
Ministerium will keine Verlängerung Teil-Impfpflicht soll auslaufen
Falls nichts geschieht, läuft die umstrittene Impfpflicht für Menschen in medizinischen Berufen Ende des Jahres aus. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios ist nun klar: Sie soll nicht verlängert werden.
Es war ein umstrittenes Vorhaben, das von Anfang an für viel Aufsehen sorgte: die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht. Seit März dieses Jahres müssen alle, die für Pflegedienste, in Kliniken oder Praxen arbeiten, eine vollständige Corona-Impfung nachweisen. Ansonsten drohen Tätigkeitsverbote oder Bußgelder. Beschlossen wurde die Teil-Impfpflicht Ende 2021 vom Bundestag. Sie ist in Paragraf 20a des Infektionsschutzgesetzes geregelt und läuft Ende des Jahres aus, sofern der Gesetzgeber keine Verlängerung beschließt.
Bisher galt Gesundheitsminister Karl Lauterbach als Verfechter der Impfpflicht für Pflegepersonal und andere Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen. Er begründete die Pflicht mit dem notwendigen Schutz für gefährdete Gruppen wie ältere und vorerkrankte Menschen.
Ob die Teil-Impfpflicht im kommenden Jahr verlängert werden soll, hatte sich Lauterbach lange Zeit offen gehalten. Er hatte stets darauf verwiesen, die Entwicklung der Corona-Pandemie im Winter sei noch nicht absehbar. Nun scheint es offenbar Bewegung bei dem Thema zu geben.
Neue Lage durch Ausbreitung von BQ.1.1
Wie das ARD-Hauptstadtstudio aus Kreisen des Bundesgesundheitsministeriums erfuhr, soll die einrichtungsbezogene Impfpflicht Ende des Jahres auslaufen. Das Ziel sei gewesen, dass sich Beschäftigte in bestimmten Einrichtungen impfen lassen, um die Gefährdung vulnerabler Gruppen zu verringern. Von dieser Wirkung sei aber bei der Zunahme der Corona-Variante BQ.1.1 nicht mehr auszugehen.
Die Grundlage für die Teil-Impfpflicht sei bei einer "mehr oder weniger komplett immunevasiven Variante" nicht mehr gegeben. Das Auslaufen wird also medizinisch begründet, weil die neue Variante ersten Erkenntnissen zufolge stärker der Immunabwehr entgeht. Das heißt, mehr Menschen, die geimpft oder genesen sind, erkranken an Corona. Auch schützt die Impfung dann noch weniger davor, das Virus zu übertragen.
Forderungen von Liberalen nach Auslaufen
Neben medizinischen könnten aber auch politische Gründe eine Rolle spielen. Aus der FDP kommen bereits seit längerer Zeit Forderungen, die Regelung auslaufen zu lassen. Kritisch hatte sich etwa der gesundheitspolitische Sprecher der Liberalen, Andrew Ullmann, geäußert. Als die Teil-Impfpflicht verabschiedet worden sei, habe es ganz andere Voraussetzungen gegeben. Nach heutigem Wissensstand sehe er keinen Grund für eine Verlängerung. Ob die Ampel-Koalition sich überhaupt auf eine Verlängerung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht hätte einigen können, ist also fraglich.
Auch in den Bundesländern und bei Pflegeeinrichtungen hatte die einrichtungsbezogene Impfpflicht für viel Kritik gesorgt. Sachsen, Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen hatten kürzlich in einem Brief an Lauterbach ein Ende der Impfpflicht für das Personal im Gesundheits- und Pflegebereich gefordert. Bei Pflegekräften hatte es immer wieder Unverständnis darüber gegeben, dass auf die Teil-Impfpflicht nie eine allgemeine Impfpflicht gefolgt war, weil sich die Ampel-Koalition nicht darauf einigen konnte.
Der Deutsche Pflegerat sprach von einer "Zweiklassengesellschaft" bei der Bewältigung der Corona-Pandemie. "Wenn Impfpflicht, dann für die gesamte Gesellschaft", so die Pflegerats-Präsidentin Christine Vogler.