Gifte in Kinderspielzeug Aigner will schärfere Regeln für Chemie in Spielzeug

Stand: 08.12.2009 15:08 Uhr

Nach der Warnung von vergiftetem Spielzeug will Verbraucherministerin Aigner schärfere Regeln durchsetzen. Einen deutschen Alleingang schließt sie nicht aus, sie könne nicht verstehen, warum Brüssel nichts tue. Ein Gutachten hatte ergeben, dass die in vielen Produkten gemessenen gefährlichen Substanzen viel zu hoch sind.

Nach der Warnung von krebserregenden Chemikalien in Kinderspielzeug durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner die EU-Richtlinie scharf kritisiert. Sie verstehe nicht, warum Brüssel nichts tue - dies könne sie nicht akzeptieren, sagte die CSU-Politikerin im ARD-Morgenmagazin. Sie kündigte an, notfalls im Alleingang vorzugehen und auf nationaler Ebene Schutzmechanismen auszubauen. Zugleich wolle sie aber auch gegenüber der neuen EU-Kommission auf eine neue Richtlinie dringen.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner.

Aigner will Giftspielzeug notfalls im Alleingang verbieten.

Grüne wollen Sofortprogramm

Auch die Grünen-Fraktion im Bundestag forderte ein Sofortprogramm Spielzeugsicherheit, damit keine unsicheren Spielzeuge in diesem Jahr unter dem Weihnachtsbaum landen. "Spielzeuge, die in Deutschland verkauft werden, dürfen eine 1000-fach höhere Konzentration an gefährlichen Weichmachern enthalten als Autoreifen", kritisierte Grünen-Politikerin Nicole Maisch in Berlin.

"Steigende Zahl von Krebserkrankungen"

Das BfR war in einem Gutachten für die Bundesregierung zu dem Ergebnis gekommen, dass "dringender Handlungsbedarf" bestehe. Demnach übersteigen die im Spielzeug gemessenen gefährlichen Substanzen den Unbedenklichkeitswert zum Teil um das Hundertfache. In diesem Zusammenhang hatte das Institut auf eine "steigende Zahl von Krebserkrankungen" bei Kindern verwiesen. Die seit einem Jahr gültige EU-Spielzeug-Richtlinie hält das Institut für völlig unzureichend.

Symbolbild für giftiges Spielzeug: Gummiente.

Die Weichmacher in Plastikspielzeug gelten als krebserregend.

Polizyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs)

Die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAKs) gehören zu den sogenannten Umweltchemikalien. Sie setzen sich aus mindestens zwei miteinander verbundenen zyklischen Kohlenstoffringen zusammen. In den meisten Fällen werden diese ringförmigen aromatischen Kohlenwasserstoffe bei unvollständigen Verbrennungsprozessen organischer Materialien - wie Fleisch beim Grillen - und anderen pyrolytischen Prozessen gebildet.

Einige PAKs wirken erbgutverändernd und sind für den Menschen krebserregend. Das unter anderem beim Grillen entstehende besonders gefährliche Benzopyren gilt als Hauptursache für Magenkrebs. PAKS werden auch als Weichmacher in Kinderspielzeugen eingesetzt.

Weiter kritisierte das Bundesinstitut, dass es verbindliche Grenzwerte für die gefährlichen Weichmacher, die von Fachleuten als PAK (Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe) bezeichnet werden, in Europa gar nicht gebe. Die Weichmacher stehen im "begründeten Verdacht, das Erbgut zu verändern, Krebs zu erzeugen und die Fortpflanzung zu beeinträchtigen". Eine der besonders gefährlichen und häufig verwendeten chemischen Mischungen sollte laut EU-Spielzeugrichtlinie nur bis zu einer Konzentration von 100 Milligramm pro Kilogramm im Spielzeug vorhanden sein. "Schon in diesem Fall können Kinder bei einstündigem Hautkontakt ein Vielfaches dessen aufnehmen, was im Rauch von 40 Zigaretten am Tag enthalten ist", warnten Wissenschaftler. Aigner riet Eltern, beim Spielzeugkauf auf das GS-Prüfzeichen zu achten. Das GS-Siegel sei auch ein wesentlich höherer Standard für die Sicherheit als das europäische CE-Zeichen, ergänzte der Vorsitzende des Bundestags-Verbraucherausschusses, Hans-Michael Goldmann (FDP).