
CDU in Thüringen Mohrings Dilemma
Stand: 28.10.2019 17:01 Uhr
Vor der Landtagswahl schloss die CDU noch Bündnisse mit der Linken und der AfD aus. Doch nach den starken Verlusten werden mehrere Optionen wieder diskutiert. Nicht nur die Parteispitze sieht das kritisch.
Das Wahlergebnis in Thüringen ist kompliziert, klare Bündnisse sind nicht zu erkennen - und entsprechend ratlos wirkte CDU-Spitzenkandidat Mike Mohring am Wahlabend. Es seien jetzt neue Antworten nötig und seine Partei werde alles tun, um stabile Verhältnisse in Thüringen möglich zu machen, sagte er da.
Was genau er damit meint, konkretisierte Mohring am Tag nach der Wahl: Er werde ein Gespräch mit dem Wahlsieger, Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linkspartei, führen. CDU und Linke reden miteinander - das wäre ein Novum in Deutschland und für viele Konservative ein rotes Tuch. Vermutlich um seinen Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, erklärte Mohring auch umgehend: Er werde aus staatspolitischer Verantwortung heraus nur mit Ramelow in seiner Funktion als Ministerpräsident reden - und nicht mit dem Vorsitzenden der Linken in Thüringen.
Mike Mohring, CDU, zur Landtagswahl in Thüringen
Morgenmagazin, 28.10.2019
Kritik aus den eigenen Reihen
Die Beteuerung allein nützte wenig - der Parteispitze scheint Mohrings Vorstoß nicht zu schmecken. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ließ umgehend eher schmallippig verlauten, sie "nehme zur Kenntnis", dass es eine Gesprächsabsicht zwischen Linker und CDU in Thüringen gebe. Das sei natürlich eine "parlamentarische Selbstverständlichkeit". Zugleich hätten das CDU-Präsidium und der Bundesvorstand per Beschluss aber noch einmal bestätigt, dass "die Beschlusslage des Bundesparteitags Bestand hat", die eine Zusammenarbeit der CDU mit der Linken oder der AfD ausschließt.
Deutlicher wurde Mohrings Parteifreund Mark Hauptmann. Der Thüringer Bundestagsabgeordnete machte Mohring schwere Vorwürfe: "Ich bin überrascht über diese Wende von Mike Mohring. Diese Debatte ist ein schwerer Fehler. Wir können nicht einfach eines unserer zentralen Versprechen über Bord werfen", so Hauptmann. Wenn die CDU jetzt den "Steigbügelhalter für die Linkspartei" spiele, mache sie sich "völlig unglaubwürdig". Hauptmann steht mit dieser Haltung keineswegs allein: Ähnlich äußerte sich etwa Bernd Althusmann, CDU-Chef in Niedersachsen.
Fraktionsvize will mit der AfD reden
Überlegungen innerhalb der CDU gehen allerdings auch in die andere politische Richtung: Zwar hatte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak ein Bündnis mit der AfD bereits ausgeschlossen, als gerade einmal Hochrechnungen in Thüringen vorlagen. Der CDU-Fraktionsvize im Landtag, Michael Heym, erklärte im MDR, er schließe eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht aus. Alle Optionen müssten geprüft werden - auch CDU, FDP und AfD könnten eine Mehrheit bilden, sagte er.
Ramelow offen für fast alles
Ministerpräsident Ramelow - der für seine Partei mit 31 Prozent das beste je bei Landtagswahlen erzielte Ergebnis für die Linkspartei eingefahren hat - hatte bereits am Sonntag erklärt, mit allen Parteien außer der AfD über Regierungs- und Koalitionsmöglichkeiten sprechen zu wollen. "Wir werden CDU, SPD, FDP, Grüne einladen - und dann werden wir sehen, ob es eine festere Koalition, eine absolute Koalition oder ein Tolerierungsmodell geben kann", sagte er im MDR.
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