Olaf Scholz

75-minütiges Telefonat Scholz und Putin sprechen wieder

Stand: 13.05.2022 14:36 Uhr

Nach dem Massaker im ukrainischen Butscha gab es keine Gespräche mehr zwischen Bundeskanzler Scholz und Russlands Präsident Putin. Heute hat sich das geändert - wohl auf Scholz' Initiative hin.

Nach mehr als sechs Wochen Funkstille hat Bundeskanzler Olaf Scholz wieder mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert. Das Gespräch habe auf deutsche Initiative stattgefunden, teilte der Kreml mit. Scholz hatte die Initiative bereits am Morgen im Verteidigungsausschuss des Bundestags angekündigt. Seine Haltung machte er dabei wie folgt klar:

Unsere Priorität ist klar: Die Kriegshandlungen müssen sofort beendet werden.

Worüber wurde gesprochen?

Scholz forderte bei dem Telefonat nach eigenen Angaben ein Ende der Kampfhandlungen in der Ukraine. "Es muss schnellstmöglich einen Waffenstillstand in der Ukraine geben", schrieb Scholz nach dem Telefonat auf Twitter.

Auch sei er der Behauptung des russischen Präsidenten erneut entgegengetreten, in der Ukraine würden "Nazis" herrschen. Dies "ist falsch", betonte Scholz.

Telefonat ging 75 Minuten

Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Hebestreit dauerte das Telefonat 75 Minuten. Zuvor habe der Bundeskanzler bereits mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert.

Scholz habe angesichts der Ernsthaftigkeit der militärischen Lage und der Konsequenzen des Krieges in der Ukraine, insbesondere in Mariupol, gegenüber dem russischen Präsidenten außerdem darauf gedrängt, dass es zu einer Verbesserung der humanitären Lage und zu Fortschritten bei der Suche nach einer diplomatischen Lösung des Konflikts kommt, erklärte Hebestreit.

Zudem sei es um die angespannte Lebensmittellage gegangen. Derzeit fehlen auf dem Weltmarkt unter anderem große Mengen Weizen, die aus der Ukraine wegen der russischen Angriffe und Blockaden nicht exportiert werden können.

Kreml bleibt bei "Nazi"-Behauptung

Von Seiten des Kreml hieß es zu dem Telefonat, Putin habe seine These bekräftigt, Russland würde in der Ukraine "Nazi-Ideologie" entgegentreten und dass das Land "demilitarisiert" werden müsse. Zudem behauptete Putin den Angaben aus Moskau zufolge, die Ukraine würde Friedensbemühungen "blockieren" und "Terror-Methoden" anwenden.

Diese Äußerungen passen zur inhaltlichen Linie Russlands: Das Land begründet seinen am 24. Februar begonnenen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine immer wieder unter anderem mit einer angeblichen "Entnazifizierung". Experten stufen das als reinen Vorwand für Moskaus Aggression ein.

"Nicht zu große Hoffnungen"

Hebestreit hatte zuvor in Berlin eingeräumt, dass man mit dem Austausch mit Putin "nicht zu große Hoffnungen verbinden" solle. Gleichwohl gehe es darum, auszuloten, ob "es Sinn macht, weiterzureden", um "diesen furchtbaren Krieg einem Ausgang zuzuführen". Man dürfe "keine Initiative unversucht lassen".

Man muss natürlich an irgendeinem Punkt dazu kommen, dass es auch wieder diplomatische Initiativen geben muss.

Auch mit Macron gab es Funkstille

Scholz hatte nach Beginn des Krieges in der Ukraine mehrfach mit Putin telefoniert, zuletzt am 30. März. Wenige Tage später wurde das Massaker im Kiewer Vorort Butscha bekannt. Danach gab es zunächst keinen Kontakt mehr.

Auch der französische Präsident Emmanuel Macron hatte zwischenzeitlich nicht mehr mit Putin telefoniert, griff aber bereits am 3. Mai wieder zum Hörer. UN-Generalsekretär Antonio Guterres hatte Putin sogar in Moskau besucht, um eine Deeskalation im Ukraine-Krieg zu erreichen.

Kai Clement, Kai Clement, ARD Berlin, 13.05.2022 17:42 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 13. Mai 2022 um 14:00 Uhr.