
BGH-Urteil Sparkasse darf Prämiensparern kündigen
Wenn Banken wegen niedriger Zinsen nicht mehr so viel verdienen, dürfen sie dann Prämiensparverträge kündigen, die sie viel kosten? Aus Sicht des BGH schon - allerdings nur unter Bedingungen.
Die Kreissparkasse Stendal in Sachsen-Anhalt hatte Kunden Sparverträge gekündigt, die diese 1996 und 2004 noch zu attraktiven Bedingungen abgeschlossen hatten. Der höchstmögliche Ertrag von 50 Prozent auf die geleisteten Sparbeiträge war im 15. Jahr nach Vertragsabschluss erreicht.
Lange Niedrigzinsphase als Grund zulässig
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sahen vor, dass danach die Sparkasse den - ohne feste Laufzeit geschlossenen - Vertrag kündigen darf. So tat sie es auch, unter ausdrücklichem Hinweis auf das niedrige Zinsumfeld.
Und das durfte die Bank auch, wenn dies sachgerecht war, entschied der Bundesgerichtshof (BGH), führt dessen Sprecherin Dietlind Weinland aus: "Der Bundesgerichtshof sieht die langdauernde Niedrigzinsphase als einen sachgerechten Grund für eine Kündigung an."
Das Urteil bringt für die Sparer eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Ein Kreditinstitut kann einen Prämiensparvertrag nicht vor Erreichen der höchsten Prämienstufe kündigen. Andernfalls könnte die Bank den Kunden jederzeit den Anspruch auf die Sparprämien mit dem besonderen Bonusanreiz entziehen.
Werbeversprechen haben keine vertragliche Bedeutung
Die schlechte Nachricht des Urteils verkündet Ute Penhardt, Juristin von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt: "Das nimmt dann den Sparern, die das als ihre Altersvorsorge für 25 Jahre angelegt haben, die Kapitalentwicklung, die mit den Verträgen versprochen worden ist."
Denn die Kunden hatten sich auf einen Werbeflyer der Sparkasse berufen: Der hatte mit 25 Jahren Laufzeit geworben - und dem Slogan: "Sie allein bestimmen, wie lange Sie sparen wollen!" Ist das keine schutzwürdige Zusicherung der Sparkasse? Es ändere nichts, führt BGH-Sprecherin Weinland aus, "dass der Flyer ein Beispiel enthält und auch vorrechnet, wie es nach 25 Jahren aussieht". Das sei "nur ein ganz unverbindliches Rechenbeispiel, dem Flyer kommt keine vertragliche Bedeutung zu". Entscheidend sei, was im Vertrag stehe, genauer gesagt im Vertragsantragsformular, betont Weinland weiter.
Nach Ansicht der Verbraucherschützerin Penhardt ist es dennoch ein klarer Vertrauensbruch. Ihr Rat:
Unser Tipp an die Sparer ist, genau in die Verträge hineinzuschauen. Denn uns wurde eine Vielzahl von Verträgen vorgelegt, die ausdrücklich eine Prämienstaffel zum Beispiel über 25 Jahre enthalten. Das heißt, die Verträge dürften auch nicht vorher gekündigt werden.
Nach einer Übersicht der Stiftung Warentest hatten bis Mitte April mindestens 30 Sparkassen in mehreren Bundesländern Prämiensparern gekündigt. Weitere können es nun, unter großer Rechtssicherheit, auch tun.
Az. XI ZR 345/18