Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wolfgang Schmidt (SPD), Chef des Bundeskanzleramts

Team Scholz Der Kanzler und seine Getreuen

Stand: 06.02.2022 02:14 Uhr

Auf wen hört der Kanzler? Wessen Rat ist ihm wichtig? Es sind Gefährten, die er seit vielen Jahren schätzt - und neue Gesichter, die das Kanzleramt "entmerkeln" sollen. Ein Überblick über das Team Scholz.

Von Moritz Rödle, ARD Berlin

Das Kanzleramt ist ein Tanker. Es braucht etwas Zeit, um den Kurs zu ändern. Und ein neuer Kanzler schafft das nicht allein. Deshalb hat Olaf Scholz ein Team mit ins Kanzleramt gebracht. Viele seiner engsten Mitarbeiter sind schon jahrelang an seiner Seite. Einige sind erst vor kurzem dazu gekommen.

Der wichtigste Mitarbeiter für Olaf Scholz ist wohl der neue Chef des Bundeskanzleramts, Wolfgang Schmidt. Dessen Karriere ist eng mit der von Scholz verbunden. Im Jahr 2002 macht der damals neue SPD-Generalsekretär Scholz Schmidt zu seinem Referenten, später folgt der Jurist seinem Chef auch ins Bundesarbeitsministerium.

Vertrauter seit vielen Jahren

Zur Stimme und zum verlängerten Arm von Scholz in Berlin wird der 51-Jährige als Staatsrat und Bevollmächtigter der Stadt Hamburg beim Bund. Als Scholz 2018 Bundesfinanzminister wird, ist Schmidt, der als Workaholic und absolut loyaler Mitarbeiter gilt, wieder dabei.

Als Staatsekretär im Finanzministerium und Koordinator der SPD-Ministerien in der Großen Koalition ist er in der abgelaufenen Legislaturperiode schon so etwas wie ein Chef des Vizekanzleramts. Groß umstellen muss er sich also nicht. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass sein Chef jetzt die ganze Bundesregierung führt und nicht mehr nur einen Teil davon.

Wolfgang Schmidt

Arbeitet seit 20 Jahren mit Olaf Scholz eng zusammen: der heutige Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt.

Kanzleramtsminister bestens vernetzt

Schmidt und Scholz ergänzen sich auf vielen Ebenen. Schmidt gleicht aus, was Scholz vielleicht fehlt. Er ist in Berlin bestens vernetzt, hält den Kontakt zu den Hauptstadtjournalistinnen und -journalisten. Im Kanzleramt hat er seine Rolle aber auch neu definiert. Er kommuniziert weitaus zurückhaltender als noch während seiner Zeit im Bundesfinanzministerium.

Von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwartet Scholz vor allem Loyalität und Disziplin. Schon seit Hamburger Tagen gilt für sie wie für ihren Chef das sogenannte Scholzsche Gesetz. Die Grundregel lautet: Nie beleidigt, nie hysterisch sein. Dem Bundeskanzler ist wichtig, dass es geschützte Räume gibt, wo vertrauensvoll Ideen besprochen, entwickelt oder auch verworfen werden können.

Widerspruch erwünscht

Bis er seine Entscheidung gefällt hat, soll nichts nach außen dringen. Dazu gehört auch, dass Widerspruch durch Mitarbeitende erwünscht ist. Scholz werde nie sauer, wenn man ihm widerspreche. Aus seinem Umfeld heißt es, der Kanzler wolle diesen Widerspruch sogar, um seine eigene Sicht auf die Dinge zu entwickeln.

Großen Wert legt Scholz auf die Einschätzung seiner Büroleiterin Jeanette Schwamberger. Auch sie war schon im Finanzministerium an seiner Seite. Die Ökonomin ist qua Amt die engste Mitarbeiterin des Kanzlers und hat dementsprechend viel Einfluss auf ihn.

Sowieso gilt, wer viel Zeit mit Scholz verbringt, hat natürlich häufiger das Ohr des Kanzlers. Das gilt auch für den neuen Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Auch er ist schon viele Jahre im Team Scholz. Der ehemalige Journalist kam über den Zwischenschritt als Sprecher der ehemaligen SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi zu Scholz. Auch Hebestreit ist bestens in der Hauptstadt vernetzt.

