Deutschlandweit bislang drei Fälle bestätigt Verdacht auf Schweinegrippe in Paderborn

Stand: 01.05.2009 04:59 Uhr

In Paderborn ist ein 26-Jähriger mit Verdacht auf Schweinegrippe ins Krankenhaus eingeliefert worden. Der Mann hatte sich nach einer Mexiko-Reise mit Grippe-Symptomen bei einem Arzt gemeldet. Trotz der rasanten Ausbreitung der Schweinegrippe sieht die EU von Reiseverboten aber vorerst ab.

In Deutschland gibt es möglicherweise einen weiteren Fall von Schweinegrippe. Nach Angaben der Behörden im nordrhein-westfälischen Paderborn hatte sich dort ein 26 Jahre alter Angehöriger der britischen Rheinarmee nach seiner Rückkehr von einer Mexiko-Reise mit leichten Grippesymptomen beim Militärarzt gemeldet.

Der Mann sei an ein Paderborner Krankenhaus überwiesen worden. Ein DNA-Test soll nun klären, ob es sich bei der Infektion um den aus Mexiko stammenden Virus A/H1N1 handelt. In Deutschland gibt es weiterhin drei bestätigte Fälle von Schweinegrippe, einen in Hamburg und zwei in Bayern.

Krisentreffen der EU-Gesundheitsminister

Am Donnerstag waren die EU-Gesundheitsminister in Luxemburg zu einem Krisentreffen zusammengekommen, um ein gemeinsames Vorgehen gegen das neuartige Virus zu beschließen. Ein Verbot von Flügen nach Mexiko halten die Minister derzeit jedoch nicht für erforderlich. Etliche Länder hätten sich gegen eine solche Maßnahme zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen, sagte die französische Gesundheitsministerin Roselyne Bachelot am Rande des Treffens. Frankreich hatte dafür plädiert, Flüge nach Mexiko sofort zu stoppen.

Die EU-Gesundheitsminister würden empfehlen, von Reisen nach Mexiko, die nicht unbedingt notwendig seien, abzusehen, sagte die deutsche Gesundheitsministerin Ulla Schmidt. "Aber wenn jemand sagt, ich möchte trotzdem reisen, hat ein Staat nicht die Macht zu sagen, du darfst das nicht machen", fügte die Politikerin hinzu. Die EU wolle stattdessen gemeinsame Informationen an den Flughäfen ausgeben. Ärztliche Untersuchungen sollten freiwillig bleiben.

EU-Kommission warnt vor Todesopfern

Zuvor hatte die EU-Kommission erklärt, sie rechne auch in Europa mit Todesopfern durch die Schweinegrippe. "Menschen werden dadurch sterben, es ist nicht die Frage, ob Menschen sterben werden, sondern wie viele", sagte der EU-Generaldirektor für Gesundheit, Robert Madelin, der Nachrichtenagentur Reuters. "Werden es Hunderte, Tausende oder Zehntausende sein", fragte der EU-Beamte. Zugleich bemühte sich die Kommission um Beruhigung: "Wir kennen nicht das Ausmaß der Pandemie. Aber Europa ist besser vorbereitet als jemals zuvor", sagte Madelin. Ein Impfstoff könne innerhalb von 100 Tagen in Europa zur Verfügung stehen.

28 Infizierte in Europa

In der EU gebe es derzeit 28 bestätigte Infektionen, erklärte das Europäische Zentrum für Krankheitskontrolle und Prävention (ECDC). In Großbritannien sind acht, in Österreich ein und in Deutschland drei Menschen erkrankt. Alle Betroffenen seien vor ihrer Erkrankung in Mexiko gewesen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO nannte für Spanien 13 bestätigte Fälle. Vorher hatte es widersprüchliche Angaben darüber gegeben. Die Schweiz meldete ihren ersten Schweinegrippe-Patienten, ebenso die Niederlande, wo ein dreijähriges Mädchen nach einem Mexiko-Aufenthalt erkrankt ist.

Auch mehrere Staaten außerhalb der EU bestätigten erste Infektionsfälle. In Israel sind zwei Menschen erkrankt. In Kanada erhöhte sich die Zahl der bestätigten Infektionen auf 19 und in Neuseeland sind es laut WHO drei.

Mexiko, wo die Grippe ihren Anfang nahm, meldet aktuell zwölf Grippetote und 300 weitere Infizierte.

WHO erhöht Warnstufe nicht weiter

Die Weltgesundheitsorganisation erklärte, sie sehe derzeit keinen Anlass, die Pandemie-Warnstufe weiter zu erhöhen. Die Stufe fünf von sechs sei weiterhin für die Lage angemessen, sagte der WHO-Vertreter Keiji Fukuda in Genf. Er wies darauf hin, dass mit dem Anbruch des Winters auf der Südhalbkugel dort eine Zunahme der Fälle zu erwarten sei.

Die zweithöchste Stufe fünf beim Pandemierisiko bedeutet, dass die WHO von einer unmittelbar bevorstehenden weltweiten Ausbreitung des mutierten Schweinegrippevirus A/H1N1 ausgeht. In Phase fünf steht fest, dass das Virus in mindestens zwei Ländern eines Kontinents von Mensch zu Mensch übertragen wird. Zudem ruft die WHO dadurch zur verstärkten Produktion von Grippemitteln und weiteren Vorsorgemaßnahmen etwa im Gesundheitswesen auf. Erst am Montag war die seit 2005 wegen der Vogelgrippe geltende Stufe drei auf vier heraufgesetzt worden. Bei der höchsten Stufe sechs wird von einer Pandemie - also einer weltweiten Ausbreitung des Virus ausgegangen.

Woher der Name "Schweinegrippe" kommt

Der als Schweinegrippe-Virus bezeichnete Erreger aus Mexiko ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine neu entstandene Variante des Typs H1N1, der sowohl bei Menschen als auch bei Schweinen und Vögeln vorkommen kann. Außerdem gilt das Schwein als "mixing vessel" - als Überträger, in dem sich Grippeviren, die auf verschiedene Wirte spezialisiert sind, gleich gut vermehren und auch mischen können. Wenn Schweine an Grippe erkranken, kann der Erreger sehr leicht auf Menschen übertragen werden. Aus diesen Gründen hatte sich schnell der Name "Schweinegrippe" etabliert. Weil der neue Erreger zunächst nicht bei Schweinen nachgewiesen wurde, schlug die WHO vor, die wissenschaftliche Bezeichnung "Influenza A (H1N1)" zu verwenden. Zuvor hatten bereits die EU und die USA für eine Umbenennung plädiert: Die Bezeichnung suggeriere, dass es sich um eine Lebensmittelinfektion handele. Bislang hat sich noch kein Mensch nachweislich bei einem Schwein angesteckt. Überhaupt wurde der Erreger mittlerweile nur bei einigen Tieren in Kanada und Argentinien festgestellt. Eine andere Lösung brachte die Weltorganisation für Tiergesundheit ins Spiel: Ihrer Ansicht nach sollte die Krankheit nach den Herkunftsländern Mexiko, USA und Kanada "Nordamerikanische Grippe" heißen. Die EU und das Robert-Koch-Institut in Berlin sprechen dagegen von einer "Neuen Grippe". Wir verwenden weiterhin den Begriff "Schweinegrippe", da er sich auch im allgemeinen Sprachgebrauch durchgesetzt hat.