
Transsexuellengesetz "Entwürdigende Behandlung ersparen"
Die geschlechtliche Identität gehöre zur individuellen Persönlichkeit, sagt Bundesjustizminister Buschmann. Dem müsse das Gesetz Rechnung tragen. Die Ampel-Koalition will deshalb ein Selbstbestimmungsrecht verabschieden.
Bundesjustizminister Marco Buschmann hat sein Vorhaben unterstrichen, das aktuell gültige Transsexuellengesetz abzuschaffen. Die Ampel-Parteien hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, das vor gut vierzig Jahren eingeführte Gesetz durch ein Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen. Die geschlechtliche Identität werde durch das Persönlichkeitsrecht geschützt, so der FDP-Politiker. Sie gehöre zur individuellen Persönlichkeit.
Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Grünen-Politiker Sven Lehmann, kündigte gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio an, dass noch vor der parlamentarischen Sommerpause die Eckpunkte des Selbstbestimmungsgesetzes stehen sollen. Lange hatte man um die Federführung gerungen, nun sollen das in der Verantwortung der Grünen liegende Familien- und das Justizministerium das Gesetz gemeinsam angehen.
Gutachten mit intimsten Fragen
"Das geltende Gesetzesrecht trägt diesem Selbstbestimmungsrecht bislang nicht hinreichend Rechnung", sagte Buschmann in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Bisher müssen Betroffene ein Gerichtsverfahren durchlaufen, um ihren Geschlechtseintrag ändern zu lassen. Dabei würden zwei Gutachten mit intimsten Fragen eingeholt, kritisierte Buschmann. "Wir müssen Respekt vor diesen Menschen haben und ihnen diese teilweise entwürdigende Behandlung ersparen. Das ist unser Ziel", so Buschmann.
Über die eigene geschlechtliche Identität könne niemand besser Auskunft geben als jeder Mensch selbst, sagt auch Lehmann. Die psychiatrischen Gutachten sollen deshalb zukünftig nicht mehr nötig sein. Stattdessen soll jeder Mensch die Frage nach dem Personenstand in Ausweisdokumenten selbstbestimmt beantworten können.
Belastende Phasen der Identitätsfindung
Er bitte jeden, der die Sache nicht ernst nehme, sich mit Menschen zu unterhalten, die sich nicht ihrem im Geburtenregister eingetragenen Geschlecht zugehörig fühlen, sagte Buschmann. Sie durchlebten schwierige und belastende Phasen der Identitätsfindung und stießen "auf ein erschütterndes Maß an Vorurteilen". Zugleich behandle der Staat sie so, "als stimme etwas mit ihnen nicht".
Sowohl FDP als auch Grüne hatten bereits in der vergangenen Legislaturperiode Entwürfe für ein Selbstbestimmungsgesetz vorlegt. Weil sie damals in der Opposition waren, hatten die Entwürfe aber wenig Aussicht auf Erfolg.