Hintergrund

Das Sparpaket der Bundesregierung Die Liste: Kürzungen und neue Abgaben

Stand: 07.06.2010 18:56 Uhr

Die Regierung hat sich bei der Entscheidung, wo gespart werden soll, vor allem auf den Sozialbereich konzentriert. Zudem wurden neue Abgaben beschlossen, die unter anderem den Luftverkehr, Atomkraftwerke und Banken betreffen. Ein Überblick über die Streichposten und generellen Beschlüsse.

Das Sparpaket zur Sanierung des Bundeshaushalts umfasst rund 80 Milliarden Euro. Der Überblick über die Eckpunkte macht deutlich, wo die Schwerpunkte liegen.

Generelle Beschlüsse

Ab dem kommenden Jahr soll das strukturelle Defizit um 0,5 Prozent pro Jahr verringert werden. Spätestens 2013 will Deutschland die Maastricht-Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspaktes wieder einhalten.

Bildung und Forschung sind von den Sparmaßnahmen ausgenommen. Zudem bekennen sich die Koalitionäre zum Ziel, bis 2013 insgesamt zwölf Milliarden Euro zusätzlich für Forschung, Bildung und Entwicklung bereit zu stellen.

Es wird keine Erhöhung der Mehrwert- und Einkommensteuer geben.

Der zu Beginn des Jahres beschlossene reduzierte Mehrwertsteuersatz für Hotels bleibt unangetastet.

M. Allweiss, DLF, 08.06.2010 14:22 Uhr

Subventionen: Weniger Vergünstigungen bei Ökosteuer

Der Staat gibt für direkte Finanzhilfen pro Jahr etwa 6,8 Milliarden und für Steuervergünstigungen 17,6 Milliarden Euro aus. Vor der Klausur war vielfach spekuliert worden, welche Subventionen abgebaut werden könnten.

Die Vergünstigungen bei der Ökosteuer für besonders energieintensive Unternehmen werden reduziert, um Mitnahmeeffekten einen Riegel vorzuschieben. Daraus soll sich ein Spareffekt von einer Milliarde Euro 2011 und in den darauffolgenden Jahren von jeweils 1,5 Milliarden Euro ergeben.

Steuern für Atomkraftwerkbetreiber

Die Atomkonzerne E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW müssen künftig eine neue Brennelementesteuer von jährlich 2,3 Milliarden Euro zahlen. Damit soll ein Teil der Zusatzgewinne der Konzerne bei längeren Atomlaufzeiten abgeschöpft werden. Der Beschluss lautet: "Durch die Einführung einer steuerlichen Beteiligung der Kernenergiewirtschaft an den Sanierungskosten sowie Reduktion der Zusatzgewinne können jährlich 2,3 Milliarden Euro an zusätzlichen Einnahmen für den Bundeshaushalt generiert werden."

Mehr Bahn-Dividende für den Bundeshaushalt

Zudem beansprucht der Staat von 2011 an eine höhere Dividende des Staatskonzerns Deutsche Bahn - und zwar im Volumen von 500 Millionen Euro.

Bankenabgabe soll beschlossen werden

Die Koalition will auch die Banken weiter belasten. Spätestens 2012 soll eine neue Abgabe kommen, falls es zuvor in Europa und weltweit keine Lösung gibt. Die offizielle Begründung lautet: "Die Finanzmarktbranche ist angemessen an den Kosten der Krise zu beteiligen; dabei hat sie auch Vorsorge für etwaige zukünftige Krisen zu treffen. Die Bundesregierung wird zügig die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Bankenabgabe schaffen, die in einen Restrukturierungsfonds einfließen soll." Mit Einnahmen von rund zwei Milliarden Euro jährlich rechnet die Regierung durch die Bankensteuer.

Fahrplan für die Umsetzung der Sparbeschlüsse

7. Juli: Das Bundeskabinett beschließt den Haushaltsentwurf.
4. oder 8. August: Das Kabinett berät das Haushaltsbegleitgesetz, mit dem die Sparbeschlüsse umgesetzt werden.
13. September: Der Haushalt 2011 wird in den Bundestag eingebracht.

Abgaben für aus Deutschland startende Flüge

Für Flugpassagiere ist eine "ökologische Luftverkehrsabgabe" geplant. Sie soll jährlich etwa eine Milliarde Euro einspielen und bei Abflügen von deutschen Flughäfen erhoben und nach Kriterien wie Lärm und Energieverbrauch differenziert werden.

