
Betrugsverdacht bei Schnelltests Keiner will die Kontrollen machen
Darüber, dass Stellen für Corona-Schnelltests künftig besser kontrolliert werden sollen, sind sich alle einig. Aber wer soll die Kontrollen durchführen? Viele, die dafür im Gespräch sind, sagen klar: Wir können das nicht.
Nach Fällen mutmaßlichen Abrechnungsbetrugs in Corona-Testzentren wollen Bund und Länder, dass künftig kontrolliert wird - doch die potenziellen Stellen dafür wiegeln alle ab. Die Kommunen und ihre Gesundheitsdienste lehnen es ebenso ab, die Kontrollen zu übernehmen, wie die Kassenarzt-Vereinigungen. Entsprechend äußerten sich Städtetag, Gemeindebund und Landkreistag sowie der Ärzteverband des öffentlichen Gesundheitswesens, aber auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung in mehreren Interviews.
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern waren gestern übereingekommen, als Konsequenz aus dem Verdacht auf Abrechnungsbetrug bei Teststellen sehr schnell strengere Überwachungsvorgaben zu machen. Über konkrete Maßnahmen sollen sie mit den Kommunalverbänden und den Kassenärztlichen Vereinigungen als Test-Abrechnungsstellen sprechen.
Erwogen wird etwa, den Kassenärztlichen Vereinigungen bei der Abrechnung von Schnelltests die Möglichkeit zu geben, geltend gemachte Sachkosten mit der Zahl der abgerechneten Tests zu vergleichen. Dabei würde dann beispielsweise auffallen, wenn nur 200 Testkits abgerechnet wurden und dann aber 400 angeblich vorgenommene Tests. Auch eine Weitergabe von Steuerdaten durch die Finanzämter sei im Gespräch. Außerdem könnten die Testzentren verpflichtet werden, eine schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamtes vorzulegen, dass sie Tests ordnungsgemäß vornehmen.
"Gesundheitsämter sind keine Buchprüfer"
"Wir als Kommunen können flächendeckende Überprüfungen jedenfalls nicht leisten, zumal die Gesundheitsämter in die Abrechnungsfragen nicht eingebunden sind", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, der "Saarbrücker Zeitung". Sein Kollege Gerd Landsberg vom Städte- und Gemeindebund sagte der "Rheinischen Post": "Dafür sind wir weder ausgestattet noch personell in der Lage."
Landkreistag-Präsident Reinhard Sager sagte, die Gesundheitsämter kontrollierten, ob die Bestimmungen zur Durchführung von Tests eingehalten würden. "Die Gesundheitsämter sind aber keine Buchprüfer", so Sager in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). Ähnlich äußerte sich auch die Vize-Verbandschefin der Amtsärzte, Elke Bruns-Philipps.
Streitpunkt Datenschutz
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen sieht die Aufgabe bei den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV). Er würde sich wünschen, dass sie die Zahl der durchgeführten Tests überprüften - analog zu den Abrechnungen der Ärzte, sagte er dem RND. Doch auch die wollen nicht. "Mehr als zu prüfen, ob die Rechnungen formal korrekt sind, können wir nicht tun", sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Das sieht die Testverordnung nicht vor, und es wäre für die KVen auch nicht leistbar." Er meinte, die Städte und Gemeinden sollten die Zulassung strenger handhaben. Es gelte, die Vorauswahl der Marktteilnehmer "dringend zu verbessern".
Städtetags-Hauptgeschäftsführer Dedy schlug vor, dass Test-Anbieter im Abrechnungsverfahren offenlegen müssen, wen sie getestet haben. "Auch wenn Datenschützer jetzt sagen sollten, das könnte problematisch sein - wir müssen dafür sorgen, dass das Abrechnungsverfahren wasserdicht wird." Dem widersprach aber Landsberg mit Verweis auf den Datenschutz: "Es wäre deshalb sicherlich nicht akzeptabel, die Namen, Anschriften und Telefonnummern von getesteten Personen länger als unbedingt notwendig zu speichern."
Betreiber können pro Test 18 Euro abrechnen
Aufgedeckt worden waren die mutmaßlichen Betrugsfälle durch Recherchen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung". Bei mehreren Testzentren, die sogenannte Bürgertest durchführen, stimmte die Zahl der dort von den Reportern gezählten Test nicht mit der der gemeldeten überein. In einem Fall etwa wurden an einem Tag 977 Test gemeldet, nach Zählung der Reporter kamen aber nur 80 Menschen zu einem Test vorbei.
Für die Bürger sind die Test kostenlos. Bezahlt werden sie vom Staat aus Steuergeldern. Die Betreiber können pro Test 18 Euro abrechnen.