Steffen Hebestreit

Ist für den Draht zu den Journalisten zuständig: Regierungssprecher Steffen Hebestreit.

Mit vielen Journalisten per Du

Aus seiner Zeit als politischer Korrespondent duzt er sich mit vielen wichtigen Journalistinnen und Journalisten. Hebestreit gilt als hoch intelligent und rhetorisch stark. Der Kanzler schätzt aber auch seinen Humor, den Hebestreit auch in schwierigen Situationen nicht verliert.

Scholz inszenierte sich im Wahlkampf als legitimer Nachfolger von Kanzlerin Merkel. Und doch will er Dinge auch anders angehen als die Ex-Kanzlerin. Unter anderem dafür hat er sich die ehemalige RBB-Journalistin Julia Camerer ins Team geholt. Schon im Wahlkampf war sie die Sprecherin seiner Kampagne.

Im Kanzleramt ist sie auf einer Stelle direkt am Kanzlerbüro tätig. Eine ihrer Aufgaben: die Kommunikationserzeugnisse, die aus Bundespresseamt und Kanzleramt kommen, neu aufzustellen und de facto zu "entmerkeln".

Jörg Kukies (SPD)

Er soll sich unter anderem um Deutschlands G7-Präsidentschaft kümmern: Jörg Kukies.

Kukies - quasi ein Chefberater im Kanzleramt

Besonders viel Macht und Einfluss hat der ehemalige Staatsekretär im Finanzministerium, Jörg Kukies. Er vereint die vorher auf zwei Personen aufgeteilten Stellen des Europapolitischen- und des Wirtschaftsberaters des Kanzlers. Man könnte auch von einem Chefberater im Kanzleramt sprechen.

Außerdem soll sich Kukies für Scholz um die Vorbereitung der G7- und G20-Gipfel kümmern. Dafür wurde extra eine Staatssekretärsstelle geschaffen, die Scholz an anderer Stelle im Kanzleramt wieder eingespart hat.

Durch die Ukraine-Krise gerade besonders wichtig ist der neue außenpolitische Berater Jens Plötner. Der ehemalige Botschafter kommt aus dem Auswärtigen Amt. Dort leitete er unter anderem das Ministerbüro des damaligen Außenministers Frank-Walter Steinmeier. Seine Kontakte in seine alte Wirkungsstätte sind sicher von Vorteil, wenn es darum geht, die Außenpolitik zwischen Kanzleramt und Außenministerium zu koordinieren.

Klingbeil - Scholz' Stimme in die Partei

Gerade in Sachen Ukraine-Krise ist auch ein Mitglied des Teams Scholz wichtig, das überhaupt nicht im Kanzleramt arbeitet. SPD-Chef Lars Klingbeil gilt als Scholz‘ Stimme in die Partei. Seine Aufgabe ist es unter anderem, die SPD vom Regierungskurs der Ampel zu überzeugen. Dass Klingbeil das kann, hat er in seinen Jahren als Generalsekretär der SPD bewiesen.

Zusammen mit Saskia Esken gilt er als maßgeblicher Architekt der neuen Einigkeit bei den Sozialdemokraten. In der Parteispitze ist er für das Thema Außenpolitik zuständig, gerade erst hat er die Spitzen der SPD in Bund und Ländern auf einen gemeinsamen Kurs in der Russlandpolitik eingeschworen.

Klingbeil hat aber noch eine weitere wichtige Aufgabe. Er hält den Kontakt in die Kulturszene. Der Niedersachse ist gut vernetzt mit deutschen Künstlerinnen und Künstlern. Für Scholz ist das wichtig, weil im Kanzleramt die Grüne Claudia Roth für diesen Job zuständig ist.

Scholz ist heute zu Gast im Bericht aus Berlin (18:00 Uhr im Ersten). Das Interview mit dem Bundeskanzler wird am Nachmittag aufgezeichnet. Sie können es auch live sehen - um 16:20 Uhr bei tagesschau24 und tagesschau.de.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 06. Februar 2022 um 16:10 Uhr.