Elterngeld: Kürzung moderat, gestrichen für Hartz-IV-Empfänger

Die Lohnersatzleistung soll moderat gekürzt werden. Zwar will die Koalition den Höchstbetrag von maximal 1800 Euro im Monat entgegen bisherigen Plänen nicht antasten. Doch werden künftig nur noch 65 statt 67 Prozent als Berechnungsgrundlage genommen, wenn das Nettoeinkommen über 1240 Euro im Monat beträgt. Unterm Strich entlastet das den Bundesetat nach Erwartung der Regierung um 200 Millionen Euro im Jahr

Wer Arbeitslosengeld II bezieht, erhält in Zukunft kein Elterngeld mehr: "Für die Empfänger von Arbeitslosengeld II ist der Grundbedarf durch die Regelsätze und die Zusatzleistungen gesichert. Die zusätzliche Gewährung von Elterngeld in Höhe von 300 Euro für Bezieher von Arbeitslosengeld II verringert den Lohnabstand. Es ist daher - analog zur Regelung beim Kindergeld - vertretbar, zukünftig kein Elterngeld für die Bezieher von Arbeitslosengeld II vorzusehen." Die Staatskasse entlastet das um 400 Millionen im Jahr.

Kein Renten- und Heizkostenzuschuss für Hartz-IV-Empfänger

Bei den Sozialleistungen will die Regierung besonders kräftig sparen. Zuschläge für Arbeitslose werden gestrichen, unter anderem werden die Beiträge zur Rentenversicherung - derzeit rund 40 Euro pro Bezieher - eingespart. Das soll 1,8 Milliarden Euro jährlich möglich machen.

Dazu erklärte die Bundesregierung:  "Die Notwendigkeit des befristeten Zuschlages beim Arbeitslosengeld II ist überholt. Bei der Bundesagentur für Arbeit geht es darum, sie durch erweiterte Handlungsspielräume in die Lage zu versetzen, zielgenauer fördern zu können. Wir werden daher sogenannte Pflichtleistungen in Ermessensleistungen umwandeln und den Rentenversicherungsbeitragssatz für SGB-II-Empfänger abschaffen." Das Arbeitslosengeld II, umgangssprachlich "Hartz IV", ist in Deutschland die Grundsicherungsleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige nach dem Sozialgesetzbuch bzw. SGB II.

Zudem wird der Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger gestrichen. Jährlich 100 Millionen Euro will die Regierung dadurch sparen.

Umfangreiche Einsparungen beim Arbeitsministerium

Zweitgrößter Posten sind nicht näher beschriebene Einsparungen im Haushalt der Bundesagentur für Arbeit (BA) im Volumen von 1,5 Milliarden Euro 2011. 2012 soll die BA 2,5 Milliarden und in den beiden Folgejahren jeweils 3,0 Milliarden Euro einsparen.

200 Millionen Euro werden gespart durch die Abschaffung des Überbrückungszuschlages beim Übergang vom Arbeitslosengeld I in das Hartz-IV-System. Zudem werden bei den Arbeitsmarktprogrammen und Personalkosten für Hartz IV im nächsten Jahr 500 Millionen Euro gekürzt. 2012 soll der Sparbeitrag bei 1,5 Milliarden und in den Folgejahren jeweils bei zwei Milliarden Euro liegen.

Der Sparbeitrag des Arbeitsministeriums summiert sich 2011 auf 4,3 Milliarden Euro von insgesamt 11,2 Milliarden Euro. Im Jahr 2014 beträgt der Sparanteil 10,2 Milliarden von dann insgesamt 26,6 Milliarden Euro.

Beim Bund: Weniger Stellen und weniger Weihnachtsgeld

Beim Bund sollen bis einschließlich 2014 zwischen 10.000 bis 15.000 Stellen dauerhaft abgebaut werden. Im direkten öffentlichen Dienst des Bundes gibt es 129.000 Beamte und 149.000 Angestellte.

Zudem sollen die Bundesbeamten 2011 auf die geplante Erhöhung des Weihnachtsgeldes verzichten."Durch den Verzicht auf die geplante Erhöhung des Weihnachtsgeldes für Beamte in 2011 werden die Bezüge gegenüber dem geltenden Recht um 2,5 Prozent abgesenkt."

Das soll Einsparungen in Höhe von 800 Millionen Euro jährlich ergeben.

Reduzierung der Streitkräfte wird geprüft

Das Verteidigungsministerium wird in Zusammenarbeit mit der Strukturkommission der Bundeswehr beauftragt, "bis Anfang September 2010 aufzuzeigen, welche Folgen eine deutliche Reduzierung der Streitkräfte um bis zu 40.000 Berufs- und Zeitsoldaten für die sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands, die Einsatz- und Bündnisfähigkeit, Fragen der Beschaffung, die Strukturen und den Gesamtumfang der Bundeswehr sowie die Wehrform und deren Ausgestaltung hätte". Diese "Streitkräftereform" wird im Sparpaket mit zwei Milliarden Euro ab 2013 verbucht.

Schlossbau in Berlin erst 2014

Das Berliner Stadtschloss soll erst 2014 gebaut werden und nicht wie ursprünglich geplant ab kommendem Jahr. Daraus ergeben sich Einsparungen von insgesamt 400 Millionen Euro.