Hintergrund

Militäreinsatz gegen Syrien Angriff - auch ohne UN-Mandat?

Stand: 01.04.2019 03:21 Uhr

Die Vorbereitungen für eine Strafaktion gegen Syriens Machthaber Assad unter Führung der USA laufen auf Hochtouren. Aber ist ein Militäreinsatz überhaupt rechtlich erlaubt, ohne dass der UN-Sicherheitsrat zustimmt?

Von Kolja Schwartz, ARD-Rechtsredaktion

Von Kolja Schwartz, ARD-Rechtsredaktion Karlsruhe

Das Völkerrecht, genauer gesagt die UN-Charta von 1945, regelt, dass grundsätzlich jede militärische Gewalt gegen einen anderen Staat verboten ist. Hintergrund ist, dass die Unabhängigkeit der Staaten gewahrt werden soll. Von dieser klaren Regel in Artikel 2 der UN-Charta gibt es wenige Ausnahmen.

Zum einen darf ein Staat, der von einem anderen angegriffen wird, sich selbst verteidigen. Dieses Recht, so steht es in der UN-Charta ist "naturgegeben" und gilt so lange, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat. In einem solchen Angriffsfall dürfen auch andere Staaten militärisch eingreifen, um dem angegriffenem Staat zu helfen. Dafür ist ein Beschluss des UN-Sicherheitsrates zunächst nicht nötig. In Syrien aber geht es um einen internen Bürgerkrieg und nicht um einen Angriff durch einen anderen Staat, so dass diese Ausnahme hier nicht zum Tragen kommt.

Nichts geht ohne die Vetomächte - eigentlich

Die zweite offizielle Ausnahme betrifft militärische Interventionen, die vom UN-Sicherheitsrat  beschlossen werden, weil der Weltfrieden oder die internationale Sicherheit in Gefahr ist. Um einen solchen Beschluss herbeizuführen, müssen aber von den 15 Mitgliedern im UN-Sicherheitsrat neun zustimmen. Und, was die größere Schwierigkeit darstellt, darunter müssen die fünf ständigen Mitglieder sein. Dazu gehören die USA, Frankreich, Großbritannien, China und Russland. Stimmt nur eine dieser so genannten Vetomächte gegen eine Intervention, kommt der Beschluss nicht zustande.

Konzept der Schutzverantwortung

Weil es sich in Syrien nicht um einen Angriffskrieg handelt und ein Beschluss im UN-Sicherheitsrat für eine militärische Intervention wohl nicht zu Stande kommt, wird jetzt immer wieder die so genannte Schutzverantwortung der Vereinten Nationen ("Responsibility to Protect") als völkerrechtliche Grundlage herangezogen. Dieses Konzept der Schutzverantwortung wurde unter anderem 2005 in das Abschlussdokument des Weltgipfels der Vereinten Nationen aufgenommen. Der Grundgedanke besteht darin, dass jeder Staat verpflichtet ist, seine eigene Bevölkerung vor Menschenrechtsverletzungen zu schützen.

Der internationalen Gemeinschaft fällt nach dem Konzept die Aufgabe zu, die Staaten dabei zu unterstützen und gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen, um Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnische Säuberung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verhindern. Der Einsatz chemischer Waffen zum Beispiel ist ein Kriegsverbrechen, weshalb sich viele jetzt auf die "Schutzverantwortung" berufen.

Keine Bindungswirkung

Allerdings entfaltet die Erklärung im Abschlussdokument des Weltgipfels, wie alle Beschlüsse der Generalversammlung, keine unmittelbare Bindungswirkung. Außerdem finden sich in der Abschlussresolution gerade zu dem Punkt der militärischen Intervention Verweisungen auf die UN-Charta. Die Maßnahmen sollen durch den Sicherheitsrat und im Einklang mit der UN-Charta ergriffen werden, heißt es da. Dies spricht dafür - und davon gehen die meisten Völkerrechtler aus -, dass die "Schutzverantwortung" allein kein militärisches Eingreifen rechtfertigt. Vielmehr bedarf es wohl auch hier eines Mandats des Sicherheitsrates. Dies ist jedoch umstritten.