherchen von tagesschau.de denken auch die Bundesländer Thüringen und Schleswig-Holstein über ähnliche Regelungen nach. In Schleswig-Holstein sei die Diskussion darüber noch nicht abgeschlossen, heißt es aus dem Innenministerium. Derzeit werden "rechtliche und praktische Maßnahmen geprüft, die ein einheitliches Vorgehen bei der Prüfung der Verfassungstreue gewährleisten sollen." Thüringen prüft einen Verfassungstreue-Check derzeit auf Arbeitsgruppenebene.  

In Brandenburg wird der Gesetzentwurf inzwischen im Innenausschuss diskutiert. Bis der Verfassungstreue-Check wirklich kommt, dürften noch einige Debatten geführt werden.