
Regierungserklärung von Scholz "Putin hat sich fundamental verrechnet"
Die Ukraine widerstehe der russischen Aggression, Putins Kalkül gehe nicht auf: In seiner Regierungserklärung zum anstehenden EU-Gipfel hat Bundeskanzler Scholz der Ukraine weiteren Beistand und weitere 18 Milliarden Euro an Hilfen von der EU zugesichert.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat nach den Worten von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) alle seine Ziele beim Krieg in der Ukraine verfehlt. "Kein einziger von Putins Plänen ist aufgegangen", sagte Scholz in einer Regierungserklärung zum anstehenden EU-Gipfel im Bundestag.
Putin habe sich "fundamental verrechnet". Er habe geglaubt, seine Truppen würden die Ukraine innerhalb von Tagen überrennen. Er sei davon ausgegangen, dass Europa und der demokratische Westen zu uneinig seien, um der Ukraine wirksam zu helfen. "Er glaubte, er könne Europas Solidarität austrocknen, indem er uns den Gashahn zudreht."
"Der Westen hat die Herausforderung angenommen"
Putin habe sich getäuscht - "über den Mut der Ukrainerinnen und Ukrainer, über Europa, über uns, über den Charakter unserer Demokratien, über unseren Willen, uns zu widersetzen gegen Großmachtwahn und Imperialismus", sagte Scholz.
Das sei "die wirkliche Geschichte dieses Jahres 2022". Die Ukraine widerstehe der russischen Aggression, aber auch der Westen habe die Herausforderung angenommen. "Gemeinsam mit unseren Freunden und Partnern haben wir die Ukraine entschlossen unterstützt - finanziell, humanitär und mit Waffen."
18 Milliarden Euro EU-Gelder für die Ukraine
Er kündigte weitere 18 Milliarden Euro an Hilfen von der EU für die Ukraine an. Es gelte für die Ukraine, den Winter zu überstehen. In Bezug auf die Sanktionen gegen Russland sagte Scholz, solange Putin seinen brutalen Angriffskrieg fortsetze, würden diese aufrechterhalten und weiter verschärft.
Des Weiteren betonte der Kanzler die gesteigerte Abwehrbereitschaft der NATO und Europas. Das Jahr habe gezeigt, "wie unverzichtbar das transatlantische Bündnis ist". In Hinblick auf die USA sagte er, man dürfe sich nicht auseinanderdividieren lassen.
Scholz spricht von "multipolarer Welt"
Außerdem stellte Scholz die deutsche Bündnissolidarität heraus. "Unsere Bündnispartner wissen genau: Sie können sich auf uns verlassen", sagte der Bundeskanzler. "Wir werden, falls nötig, jeden einzelnen Quadratmeter des Bündnisgebiets verteidigen."
In Hinblick auf den Umgang mit globalen Themen wie Klimaschutz, Pandemien, Biodiversität oder Digitalisierung warb Scholz für eine breit angelegte internationale Zusammenarbeit: "Die Vorstellung einer bipolaren Ära, in der sich alles um die USA und China dreht, geht an der globalen Wirklichkeit vorbei", sagte er. "Die Welt des 21. Jahrhunderts wird eine multipolare Welt sein."
Union fordert Lieferung von Kampf- und Schützenpanzern
In seiner Replik auf die Regierungserklärung forderte Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) die Lieferung von Kampf- und Schützenpanzern an die Ukraine. "Je mehr wir helfen, umso schneller ist dieser Krieg vorüber", sagte er im Deutschen Bundestag.
Deutschland habe nach anfänglichem Zögern wichtiges Material geliefert, aber es fehlten der Ukraine nach wie vor Kampf- und Schützenpanzer, die die Regierung leicht bereitstellen könnte. Scholz verstecke sich dabei hinter den NATO-Partnern, dies allerdings sei irreführend. "Es liegt vor allem an Ihnen", sagt Merz an die Adresse des Kanzlers.
Weiter Skepsis am europäischen Gaspreisdeckel
Bezüglich der Energiekrise bekräftigte Bundeskanzler Scholz die skeptische Haltung Deutschlands zu einem europäischen Gaspreisdeckel. "Einfache Sofortlösungen gibt es nicht", so Scholz. Man könne etwa nicht so in Preise eingreifen, dass dann zu wenig Gas nach Europa geliefert werde.
Scholz sagte aber, er sei sicher, dass es eine gute und pragmatische Verständigung gibt. Die EU-Staaten hatten sich unter anderem wegen Vorbehalten Deutschlands erneut nicht auf einen europäischen Gaspreisdeckel einigen können.
Scholz lobt LNG-Terminal in Wilhelmshaven
Scholz verwies außerdem auf große Fortschritte bei der Energiesicherheit. Nichts beweise das so deutlich wie die Eröffnung des ersten schwimmenden Terminals für Flüssiggas am Samstag in Wilhelmshaven. Die nächsten Terminals folgten in Kürze. Scholz dankte allen, die im Rekordtempo "diese großartige Leistung" vollbracht hätten. "Auch ihnen verdanken wir, dass wir in diesem Jahr gut durch den Winter kommen."